Nachdem in der Einführung zu Verdis
„Rigoletto“ Anfang Mai im Foyer des Nordhäuser Theaters eine
fast spürbare Erwartungsstimmung verbreitet wurde, dürften die
TeilnehmerInnen an dieser Einführung besonders gespannt die Premiere
dieser Oper erwartet haben. Man hatte aufmerksam dem Regieassistenten
zugehört, der das Geschehen am Hofe des Herzogs zu Mantua als Inhalt
der Oper vortrug – obwohl es den meisten längst bekannt gewesen
sein dürfte – und man hatte der Stimme des Baritons Kai Günther
gelauscht, die man ja auch schon kannte, und die des Tenors Raffaele
d'Ascanio auf sich wirken lassen. Und mag (wie ich) bedauert haben,
dass nicht auch die Sopranistin Elena Puszta dabei sein konnte, von
deren Gesang man immer wieder begeistert ist. Und wenn es sich auch
nur um kurze Auszüge dessen handelt, was man in der Aufführung
selbst zu hören bekommen würde.
und unerfahrene Gilda (Elena Puszta, Sopran), Tochter Rigolettos, während des Gottesdienstes in der Kirche entdeckte und ihr (natürlich) nachstellt. Natürlich findet er auch einen Weg, sie zu gewinnen, ohne Skrupel gegenüber ihrer Unschuld. Dass dies zum Verhängnis für Gilda führen muss, war abzusehen und geradezu unausweichlich.
In einer zeitlosen Moderne vollzieht sich so die Geschichte vom buckligen Narr Rigoletto, dessen Tochter durch Höflinge des Herzogs entführt wird, die sie für Rigolettos Geliebte halten. Sie führen sie dem Herzog zu, der sich ihr als armen Studiosus vorstellte, in dem sich Gilda verliebt. Dazu kommt es, obwohl, oder gerade weil sie sich - von ihrem Vater Rigoletto völlig abgeschirmt von der Außenwelt – zu einer erblühten Frau entwickelt hat und erfahren möchte, was die Welt und die Gesellschaft ihr zu
bieten haben.
Giovanna, ihre Gouvernante (Mary Elisabeth Osborne, Sopran) vom
Herzog bestochen, ermöglicht Gilda den Weg aus ihrer behüteten
Umgebung. Die Höflinge haben dann mit der Entführung leichtes
Spiel. Selbstkritisch will Rigoletto sein Doppelleben aufgeben, das
einerseits in Zynismus gegenüber der Gesellschaft besteht und
andererseits in fürsorglicher Behütung seiner Tochter. Um
feststellen zu müssen, dass es dafür zu spät ist.
Zur Entfaltung und dem musikalischen
Verlauf des Geschehens hatte in der Einführung Anfang Mai schon GMD
Markus L. Frank in einer Weise eingestimmt, die nicht nur
anschaulich war, sie war hörens- und sehenswert. Wobei die
Eindrücke, die er dabei vermittelte, erwarten ließen, dass die
Musik aus dem Orchestergraben ganz entscheidend (mit-)bestimmend sein
werde. Und schon diese Vorschau vermochte die Zuhörer in ihren Bann
zu ziehen. Und das vermochte sie dann auch während der gesamten
Aufführung. Ob in instrumentalen Parts allein, ob als Begleitung der
hervorragenden Solis der Hauptakteure oder des Chores: ich fand den
Verlauf von allen Mitwirkenden hervorragend und bravourös. Und der
begeisterte, lang anhaltende Applaus des Premierepublikums dürfte
überzeugt und dankend gezeigt haben, dass das Ensemble des Theaters
Nordhausen samt seinen Gastmitwirkenden einmal mehr sein Publikum
begeistert hat. Sei schließlich noch erwähnt, dass in italienischer
Sprache mit Übertiteln gesungen wurde. Die nächsten Aufführung
findet am 23.05. statt.
Und gestern also fand die Premiere
statt. Die Spannung allerdings, mit der man gekommen war und seine
Plätze eingenommen hatte, verflüchtigte sich zunächst
einigermaßen durch den Beifall, der bereits einsetzte, bevor
überhaupt auf der Bühne etwas zu sehen war. Vielleicht als Ventil?
Und sie baute sich langsam wieder auf, als die Musik aus dem
Theatergraben zunächst verhalten begann, um dann aber voll
einzusetzen als Auftakt der Handlung auf der Bühne. Auf der sich
sehr schnell höfisches Leben und Treiben entwickelte. Durch das man
einen Eindruck erhielt, wie es zur Zeit des Herzogs von Mantua an
dessen Hofe zugegangen sein mag: unterhaltsam zunächst, bald aber
ausgelassen und erkennbar von Ausschweifung und Wollust
gekennzeichnet. Und Rigoletto (Kai Günther, Bariton), körperlich
behinderter buckliger(?) Narr des Herzogs, dessen Aufgabe eigentlich
die Unterhaltung und Vermittlung guter Laune am Hofe sein sollte, tat
sich als zynischer und spottender Kommentator hervor.
Spätestens hier ist zu bemerken, dass
sich das Geschehen auf der Bühne vor einer Ausstattung abspielt
(gestaltet von Julia Müer), die in recht nüchtern wirkenden
variablen Treppenteilen besteht, die aber durch die sich jeweils
verändernden Teile einen interessanten Schauplatz darstellen. Was
sich davor gesellschaftlich abspielt geschieht in Garderoben
(entworfen von Barbara Häusl), die der damaligen Zeit nachempfunden
sind.
Und die Handlung selbst? Der Herzog von
Mantua (Raffaele d'Ascanio) wirkte gegenüber der
Einführung
(natürlich) kostümiert sehr viel attraktiver, ließ allerdings damals
schon ahnen, dass er es allein schon nach seiner Herkunft und seiner
begeisternden Tenorstimme leicht haben werde, Frauen für sich zu
gewinnen. Und seine nicht weniger natürliche Begabung in der Kunst
der Verführung wurde anfangs der Aufführung zwar „nur“
beispielhaft erkennbar – gegenüber der Gräfin von Ceprano
(Brigitte Roth, Sopran) – setzte sich aber im Laufe der Handlung
eindrucksvoll fort, zynisch mit volltönender Stimme begleitet von
Rigoletto gegenüber den jeweils gehörnten Ehemännern. Von der
eigentlicher Aufgabe Rigolettos als erheiternd wirkender Hofnarr sah
und hörte man demgegenüber so gut wie nichts. Der Herzog wiederum
gefiel sich als zügelloser Verführer, als der er schließlich auch
die völlig unbefangene und unerfahrene Gilda (Elena Puszta, Sopran), Tochter Rigolettos, während des Gottesdienstes in der Kirche entdeckte und ihr (natürlich) nachstellt. Natürlich findet er auch einen Weg, sie zu gewinnen, ohne Skrupel gegenüber ihrer Unschuld. Dass dies zum Verhängnis für Gilda führen muss, war abzusehen und geradezu unausweichlich.
Das
Ensemble um Regisseurin Katharina Thoma entwickelte innerhalb dieses
nüchtern wirkenden Bühnenraumes ein Tableau der Figuren in ihrer
inneren Zerrissenheit, das die Zuschauer über die Spanne des Abends
in Atem hielt. Und diese sich mehrfach in Applaus nach szenischen
Abschnitten entlud. Thoma vermochte gemeinsam mit den spielfreudigen
Sängern des Nordhäuser Theaters alle diese Figuren in ihrer
Psychologie durchaus plastisch wirken zu lassen.
Dazu
gehört dann auch, dass der Graf von Monterone (Thomas Kohl, Bass)
im Schloss erscheint, dessen Tochter gleichfalls zu den „Opfern“
des Herzogs gehört, und die Wiederherstellung ihrer Ehre fordert.
Stattdessen erfährt auch er nur Spott und Hohn durch Rigoletto,
worauf ihn dieser verflucht. Und eigentlich wird erst ab diesem Fluch
das Geschehen zum Drama für Rigoletto, dem dadurch plötzlich sein
bisheriges widersprüchliches Verhalten bewusst wird, mit dem er sich
an der Gesellschaft bei Hofe rächte, die ihn ob seiner körperlichen
Behinderung gering schätzt.
In einer zeitlosen Moderne vollzieht sich so die Geschichte vom buckligen Narr Rigoletto, dessen Tochter durch Höflinge des Herzogs entführt wird, die sie für Rigolettos Geliebte halten. Sie führen sie dem Herzog zu, der sich ihr als armen Studiosus vorstellte, in dem sich Gilda verliebt. Dazu kommt es, obwohl, oder gerade weil sie sich - von ihrem Vater Rigoletto völlig abgeschirmt von der Außenwelt – zu einer erblühten Frau entwickelt hat und erfahren möchte, was die Welt und die Gesellschaft ihr zu
Für den Herzog eben nur ein weiteres
Abenteuer, für Gilda die große Liebe. Als Rigoletto davon erfährt,
inszeniert er ein Mordkomplott
gegen den Herzog, seinen Herrn. Er dingt Sparafucile (Florian
Kontschak, Bass) als Mörder, der den Herzog umbringen soll, ohne
dass er die wahre Identität des Opfers erfährt. Doch die mehrfache
Tarnung dieser Welt, in der sogar die Liebe eine Maske trägt, wendet
sich gegen den verzweifelten Vater, als seine Tochter sich für den
noch immer geliebten Herzog opfert. Sparafucile nämlich vollbringt
die Tat, ersticht allerdings statt den Herzog die Tochter Rigolettos,
womit sich am Ende der Fluch des Grafen von Monterone auf tragische
Weise erfüllt.
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