Mittwoch, 28. Mai 2014

Stell' Dir vor, es ist Wahl . . .

. . . und alle gehen hin: eine Vorstellung, die sich bei mir einstellte als es noch eine DDR gab. Wenn immer ich damals zu Besuch in die DDR kam, gehörte das Thema Wahlen fast unausweichlich zu den Themen, über die man sich unterhielt. Und stets hieß es dann visionär: „Wenn wir nur frei wählen könnten . . .“ Das ist lange her und es bewahrheitet sich einmal mehr, dass man sich immer gern das wünscht, was man nicht kann, nicht hat, nicht kennt. In einer Zeitung (Mittelbayerische Zeitung) las man am Montag (Auszug): „Europa hat verloren – Andernorts kämpfen Menschen für ihr Wahlrecht. Den Europäern ist es egal. Ein Armutszeugnis“ (Ende des Auszugs). Das galt für die Bundesrepublik als es noch eine DDR gab und es gilt heute für Europa, die Ukraine ist auch nur ein Beispiel dafür.

Andererseits: was habe ich eigentlich mit meiner Stimme zur Europawahl bewirkt? Meiner Bürgerpflicht (so empfinde ich es) habe ich Genüge getan. Aber auf alles, was jetzt vor sich geht und gestaltet wird, habe ich null Einfluss. Und wenn da parteipolitisch von Kungeleien gesprochen oder geschrieben wird, die sich jetzt anbahnen, habe ich dem dann mit meiner Stimme nicht gar Vorschub geleistet? Und ergibt sich aus dem Resultat dieser Kungelei nicht vielleicht etwas, das ich gar nicht wollte? Und wenn ich nun lese, dass es da „Die Partei“ gibt, die dabei ist, das ganze europäische parlamentarische System lächerlich zu machen, frage ich mich schon, wie ernst es denen ist, die nun gerade mal einen Sitz im Parlament gewannen?

Abgesehen aber von solch zweifelhaften Erscheinungen ist doch meines Erachtens schon die Bundestagswahl im vergangenen Jahr und die nunmehrige Politik der großen Koalition in manchen Bereichen Beispiel für meine begrenzten Möglichkeiten als Wähler, wirklich Einfluss auf die Politik zu nehmen. Ob daran eine Einflussnahme durch Volksentscheide viel ändern würde, bliebe zu bezweifeln. In der Schweiz ist dieses System über Jahrhunderte gewachsen, implantiert bliebe es wohl fragwürdig.


In der „Nordhäuser Allgemeine“ schrieb Thomas Müller als verantwortlicher Redakteur am Montag unter „Kein Bock auf Wahlen“ (Auszug): „Es geht noch niedriger, es geht noch desinteressierter. Dabei haben die Zuständigen schon alle möglichen Wahlen – von Europa bis zum Ortsteilrat – zusammengepackt, um überhaupt noch jemanden an die Wahlurne zu locken.“(Ende des Auszugs). Kann man das aber so pauschal ausdrücken? Kann es teilweise zumindest nicht einfach Resignation sein, Einsicht in die Begrenztheit seiner politischen Möglichkeiten als Wähler? Und sich mancher Wahlberechtigte gerade durch dieses „zusammengepackt“ überfordert sah? Ich weiß heute noch nicht wirklich, was sich mit meinem Kreuz bei der Europawahl an Personen und an den zu erwartenden Kurs verbindet. Ich kenne keinen einzigen Vertreter der Partei, die ich wählte (abgesehen von den einen oder/und anderen Namen). Und mir kann derzeit auch niemand mit Bestimmtheit sagen, ob bzw. welche Koalition diese Partei eingehen wird. Und jetzt muss ich erst einmal schließen, sonst könnte es ja sein, dass Koalitionen gebildet werden. Und dann jeder die Antwort weiß.

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