In meinem Leben habe ich einiges hinter mich gebracht, das mit Freude oder auch mit Ärger, mit Stolz auf mich selber oder auch Enttäuschung über mich verbunden war. Ich habe keine 100km-Märsche gemacht, dafür bin ich in Gebirgen im In- und Ausland geklettert. Kälte in den ungewöhnlichsten Graden habe ich in jungen Jahren und in einer Lebensphase erlebt – erleben müssen - in denen man sich zur Winterzeit zerlumpt, mit Fußlappen und hungrig in Gefangenenlager in der damaligen Sowjetunion schleppen musste. Und habe später als Journalist einiges von der westliche Welt kennengelernt, ohne je Aufhebens von all dem gemacht zu haben. Obwohl ich gelegentlich animiert wurde, ein Buch darüber zu schreiben.
Und nun lese ich in der nnz von 100km-Märschen des Bodo Schwarzberg – ohne Zweifel eine enorme sportliche Leistung - und überlege, ob ich das als eine Art Facebook-Geschwätzigkeit sehen soll, oder ob es insgeheim eine Aufforderung zur Bewunderung sein soll? Für das Guinessbuch der Rekorde reicht es nicht – seine Wanderkollegen haben da nach seinen Angaben schon noch mehr Kilometer am Stück hinter sich gebracht.
Ich nehme also für mich alle diese aus eigenem Antrieb vollbrachten und noch geplanten Leistungen zur Kenntnis und freue mich angesichts allgemeiner Zunahme psychischer Erkrankungen wegen körperlicher oder seelischer Überforderungen, dass es auch noch Menschen gibt, die sich mentale und körperliche Höchstleistungen abverlangen.
Als Orientierung eigener Leistungsanforderung aber können Geschichten über 100km-Märsche auch nicht dienen, denn jeder sollte schließlich selbst wissen, was er sich zumuten kann. Und da habe ich vor der Frau, die jeden Morgen im Rosengarten bei jeder Temperatur ihre Runden läuft, die gleiche Hochachtung wie vor einem Marathonläufer oder einem 100km-Wanderer. Und für mich selber freue ich mich, dass ich in meinem Alter und Verfassung auch noch alle paar Tage und bei jeder Temperatur noch einige Kilometer durch's Gelände laufen kann. Wenn auch mit zwei Stöcken. Obwohl ja nach dem nnz-Bericht alte Menschen bei der herrschenden Kälte besonders vorsichtig sein sollen. Ich wünsche jedenfalls Bodo Schwarzberg, dass er in meinem Alter zumindest noch so gut zu Fuß ist wie ich.
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