. . . doch ausgerechnet die Linkspartei
stellt diesen Begriff bereits in Frage und fordert einen neuen Namen.
„Wir
sollten darüber nachdenken, ob >Tag der Arbeit< noch der
richtige Name für diesen Tag ist", sagte Parteichefin Katja
Kipping
der
„Welt" (Zitat): „Viele Menschen würden sich inzwischen
nicht mehr vor allem über ihre Arbeit definieren. Sie würden zwar
immer noch gern demonstrieren gehen, aber „für vergnüglichere
Dinge als Arbeit" (Ende des Zitats). Und wenn ich mir die
Kundgebungsverläufe der vergangenen Jahre in Nordhausen
vergegenwärtige, könnte ich der Chefin der LINKEN bei ihrem ersten
Argument zustimmen, beim zweiten – nämlich der Freude am
Demonstrieren – aber nicht.
Und
dabei sehe ich mich bei der gestrigen Mai-Kundgebung vor dem
Nordhäuser Rathaus bestätigt: es war nur noch ein Häuflein
gegenüber früheren Jahren, die sich eingefunden hatten, um sich mit
ihrer Teilnahme zur Arbeiterklasse und den Zielen der Gewerkschaft zu
bekennen.
Und
waren es früher Bundes- und Landesvertreter der Parteien – etwa
Steffen Lemme von der SPD – oder auch mal die frühere Nordhäuser
Oberbürgermeisterin, war es diesmal „gerade mal“ die
Betriebsratchefin von Marktkauf, Gabriele
Quensel, die sich bemühte, die gewerkschaftlichen Forderungen unters
teilnehmende Volk zu bringen.
Nichts gegen die Verdi-Frau, sie gab
sich redlich Mühe, wenn auch ihre Ansprache etwas kürzer (geraffter)hätte
sein können. Nur passte man sich mit ihr als Betriebsrätin eben im
Teilnehmerniveau der immer weiter zurückgehenden Zahl an. Und was
sie sagte – zu Betriebsratswahlen, Erwartungen an die Koalition zu
Mindestlohn ohne Ausnahmeregeln, Zeitarbeit und zur Europawahl –
waren bekannte Forderungen und Erwartungen, die man längst kennt. Im
übrigen kam zumindest den größeren Parteien – CDU, SPD, LINKE –
diese Kundgebung gerade recht, um sie vermehrt für
ihre Werbung zur
Kommunalwahl am 25. Mai zu nutzen. Darüber trat fast der eigentliche
Sinn dieser gewerkschaftlichen Veranstaltung unter dem Motto «Gute
Arbeit - Soziales Europa» in den Hintergrund.Nicht überall allerdings war die Teilnehmerzahl an den Kundgebungen im Lande so dürftig wie in Nordhausen: 400.000 Menschen haben in Deutschland die Kundgebungen der Gewerkschaften zum 1. Mai besucht. In Berlin und Hamburg kam es dabei in fast schon gewohnter Weise am Rande linksautonomer Veranstaltungen zu Auseinandersetzungen mit der Polizei. Auch im Ausland gab es Mai-Kundgebungen: In Moskau marschierten mehr als 100.000 Menschen auf der größten Mai-Parade seit dem Zusammenbruch der Sowjetunion. In Istanbul ging die Polizei mit Wasserwerfern und Tränengas gegen Demonstranten vor, wie der MDR berichtete. Dann lieber doch ein
beschaulicher Verlauf wie hier in Nordhausen. Der nach der Ansprache der Verdi-Frau musikalisch fortgesetzt wurde. Den aber erlebte ich schon nicht mehr, mir war es nur um Inhalte gegangen.
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