Als
ich gestern schrieb, dass ich mir zu Markus Lanz Gedanken mache,
wurden die eigentlich ausgelöst durch einen Bericht in der „Welt“,
nach dem der Kabarettist Dieter Nuhr der Petition einer Leipzigerin,
die bei Facebook die Abberufung des Moderators beim ZDF forderte,
eine eigene entgegen zu setzen versuchte.
Und dazu sinngemäß argumentierte, dass sich ja heute jeder mit ein
paar Klicks anonym ins Internet einschalten, äußern und unter
Pseudonym unerkennbar bleiben kann, womit der digitalen Mobbildung
und der allgemeinen Verbreitung des gesunden Volksempfindens keine
Grenzen mehr entgegen stehen. Jeder könne sich heute per Tastendruck
nach Belieben äußern. Die Anonymität des Internets führe somit
zur "Bildung eines unzivilisierten öffentlichen Raumes,
vergleichbar mit den rechtsfreien Räumen der prähistorischen
Gesellschaften", wie in der Petition gegen den Moderator Markus
Lanz offenkundig wird. Ich finde diese Argumentation Nuhrs aber ganz
allgemein hoch interessant und in vielfacher Hinsicht zutreffend wenn
es darum geht, die Integrität eines Menschen in Frage zu stellen.
Hier
also geht es um Markus Lanz. In der Petition der Leipzigerin heißt
es (Auszug): „Ein
Moderator, der nicht fähig ist, ohne Entgleisungen zu moderieren,
den Offenheit und der Umgang mit abweichenden Meinungen offenbar
überfordern, der Fragen stellt und die Antworten nicht hören will
und der seine eigene Meinung stets über die seiner Gäste stellt,
sollte nicht vom Beitragszahler alimentiert werden.“ (Ende des
Auszugs).
Die
Online-Petition und die Zahl hunderttausender
Unterstützer-Unterschriften zeigen, dass Markus Lanz für viele zur
Hassfigur geworden ist. Warum das so ist, erklärt Christian Scherg,
PR-Experte für Krisen-Situationen in einem Interview der
„Welt“(Auszug):
Frage:
Warum
ist gerade Markus Lanz zur Hassfigur geworden?
Frage: Das heißt, er provoziert durch seine bloße Art?
Scherg:
Was
provoziert, ist seine professionelle Fassade. Die ist so etwas wie
eine goldene Rüstung. Man sucht die rostige Stelle, die Lücke, um
durch diese Rüstung durchzudringen. Und dann will man diesen Ritter
in seiner goldenen Rüstung auch fallen sehen. (Ende des Auszugs).
Folgt
man dieser Auffassung – und Christian Scherg steht dafür - sind
das Interview mit Sarah Wagenknecht und sind „Wetten dass . . .“
eher Vorwände, um die Abberufung eines Moderators zu fordern, der
einfach zu perfekt und zu smart ist. Und der damit die Massen
provoziert, die ihm das verübeln. Mehr als 200 000 Unterschriften
unterstützen die Forderung. Das
ZDF soll Markus Lanz feuern. Titel der Petition: “Raus mit Markus
Lanz aus meiner Rundfunkgebühr!”.
In der Linkspartei fühlt man sich derweil in der Überzeugung bestätigt, von den Medien sowieso gemobbt zu werden, heißt es in der „Frankfurter Rundschau“ Einzelne Abgeordnete riefen zur Unterschrift gegen Lanz auf. Und der Branchendienst Meedia berichtet gar, die Autorin der Petition sei selbst mal Mitglied der Linken gewesen. In einem weiteren Bericht der FR sieht der Deutsche Journalisten-Verband schon die Pressefreiheit in Gefahr. Politiker sollten nicht die Absetzung kritischer Moderatoren fordern.
Dieter Nuhr wollte mit seiner oben erwähnten Anti-Anti-Petition nach eigenen Angaben gegen die Petitionsflut im Internet aufmerksam machen. Der Aufruf unter dem Motto „Gegen digitales Mobbing, binäre Erregung und Onlinepetitionswahn“, die Nuhr am Sonntag startete, wurde allerdings wenige Stunden später von der Plattform „openPetition“ gelöscht. Sie habe die Nutzungsbedingungen missachtet, erklärte das Portal. Nuhr kommentierte: „Meine so schön formulierte Onlinepetition wurde aus Gründen freier Meinungsäußerung gesperrt“, schrieb er auf seiner Facebook-Seite, wie ich las. Mittlerweile hat ein Nutzer eine weitere Petition eröffnet: „Für den Erhalt von Dieter Nuhrs Petition“. Es bleibt abzuwarten, wie sich diese Chose weiter entwickelt.
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