So
empfand ich den Verlauf des Musikdramas „Tiefland“, das am Freitag im Theater Nordhausen Premiere feierte. Auf einer Bühne, deren
Gestaltung noch am ehesten der Gegend, dem Ort und der Zeit
entsprach, in dem diese Oper spielt. Nämlich am Fuße kahler Berge
der Pyrenäen. Und dort einer Mühle um die
Jahrhundertwende. Wolfgang Kurima Rauschnig brachte es fertig, im
Vorspiel des Dramas die Gebirgslandschaft mit einer Menge Stoff
kunstgerecht zu stilisieren. Und im weiteren Verlaufe immerhin die
vage Vorstellung einer - recht dürftig ausgestatteten - Mühle
aufkommen zu lassen. Nicht zu vergessen das Marterl mit der
Gottesmutter, das unübersehbar den Akteuren während der gesamten
Aufführungsdauer ihren Schutz bot. Eine Bühnengestaltung, die
Anerkennung verdient, wie ich meine.
Und
in der so gestalteten Umgebung bilden und vollziehen sich menschliche
Schicksale, die in dieser Art zwar in jene Zeit passen, in mehr oder
weniger verhohlener Form aber zu allen Zeiten vorkommen. Eugen
d’Albert hat dieses Drama musikalisch gestaltet, Toni Burkhardt
inszenierte das Geschehen im Theater Nordhausen, der ursprünglichen
Fassung angepasst.
Die
beginnende Musik vermittelte zunächst in fast kammermusikalischer
Weise eine Vorstellung, wie sich früher die Hirten von Alm zu Alm
verständigten, noch bevor diese wirklich auf der Bühne erschienen.
Dann aber beginnt ein Ablauf, der für Pedro (Joshua Farrier), einem
anspruchslos wirkenden Hirten,
hoffnungsvoll beginnt. Und der lange
nicht merkt, dass er im Verlaufe des Geschehens aufgrund seines
Wunschdenkens nach einer Frau von seinem Dienstherrn, dem
Gutsbesitzer Sebastiano (Kai Günther) für dessen eigene Interessen
ausgenutzt wird. Dergestalt, dass er Marta (Bianca Koch), dessen
Geliebte „pro forma“ heiraten soll. Damit der die Möglichkeit
erhält, eine reiche Frau zu heiraten, um sich dadurch seiner
Schulden entledigen zu können. Um daneben aber trotzdem seine
Geliebte zu behalten. Pedro bekommt also vom mächtigen Grundbesitzer
Sebastiano eine Frau und als Zugabe eine Mühle im Tal. Pedro merkt
zunächst nicht, dass diese Frau Sebastianos Geliebte ist. Und als
es ihm schließlich bewusst wird, kommt es, wie so oft bei solchen
Intrigen: Marta verliebt sich nach anfänglicher Abneigung in den
arglosen Pedro, der dann im Wissen der tatsächlichen Verhältnisse
und Absichten Sebastianos, diesen im Zweikampf tötet. Und dann mit
Marta aus dem sündigen Tiefland zurück in die reine Bergwelt der
Pyrenäen zieht.
Soweit
der Inhalt des Dramas in einem denkbar kargen Umfeld. Leben,
Atmosphäre und spannende Unterhaltung entstand in der alten Mühle
aber erst durch das Gesinde, die Mägde, Knechte und das Hausmädchen
Nuri, die sich dort neben den Hauptakteuren und deren Problemen
tummelten. An denen auch alle Anteil nehmen möchten, wenn auch auf
ihre Weise mit viel Tratsch und Klatsch.
Und
das alles in gesungener, von der Musik und den Klängen aus dem
Orchestergraben begleiteter Weise. Es dominierten dabei, vom Berg ins
Tal kommend, Pedro, der Hirte (Tenor) und – natürlich – die
Bariton-Stimme des Patriarchen Sebastiano, der durch seine rigorose,
ungezügelte Art – zu damaliger Zeit wohl vielfach üblich - den
Hauptakzent setzte. Daneben wirkte Marta, die Müllerin, mit ihrem
Sopran sehr viel intelligenter als ihr Geliebter, und ausgesprochen
emotional. Demgegenüber wirkten die (Mezzo-)Sopranstimmen der Mägde
(Katharina Boschmann, Brigitte Roth, Anja Daniela Wagner) um einiges
verhaltener. Man kennt sie als hervorragende Solistinnen: hier
blitzte ihr Können nur szenenbedingt auf, während sie ansonsten
typisches (tratschendes) Mägdeverhalten zeigten, sich darauf
beschränkten und gerade dadurch gefielen. Das trifft auf Elena
Puszta als Hausmädchen Nuri
in besonderen Maße zu, alle wirkten
hier gerade durch ihr verhalten stimmliches dafür aber
theatralisches Verhalten. Ihre Kostümierung schien mir – wie auch
die Martas – schon sehr der neueren Zeit zugeordnet. Der
Dorfälteste Tommaso (Ks Jürgen Trekel) kam erst spät mit seinem
Bass zur Geltung, holte damit aber seine bis dahin gezeigte
Zurückhaltung wieder auf. Dass die hier nicht besonders erwähnten
Mitwirkenden, einschließlich des Opernchores in ihren Rollen
gefielen, möchte ich behaupten. Die gerade in der Abschlussphase des
Dramas angesichts des toten Gutsherrn Sebastiano recht glaubhaft
wirkten, sicher ein Verdienst Elena Pierinis, der Chordirektorin des
Theaters. Markus L. Frank als musikalischer Leiter und Dirigent
zeigte sich einmal mehr als Meister seines Faches. Langanhaltender,
teils sogar rhytmischer Applaus des Publikums war die Reaktion auf
die gezeigten Leistungen. (. . .entschleunigter Eintrag um 14.38 Uhr)
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