„Ihre moralische Größe ist Beispiel gebend“ / „Allein die Sicht der Opfer darf ethische Richtschnur für das Gedenken sein“
Nordhausen (psv)
Anlässlich des
90. Geburtstags von Albert van Hoey, dem Vorsitzenden des
Häftlingsbeirats der Stiftung Gedenkstätten Buchenwald und
Mittelbau-Dora, sind Oberbürgermeister Dr. Klaus Zeh und Dr. Cornelia
Klose, die frühere Leiterin der Gedenkstätte „Mittelbau Dora“ (im Bild) , am Sonntag gemeinsam nach Belgien
gereist. Sie folgen damit einer Einladung des ehemaligen „Dora“-Häftlings.
„Im
Namen der Stadt Nordhausen gratuliere ich Ihnen aus ganzem Herzen zu
Ihrem stolzen Geburtstag. Wir empfinden es als besondere Ehre, dass Sie
uns zu Ihrem wichtigen
Jubiläum eingeladen haben. Ihr Elan und Ihre moralische Größe sind
zugleich beispielgebend, Bestätigung, Ermutigung und Ansporn. Wir
wünschen uns, dass Sie unsere Stadt auch in den kommenden Jahren als
aufrechter und kritischer Weggefährte begleiten werden“,
sagte der Oberbürgermeister bei der Gratulation für den Jubilar im
Gemeinschaftshaus der Stadt Stekene.
„Diese
weitere – und sehr persönliche Begegnung mit Albert van Hoey, mit
seiner Familie, seinen Kindern, Enkeln und Urenkeln - hat mich bestärkt:
Beim Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus, bei der Bewertung
dessen, was Menschen damals angetan wurde, kann und muss das
Einfühlungsvermögen für die Opfer die entscheidende ethische Richtschnur
sein. Wie auch das Bewusstsein dafür, was zu dem Fall
in die Barbarei geführt hat. Deshalb möchte ich den Diskurs über eine
Gedenkkultur für unsere Stadt – die mit einem Konzentrationslager gelebt
hat – unbedingt intensivieren. Ich habe dazu am Freitag ein erstes
Telefongespräch mit Professor Dr. Volkhard Knigge
geführt, dem Leiter der Stiftung `Gedenkstätten Buchenwald und
Mittelbau-Dora.´ Mit ihm und mit Dr. Jens-Christian Wagner, dem Leiter
der Gedenkstätte `Mittelbau Dora´ möchte ich ein Treffen in den
kommenden Tagen vereinbaren und freue mich auf die Begegnung.
Er
halte es nach wie vor für wichtig, dem Gespräch mit Jugendlichen nicht
auszuweichen, sondern im Gegenteil den Diskurs zu führen, sagte Dr. Zeh.
„Auch mit Blick darauf, wo unsere Verantwortung als Demokraten liegt
für die nachwachsenden Generationen. Ich will Menschen- vor allem junge
bis zu einem gewissen Alter – nicht zu schnell den Verführern verloren
geben.“
Dr
Zeh sagte weiter: „Die Gesprächsbereitschaft hat allerdings für mich
klare Grenzen: Dort, wo Opfer verhöhnt oder missbraucht werden, wie dies
immer wieder durch die NPD bei den Veranstaltungen zur Erinnerung an
die Opfer der Bombardierung der Stadt Nordhausen geschehen ist. Sie hat
dort Grenzen, wo das Gedenken verunglimpft wird, wo Menschenrechte auch
nur ansatzweise in Frage gestellt werden. Sie
hat dort Grenzen, wo nur ansatzweise Äußerungen fallen, die dem
Grundgesetz widersprechen, die extremistisch sind, ausländerfeindlich,
antisemtisch oder in irgendeiner Art und Weise die Opfer des
Nationalsozialismus oder deren Andenken verunglimpfen. Und natürlich
dort, wo die Grenze zur Straftat gegeben ist. Ich betone noch einmal:
Bekennende und offen erkennbare Rechtsextreme sind dabei keine
Gesprächspartner. Das ist und bleibt der Konsens“
„Wir
müssen die Fragen der Jugendlichen beantworten. Wie diese Gespräche mit
Blick auf das Schicksal der Opfer und ihrer Familien konkret aussehen
und gelingen, darüber müssen wir Demokraten einen Konsens finden.
Deshalb rufe ich parteiübergreifend dazu auf, die jetzt begonnenen
Gespräche über eine Gedenkkultur für unsere Stadt nicht nur fort zu
setzen sondern zu intensivieren. Dies sind wir den Opfern,
uns selbst, unserer Stadt und der Zukunft unserer Demokratie schuldig.“
(Foto: Stadt Nordhausen)
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