So
recht kann ich das Spektakel, das man um die Selbstoffenbarung des
Thomas Hitzlsperger um seine homosexuelle Veranlagung macht, nicht
verstehen. Und ich kann vor allen nicht verstehen, warum zum Beispiel
die „Frankfurter Allgemeine“ zu ihrem Bericht „Homosexualität
in Deutschland“ zur Illustration das Bild eines Polizeieinsatzes
bei einer Demonstration für Homosexuellen-Rechte im vergangenen Juni
im russischen St.Petersburg präsentiert? Ich halte die FAZ für eine
der besten Tageszeitungen in Deutschland, nur passt diese Kombination
überhaupt nicht dazu und wirkt auf mich einfach reißerisch.
Und
nun hat sich also ein Fußballspieler als homosexuell geoutet und
erntet dafür viel Achtung und Anerkennung. Warum eigentlich? Weil
Fußball ein harter Männersport ist, heißt es. Das hielt man auch
mal Frauen als Argument entgegen, als die vor Jahren begannen, in
diese einstige Männerdomäne einzubrechen.
Um
nicht missverstanden zu werden: ich habe rein gar nichts gegen
schwule Männer. Und ich denke, über meine Begegnungen und
Erfahrungen mit ihnen könnte ich ein Buch schreiben. Erweitert sogar
auf Fälle der Verfolgung und Behandlung Homosexueller in Zeiten, in
denen der Paragraph 175 STGB noch Gültigkeit hatte. Ich habe nur
keine gefühlsmäßige Beziehung zu einer solchen Veranlagung und
wünsche mir noch immer eine plausible Erklärung der Tatsache, dass
Homosexuelle über Jahrhunderte verfolgt und geächtet wurden. Und
auch vielfach heute noch in Deutschland die gesellschaftliche
Akzeptanz versagt oder doch nur widerwillig zugestanden wird.
In
den oben erwähnten FAZ-Bericht heißt es zum Beispiel (Auszug): „Wenn
Homosexualität in Deutschland so selbstverständlich akzeptiert
wäre, wie es nun in den Medien landauf, landab behauptet wird, warum
wird dann überall mit Riesen-Schlagzeilen über die Erklärung
Thomas Hitzlspergers berichtet? Diese Frage stellte, nicht zu
Unrecht, heute morgen die frühere Bundesliga-Fußballspielerin und
Sportwissenschaftlerin Tanja Walther-Ahrens im hessischen Rundfunk.“
(Ende des Auszugs). Dazu bleibt mir zu bemerken, dass die Medien über
jedes Coming out eines bemerkenswerten Zeitgenossen berichten, von
sich aus aber bisher jeden eigenen glaubhaften Versuch unterließen,
Homosexualität als etwas Normales in die Gesellschaft zu tragen oder
gar medial eine Kultur der Homosexualität zu begründen. Man braucht doch wohl Love-Paraden und Coming outs, um darüber spektakulär und reißerisch berichten zu können (das bringt allemal Quoten). Und ignoriert, dass gerade diese Spektakel in der Öffentlichkeit vielfach dazu beitragen, in Homosexuellen gesellschaftliche Exoten zu sehen, über die man sich mokieren kann. Würde man ernstlich bemüht sein, Homosexualität in der Gesellschaft ankommen zu lassen, müsste man auch entsprechend verfahren und argumentieren. Ich kenne keinen Song, keine Werbung die von Homosexuellen bestimmt oder dominiert wird. Und auch keinen ernstlichen medialen Versuch oder Ansatz, Homosexualität zur Grundlage und/oder kontinuierlichen
Aufbau einer gesellschaftlichen Homoszenerie zu machen. Warum eigentlich nicht?
Ich kann zwar persönlich gern darauf verzichten, nur soll man dann
nicht so tun, als wäre Homosexualität bereits in der Gesellschaft
in Deutschland angekommen.
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