oder
von den Vorteilen, sie zu verschweigen, und den Nachteilen, sie zu
sagen
Für
sich genommen ein unerschöpfliches Thema. Nicht weniger aber auch
das Geschehen auf der Bühne des Theaters Nordhausen, in der diese
Problematik gestern in der Premiere veranschaulicht wurde: das
Verhältnis zweier Ehepaare, die es mit der ehelichen Treue nicht wirklich ernst nehmen, sich diese aber versichern und dadurch in ein Gewirr
von Wahrheit und Lüge geraten. Zusammengenommen eine Komödie, deren
Handlung ebenso amüsierte, wie sie durch ihren Verlauf immer wieder
überraschte.
Michel
(Matthias Winde) pflegt ein Verhältnis mit Alice (Charlotte Ronas),
der Frau seines besten Freundes. Die Szene, die das veranschaulicht,
ist freilich wenig von erkennbarer Leidenschaft geprägt, was das
Talent Michels als versierten Lügner allerdings umso deutlicher zur
Geltung kommen lässt. Der in jeder Situation das für ihn
vorteilhafte Verschleierungsregister zieht. Sich dabei aber in dem
Bemühen, sein Verhältnis mit Alice gegenüber seiner Frau und
seinem Freund zu verschleiern, zunehmend in ein Gespinst von Lügen
verstrickt. Sein Credo: „Wenn die Leute
aufhören würden sich zu
belügen, gäbe es kein einziges Paar mehr auf Erden. Und das wäre
schließlich das Ende der Zivilisation“, lässt ihn diese
zunehmende aussichtslose Verstrickung zunächst selbst nicht merken.
Und er hat in der Tat allen Grund, die Wahrheit zu meiden, denn sein
Verhältnis mit Alice dauert inzwischen immerhin schon sechs Monate.
Und sie bekommt zusehends Schuldgefühle, nicht nur Ihrem Mann
gegenüber, sondern auch gegenüber Michels Ehefrau Laurence. Das
ständige Versteckspielen, die immer neuen Lügen belasten ihr
Gewissen und sie will endlich reinen Tisch machen. Michel ist
dagegen: "Du belügst ihn nicht, Alice. Du sagst ihn nur nicht
die Wahrheit. Es wäre egoistisch, ihm die Wahrheit zu sagen, nur um
dein Gewissen zu erleichtern", argumentiert er.
Hat
er sie damit überzeugt? Er ist sich nicht so sicher, denn bei einem
Treffen erzählt ihm Paul von seinem Verdacht, daß Alice ihn seit
Monaten betrügt. Hat sie also doch geplaudert? Als er sie zur Rede
stellt, gesteht sie ihm, daß sie Paul tatsächlich ihr Verhältnis
mit ihm gestanden hat. Michel ist empört. Eben noch hat er mit Paul
gesprochen und obwohl der Bescheid wußte, wurde er schamlos von ihm
angelogen, angelogen von seinem besten Freund. Plötzlich sieht er
sich in der Rolle des Opfers, denn er muß feststellen, daß auch
Alice ihm nicht die ganze Wahrheit gesagt hat. Und wie steht es mit
Laurence? Sie wird doch nicht etwa ...? Und prompt wird der Lügner
von seinen eigenen Lügen überrollt und weiß in der Folge nicht
mehr , wo ihm der Kopf steht. Er, der bis dahin fest davon überzeugt
war, sein verzwicktes Liebesleben im Griff zu haben, wird zum
Spielball der Anderen und die Wahrheiten, die ihm jetzt um die Ohren
fliegen, entziehen dem sonst charmanten betrogenen Betrüger den
Boden unter den Füßen.Verzweifelt versucht er, zu retten, was zu
retten ist. Und alles mit einer solchen Komik, dass man die tragische
Wahrheit, nämlich den Spiegel der Gesellschaft, der einem da
vorgehalten wird, nur allzu leicht vergisst.
Die
darstellenden Schauspieler des Theaters Rudolstadt unter der Regie
Maik Priebes wurden ihren Rollen bestens gerecht. Matthias Winde als
Michel gefiel mir als versierter Lügner besonders gut, während sein
„bester Freund“ Paul (Johannes Arpe) zwar auch gut gefallen
konnte, beide aber der Vorstellung als Lover oder Ehebrecher meines
Erachtens weniger überzeugten. Die betrogenen und betrügenden
Ehefrauen Alice und Laurence wurden ihren Rollen ebenfalls vollauf
gerecht, und der teils stürmische und lang anhaltende Beifall am
Ende der Aufführung belohnte die guten Leistungen. Bleibt
schließlich noch zu bemerken, dass die Bühnenausstattung für die
sieben Szenen eher nüchtern, sachlich und für einem one-niht-stand
angemessen wirkte.
Die
nächsten Vorstellungen: 19.01., 18.00 Uhr, 07.02., 19.30 Uhr,
09.02.., 14.30 Uhr, Theater Nordhausen
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