Im
Audimax der Fachhochschule Nordhausen fand heute der Neujahrsempfang
der Stadt und der Fachhochschule Nordhausen statt. Obwohl eingeladen,
verzichtete ich wegen fortgeschrittenen Alters auf eine Teilnahme an
dem Stehempfang und halte hier stattdessen den Wortlaut der Ansprache
des Nordhäuser Oberbürgermeisters Dr. Klaus Zeh fest, die ich für
außerordentlich bemerkenswert halte:
Sehr
geehrter Herr Präsident der FHN, der „Noch-FHN“ muss man wohl
eher sagen, denn die jüngst veröffentlichten Pläne zur Umbenennung
der „Fachhochschule“ in „Hochschule“ ließen aufhorchen! Das
wird sicher nicht nur eine Neu-Etikettierung, sondern der
Anspruch an die Ausbildungseinrichtung wird größer! Wir wollen Sie
auf diesem Weg mit unseren Möglichkeiten gern unterstützen.
Sehr
geehrte Mitglieder der Parlamente, des Bundes- und des Thüringer
Landtages! Ich grüße auch die, die auf der Grünen Woche in Berlin
sind und sich für heute entschuldigt haben, Frau Groß und Herr
Primas. Sie vertreten dort einen wichtigen Thüringer Berufsstand!
Sehr
geehrte Frau Staatssekretärin Klaan,
sehr
geehrte Frau Landrätin Keller, liebe Bürgermeister der
Nachbargemeinden und Ortsteilbürgermeister der Stadt! Ich begrüße
auch meine Vorgänger im Amt, Frau Rinke und Herrn Dr. Schröter!
Sehr
geehrte Frau Haase, sehr geehrter Herr Jendricke, sehr geehrte
Amtsleiter und Kollegen und Kolleginnen der Stadtverwaltung!
Ich
begrüße besonders herzlich die Mitglieder des Nordhäuser
Stadtrates. Sie hatten in letzter Zeit wahrlich viel auszuhalten und
öffentliche Kritik einzustecken. Kritik „an sich“ ist nichts
Ehrenrühriges und man hält ja auch eine ganze Portion davon aus.
Ich ermuntere ausdrücklich zur kritischen Begleitung unserer Arbeit.
Was mich aber stört, ist die Häme mit der sie manchmal vorgetragen
wird.
Sehr
geehrte Stadtratsmitglieder: Sie leisten sehr viel und Sie leisten
enormes für diese Stadt! Und das in Ihrer Freizeit! Ohne Ihr Mittun
würde sich diese Stadt nicht so positiv verändert haben. Dafür
will ich Ihnen ausdrücklich von dieser Stelle aus danken.
Ich
begrüße ganz besonders auch Mitglieder des Kreistages. Ich denke,
dass gewachsene Verständnis dafür, dass unsere Probleme gemeinsamen
Probleme sind, hat uns im letzten Jahr näher gebracht. Es gab auch
unterschiedliche Auffassungen zu einzelnen Problemen. Das will ich
nicht verwischen. Es wird auch in Zukunft so sein. Dennoch sind wir
auf dem Weg zu einem konstruktiven Miteinander gewachsen. Ich bedanke
mich besonders bei Frau Landrätin Keller und Ihren Beigeordneten,
Frau Krauth und Herrn Nüßle, die dieses gemeinsame Anliegen immer
auch zu Ihrem persönlichen machen.
Ich
begrüße die Direktoren bzw. Vertreter unserer Gerichte, des
Amtsgerichtes, des Sozialgerichtes und des Arbeitsgerichtes. Sie
tragen wesentlich zum Rechtsfrieden in dieser Stadt und dieser Region
bei und sind ein fester Bestandteil unseres gesellschaftlichen
Lebens. Sie bereichern damit diese Stadt. Wir schätzen Ihre heutige
Teilnahme am Neujahrsempfang als Vertreter der „Judikative“ sehr.
Ich
begrüße die Geschäftsführer der Stadtwerkegruppe und anderer
Unternehmen, an denen Nordhausen beteiligt ist. Derzeit sind
schwierige Themen zu bewältigen. Ich nenne nur die Stichworte
‚Beteiligungsrichtlinie‘ und ‚Haushaltskonsolidierung‘ und
hoffe auf Ihr Verständnis. Ich bitte Sie weiter um
konstruktiv-kritische Begleitung unserer Maßnahmen.
Ich
begrüße herzlich die Vertreter vieler gesellschaftlicher Gruppen,
Kirchen, Parteien, Gewerkschaften und Vereine, ohne die unser Leben
nicht vorstellbar wäre.
Ich
begrüße auch ganz herzlich die Vertreter der Medien.
Liebe
Nordhäuserinnen und Nordhäuser, liebe Gäste!
Ich
wünsche Ihnen allen alles Gute für das neue Jahr 2014. Möge das
vor uns liegende Jahr ein vor allem friedliches, ein für uns alle
gesundes und für diese Stadt und unsere Region ein gedeihliches
sein. Wir dürfen nie aus den Augen verlieren, für wen wir unsere
Arbeit tun, nämlich für die Menschen dieser Stadt und dieser
Region. Diese dürfen zu recht von uns erwarten, dass wir uns um Ihre
Belange kümmern.
Neujahrsempfänge
sollten zu dieser Selbstvergewisserung beitragen. Deshalb bin ich
sehr froh, dass so viele Interessierte zu unserem Neujahrsempfang
heute gekommen sind. So viel Selbstvergewisserung, das stimmt
optimistisch.
Es
gehört zu den guten Ritualen von Neujahrsempfängen, Optimismus
auszustrahlen. Deshalb habe ich nach positiven Schlagzeilen gesucht.
Es gibt sie auch, neben den nach wie vor betrüblichen Nachrichten
aus Syrien und dem Irak und dass der NSA Computer dank sogenannter
Funkwanzen auch offline ausspionieren kann
- Weltbank-Prognose: Weltwirtschaft wieder im Aufwind
- EU-Parlament dämmt Finanzspekulationen ein,
- Staatskasse 2013 mit einer „roten Null“ - Bund, Länder, Kommunen und Sozialkassen decken mit Ihren Einnahmen fast vollständig ihre Ausgaben und machen kaum noch neue Schulden,
Das
sind auch positive Nachrichten für Nordhausen: Eine Wirtschaft im
Aufwind lässt für unser Industriegebiet vor den Toren Nordhausens
hoffen. Mit der Eindämmung der Finanzspekulationen sind auch die
sogenannten Kleinanleger in Nordhausen besser geschützt und mit
einem Schluss der Schuldenpolitik hinterlassen wir unseren Kindern
und Kindeskinder nicht mehr unsere Wohlstandslasten.
Es
gibt auch positive Nachrichten direkt aus unserer Stadt und Region!
Für mich die wichtigste: Es sind in 2013 mit 315 Babys 35 neue Nordhäuser mehr zur Welt gekommen, als im Jahre 2012. Das sind gute 11 % mehr! Auch wenn ich nicht unmittelbar an dieser positiven Statistik beteiligt bin, es zeigt doch: Junge Leute haben Mut für Kinder. Nordhausen ist familienfreundlich und bietet offenbar in den Augen junger Leute eine gute Zukunft.
Das bürgerschaftliche Engagement wird stärker. Die Zahl der Bürgerinitiativen und auch die Bürgeranfragen im Stadtrat sind 2012/13 tendenziell gestiegen. Das zeigt das gewachsene Interesse der Bürger für das, was in dieser Stadt geschieht. Wenn es mir als Oberbürgermeister auch nicht jede Bürgerinitiative leicht macht, so sehe ich darin dennoch eine positive Entwicklung.
Für eine Bürgerinitiative bin ich besonders dankbar. Es sind die Damen und Herren vom Lions-Club. Ich sage an dieser Stelle ausdrücklich Damen und Herren, obwohl formal gesehen der Lions-Club ein Herrenclub ist. Aber wir Herren wissen ja, wir sind nur stark, weil die Frauen, die hinter uns stehen, stark sind! Ihr Engagement für den Rosengarten ist vorbildlich. Ich wünsche Ihnen heute eine volle Spendenbox für einen unserer schönsten Gärten, der hoffentlich bald wieder in alter Pracht erstrahlt.
Ebenso geschieht Vorbildliches in der Bürgerstiftung Park Hohenrode. Ich bedanke mich ganz herzlich für jedes bürgerschaftliche Engagement in unserer Stadt.
Eine
weitere Nachricht hat mich beeindruckt: Es gab noch nie so viele
Baukräne in Nordhausen, wie im Jahre 2013. Das lag sicher auch
daran, dass der Bau des neuen Einkaufszentrums zeitweise 4 Kräne
gleichzeitig in Betrieb hatte. Auch bei Helmut Peter drehten sich
mehrere Kräne. Aber, und das freut mich besonders, auch in der
Altstadt bewegten sich einige Kräne.
Unser
Bauordnungsamt zählte im zurückliegenden Jahr insgesamt 240
Bauanträge. Ein Großteil davon bezog sich auf Neuinvestitionen bzw.
Erweiterungen von Unternehmen. Als Beispiel für alle die engagierten
Unternehmer seien hier die Firmen Feuer Powertrain und GSM genannt.
Weitere Anträge sind schon jetzt für das aktuelle Jahr angemeldet.
Welches
sind die vor uns stehenden Aufgaben?
Ich
stelle sie unter die Überschrift:
„Nordhausen
stark machen und fit für die Zukunft“.
Dazu
gehören u.a.
- die finanzielle Konsolidierung,
- die weitere Entwicklung der wirtschaftlichen Basis und
- die Beibehaltung der Wohn- und Lebensqualität in unserer schönen Stadt.
Wir
konnten in 2013 die 40 Mio. € Schulden auf ca. 37
Mio. € senken. Das ist ein Anfang! Da die Einnahmen auch in diesem
Jahr weiter zurückgehen, werden wir den Weg der Konsolidierung nicht
verlassen können. Wegen dieser Haushaltsrisiken muss ich auch in
diesem Jahr wieder eine Haushaltssperre erlassen. Dabei werden
sensible Bereiche wie im Vorjahr von der Haushaltssperre ausgespart
bleiben.
Zur
Entwicklung der wirtschaftlichen Basis gehört, dass das
Industriegebiet noch in diesem Herbst soweit erschlossen ist, dass
wir es Investoren anbieten können. Wenn wir in der Welt einen
Aufschwung der Wirtschaft haben, dann müssen wir bereit stehen.
Ich
bin den Stadträten ausdrücklich dankbar, dass wir im letzten Jahr
dem „süßen Gift“ der Steuererhöhung widerstanden haben. Wir
haben bereits hohe Steuern und wir müssen uns im Wettbewerb nicht
gegen Erfurt oder Jena behaupten, welche noch höhere Steuern haben.
Wir müssen uns neben unseren Nachbarn in Sachsen-Anhalt und im
Eichsfeld mit zum Teil niedrigeren Steuern etablieren. Niedrigere
Steuern sind wichtig, sowohl für die Bestandswirtschaft als auch für
Neuansiedlungen.
Wir
wollen in diesem Jahr in der Altstadt einen großen Schritt
vorankommen. Ich bin optimistisch, dass dies gelingt. Es wird ein
Jahr der Altstadt werden. Mir hat ein Investor erst kürzlich gesagt:
„Man kann die Aufbruchstimmung in der Altstadt fühlen, als hätte
jemand die Bremse gelöst. Wer hier zu spät kommt, den bestraft das
Leben!“ So viel Optimismus, wie von diesem Investor ausging, kann
ich nun wirklich auch nicht mehr ‚toppen‘.
Die
Planungen laufen an vielen Stellen der Altstadt auf Hochtouren.
Es
hat sich eine Arbeitsgruppe gebildet, die sich im Anschluss an die
beiden Altstadtkonferenzen spontan gegründet hat. Diese hat bereits
sehr konkrete Vorschläge zur Belebung der Altstadt vorgelegt. Vielen
Dank dafür.
Ich
will noch eine Überschrift aus dem letzten Jahr heraus greifen, die
mich betroffen gemacht hat. Es war die Schlagzeile zur Namensvergabe
des Bürgerhauses. Zitat: „Hier wurde die Demokratie mit Füßen
getreten.“ Ich sage ausdrücklich: „Nein, hier wurde Demokratie
nicht mit Füßen getreten.“ Die Namensvergabe kam demokratisch
zustande! Nämlich mit 31 Stimmen von 35 bei nur einer Gegenstimme
und drei Enthaltungen.
Das
war eine klare parteiübergreifende Mehrheit von 88,6 % der Stimmen
für den Namen Bürgerhaus und nur 2,85 % gegen den Namen! Jeder
einzelne Stadtrat repräsentiert eine große Zahl von Wählern und
auch Parteimitgliedern, die ihm das Mandat gegeben haben. Genau das
entspricht unserer repräsentativen Demokratie. Das schließt
direktdemokratische Elemente nicht aus. Deshalb finde ich es gut,
wenn sich Bürger engagieren, wenn sie sich auch Gehör verschaffen
und für ihre Interessen streiten. Das gehört zur Demokratie aber
auch der Respekt vor Mehrheitsentscheidungen. Eine gute, bürgernähere
Interessenvertretung durch Bürgerinitiativen auf der einen Seite und
eine schlechte bürgerabgewandte Interessenvertretung der Stadträte
auf der anderen Seite, so scheint es bei manchen Meinungsäußerungen,
das gibt es nicht. Ich attestiere den Stadträten, dass jeder nur die
beste Bürgervertretung im Blick hat und auch umsetzt.
Nun
fragen sich sicher manche, warum ich hier eine Lehrstunde in Sachen
Demokratie abhalte. Nun:
Einerseits
will ich mich natürlich vor meine Stadträte stellen. Andererseits:
Wir haben 2014 wieder ein Superwahljahr: Kommunal-, Europa- und
Landtagswahl. Es werden daher wieder Kandidaten für die Gemeinde-
und Kreisräte benötigt. Aber leider registriere ich mittlerweile
nicht nur eine Politikverdrossenheit gegen Politiker. Es gibt auch
eine Verdrossenheit der Politiker, sich in der Politik engagieren zu
wollen. Wenn man sich ehrenamtlich engagiert und sich dafür
beschimpfen lassen muss, dann verliert man naturgemäß die Lust am
Engagement. Ich möchte alle Bürger ausdrücklich dazu ermuntern,
dass sie sich nicht beirren und sich wieder in den Kommunallisten
aufstellen lassen. Es ist eine schöne und verantwortungsvolle
Aufgabe. Ohne dieses Engagement könnten wir im wahrsten Sinn des
Wortes auch in Zukunft keinen Staat machen.
Meine
Damen und Herren, dieses Jahr ist auch wieder ein Jahr der runden
Jubiläen: 100 Jahre Beginn des 1. Weltkrieges, 75 Jahre Beginn des
2. Weltkrieges und 25 Jahre friedliche Revolution in
Ostdeutschland. Das wird Gelegenheit geben, zu gedenken, aber auch,
sich zu freuen über die erste friedliche und auch noch gelungene
Revolution der Deutschen.
Es
gäbe noch viele Themen anzusprechen. Allein die Zeit ist zu knapp,
alle zu erwähnen. Deshalb habe ich Schwerpunkte ausgewählt.
Die
Aufgaben, die insgesamt vor uns liegen, sind vielfältig. Wir
brauchen Ihr Mittun, Ihre Ideen und Ihre Visionen. Engagieren Sie
sich, in der Kommunalpolitik!
In
Anlehnung an ein Bernhard-Vogel-Zitat und meine letztjährige Rede
sage ich: „Die schönste Zeit in Nordhausen liegt noch vor uns!“
Vielen
Dank! (20.46 Uhr)
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