Montag, 27. Januar 2014

Zu perfekt ist auch nicht gut

Damit ist der Moderator Markus Lanz gemeint. der nach allem, was ich in jüngster Zeit über ihn gelesen habe, mächtig in die Bredoullie geraten ist. Dabei muss ich gleich eingangs einräumen, dass ich Markus Lanz nur den Namen nach kenne. Und auch nur durch die Medien. Ich habe noch nie ein Interview von ihm gesehen, und die letzte „Wetten dass. . .“-Sendung, die ich sah, liegt viele Jahre zurück.

Als ich gestern schrieb, dass ich mir zu Markus Lanz Gedanken mache, wurden die eigentlich ausgelöst durch einen Bericht in der „Welt“, nach dem der Kabarettist Dieter Nuhr der Petition einer Leipzigerin, die bei Facebook die Abberufung des Moderators beim ZDF forderte, eine eigene entgegen zu setzen versuchte. Und dazu sinngemäß argumentierte, dass sich ja heute jeder mit ein paar Klicks anonym ins Internet einschalten, äußern und unter Pseudonym unerkennbar bleiben kann, womit der digitalen Mobbildung und der allgemeinen Verbreitung des gesunden Volksempfindens keine Grenzen mehr entgegen stehen. Jeder könne sich heute per Tastendruck nach Belieben äußern. Die Anonymität des Internets führe somit zur "Bildung eines unzivilisierten öffentlichen Raumes, vergleichbar mit den rechtsfreien Räumen der prähistorischen Gesellschaften", wie in der Petition gegen den Moderator Markus Lanz offenkundig wird. Ich finde diese Argumentation Nuhrs aber ganz allgemein hoch interessant und in vielfacher Hinsicht zutreffend wenn es darum geht, die Integrität eines Menschen in Frage zu stellen.

Hier also geht es um Markus Lanz. In der Petition der Leipzigerin heißt es (Auszug): „Ein Moderator, der nicht fähig ist, ohne Entgleisungen zu moderieren, den Offenheit und der Umgang mit abweichenden Meinungen offenbar überfordern, der Fragen stellt und die Antworten nicht hören will und der seine eigene Meinung stets über die seiner Gäste stellt, sollte nicht vom Beitragszahler alimentiert werden.“ (Ende des Auszugs).

Die Online-Petition und die Zahl hunderttausender Unterstützer-Unterschriften zeigen, dass Markus Lanz für viele zur Hassfigur geworden ist. Warum das so ist, erklärt Christian Scherg, PR-Experte für Krisen-Situationen in einem Interview der „Welt“(Auszug):

Frage: Warum ist gerade Markus Lanz zur Hassfigur geworden?

Scherg: Das Problem an Markus Lanz ist, dass er im Kern zu perfekt ist. Er vereint alles, was man sich von einem Moderator wünscht. Er ist eloquent. Er sieht gut aus. Er ist der Typ Schwiegermutters Liebling. Die meisten Menschen sind aber nicht so perfekt wie er. Die haben nicht immer das richtige Argument und Lächeln parat.
Frage: Das heißt, er provoziert durch seine bloße Art?
Scherg: Was provoziert, ist seine professionelle Fassade. Die ist so etwas wie eine goldene Rüstung. Man sucht die rostige Stelle, die Lücke, um durch diese Rüstung durchzudringen. Und dann will man diesen Ritter in seiner goldenen Rüstung auch fallen sehen. (Ende des Auszugs).

Folgt man dieser Auffassung – und Christian Scherg steht dafür - sind das Interview mit Sarah Wagenknecht und sind „Wetten dass . . .“ eher Vorwände, um die Abberufung eines Moderators zu fordern, der einfach zu perfekt und zu smart ist. Und der damit die Massen provoziert, die ihm das verübeln. Mehr als 200 000 Unterschriften unterstützen die Forderung. Das ZDF soll Markus Lanz feuern. Titel der Petition: “Raus mit Markus Lanz aus meiner Rundfunkgebühr!”.

Das ZDF entschuldigt sich. Sogar bei Sahra Wagenknecht. Die sei zufrieden gewesen, hatte der Sender zunächst erklärt. Die Politikerin nannte das auf Twitter „arg frech“. „Sorry, ist wohl nach der Sendung falsch angekommen“, antwortete das ZDF. Wagenknecht will vorerst von Lanz-Talkshow-Besuchen absehen.
In der Linkspartei fühlt man sich derweil in der Überzeugung bestätigt, von den Medien sowieso gemobbt zu werden, heißt es in der „Frankfurter Rundschau“ Einzelne Abgeordnete riefen zur Unterschrift gegen Lanz auf. Und der Branchendienst Meedia berichtet gar, die Autorin der Petition sei selbst mal Mitglied der Linken gewesen. In einem weiteren Bericht der FR sieht der Deutsche Journalisten-Verband schon die Pressefreiheit in Gefahr. Politiker sollten nicht die Absetzung kritischer Moderatoren fordern.

Dieter Nuhr wollte mit seiner oben erwähnten Anti-Anti-Petition nach eigenen Angaben gegen die Petitionsflut im Internet aufmerksam machen. Der Aufruf unter dem Motto „Gegen digitales Mobbing, binäre Erregung und Onlinepetitionswahn“, die Nuhr am Sonntag startete, wurde allerdings wenige Stunden später von der Plattform „openPetition“ gelöscht. Sie habe die Nutzungsbedingungen missachtet, erklärte das Portal. Nuhr kommentierte: „Meine so schön formulierte Onlinepetition wurde aus Gründen freier Meinungsäußerung gesperrt“, schrieb er auf seiner Facebook-Seite, wie ich las. Mittlerweile hat ein Nutzer eine weitere Petition eröffnet: „Für den Erhalt von Dieter Nuhrs Petition“. Es bleibt abzuwarten, wie sich diese Chose weiter entwickelt.

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