Die Wirtschaftsleistung in
Ostdeutschland dürfte im Jahr 2013 stagnieren. Die Zuwachsraten
liegen nun seit dem Jahr 2010 unter denen im Westen Deutschlands. Das
liegt vor allem daran, dass die wichtigen Absatzmärkte der
ostdeutschen Wirtschaft nicht in schnell wachsenden Schwellenländern,
sondern in Europa liegen und die europäische Wirtschaft in der
Krise steckt. Allerdings wird die Konjunktur in Deutschland, und
damit auch im Osten des Landes, im Verlauf des Jahres 2013 deutlich
Fahrt aufnehmen. Die Wanderungsbilanz Ostdeutschlands hat sich vor
allem durch den Zuzug aus dem Ausland zuletzt deutlich verbessert.
Im Sommer 2013 ist das konjunkturelle
Umfeld für die Wirtschaft Ostdeutschlands schwierig. Die
weltwirtschaftliche Dynamik ist seit über einem Jahr gering, weil
sich einige fortgeschrittene Volkswirtschaften immer noch nicht
völlig von der Großen Rezession erholt haben und die
Wachstumsdynamik in wichtigen Schwellenländern wie China nachlässt.
Im Euroraum wird die Rezession nur langsam überwunden. Für
Deutschland insgesamt deutet sich zwar für das Sommerhalbjahr eine
konjunkturelle Belebung an, Anlageinvestitionen und Exporte werden
dieses Jahr aber wohl kaum mehr als stagnieren.
Üblicherweise ist die Konjunktur in
Ostdeutschland in Abschwungjahren wie 2009 stabiler als in
Westdeutschland, in Aufschwungjahren wie 2010 und 2011 ist sie
we-niger dynamisch. Denn die westdeutsche Wirtschaft ist wegen ihrer
Spezialisierung auf Investitionsgüterproduktion für den Export
deutlich zyklischer als die Wirtschaft im Osten. Im Jahr 2012 legte
die ostdeutsche Produktion allerdings trotz schwacher Konjunktur mit
0,3% langsamer zu als die Produktion in Gesamtdeutschland (0,7%); und
auch für den Beginn des Jahres 2013 deuten die Indikatoren auf eine
schwä-chere Dynamik hin. Der Grund liegt wohl darin, dass die
Unternehmen in Ost-deutschland weniger gut gegen die Rezession in den
europäischen Nachbarländern abgeschirmt sind als Unternehmen in
Westdeutschland, weil diese in größerem Umfang Absatzmärkte
außerhalb der Europäischen Union bedienen. Für ostdeut-sche
Exporteure ist der deutlich rückläufige europäische Absatzmarkt
wichtiger. Zu-dem ist im Osten die Produktion von Vorleistungsgütern
von größerer Bedeutung als im Westen, und deren Nachfrage
entwickelte sich seit dem vergangenen Jahr schwach, nicht zuletzt
weil Läger europaweit abgebaut werden.
Die aktuellen Stimmungsindikatoren für
das Verarbeitende Gewerbe in Ostdeutsch-land deuten darauf hin, dass
sich der Rückgang der gesamtwirtschaftlichen Produktion zu
Jahresbeginn erst einmal fortgesetzt hat. Die Auftragseingänge haben
aber im Winter ihren Tiefpunkt wohl überschritten. Unter den
Unternehmen in Deutsch-land nimmt die Zuversicht seit dem Frühjahr
wieder zu, und es darf erwartet werden, dass der für die ostdeutsche
Vorleistungsgüterproduktion nachteilige Lagerabbau zu einem Ende
kommt. Auch gibt es jüngst Anzeichen dafür, dass sich die
Konjunktur im restlichen Euroraum langsam stabilisiert. Alles in
allem dürfte die Produktion im ostdeutschen Verarbeitenden Gewerbe
im Jahresverlauf wieder moderat zunehmen. Ähnlich ist die Lage am
Bau: Hier hat der harte Winter die Aktivität vorübergehend
stark gehemmt, und die so entstandenen
Produktionsrückstände werden im Jahres-verlauf wohl aufgeholt
werden.
Die Flutkatastrophe an der Elbe und
ihren Zuflüssen Anfang Juni hat zwar erhebliche Sachschäden, aber
offensichtlich nur begrenzte Produktionsausfälle mit sich gebracht.
Instandsetzungsmaßnahmen dürften der Bauwirtschaft für die zweite
Jah-reshälfte 2013 einige Impulse geben. Alles in allem dürfte die
gesamtwirtschaftliche Produktion in Ostdeutschland im Jahr 2013
stagnieren, während sie in Gesamt-deutschland um 0,7% zulegen
dürfte.
Nach diesem Konjunkturbild würde die
ostdeutsche Wirtschaft in den Jahren 2011 bis 2013 insgesamt um etwa
0,7% pro Jahr wachsen. Der Wachstumsabstand zwischen Ost und West
entspricht damit in etwa der Differenz in der
Bevölkerungsentwicklung. Konvergenz des gesamtwirtschaftlichen
Outputs findet zurzeit also auch pro Kopf nicht mehr statt. Dass
Ostdeutschland von der Rezession im Euroraum und der daher rührenden
Verunsicherung der Unternehmen stärker getroffen ist als
Gesamtdeutschland, ist wohl nicht der einzige Grund. Vielmehr bremst
auch die ungünstigere Bevölkerungsentwicklung die Güternachfrage.
Außerdem werden die langfristigen demographischen Effekte schon
jetzt von privaten und öffentlichen Haushalten antizipiert: Unter
anderem zwingt eine ungünstigere Bevölkerungsprognose ostdeutsche
Länder zu schärferen Konsolidierungskursen als im Westen, weil sie
die für die Zukunft zu erwartenden Einnahmen schmälert.
Über die Frage der langfristigen
Konvergenz entscheiden aber weniger Faktoren der Nachfrage als die
Entwicklung der Angebotsbedingungen. Diese werden ebenfalls durch
eine schrumpfende und alternde Bevölkerung verschlechtert, schon
weil das Arbeitsangebot schwinden muss, wenn Spielräume bei der
Mobilisierung der stillen Reserve ausgereizt sind. Ob die
Wirtschaftsleistung pro Kopf in den kommenden Jahren zwischen Ost und
West wieder konvergieren wird, hängt wohl wesentlich davon ab, wie
dieses Problem bewältigt wird. Insbesondere kommt es darauf an, dass
das Arbeitsangebot in den städtischen Ballungsräumen
Ostdeutschlands durch Integration umliegender Arbeitsmärkte und
eine günstigere Wanderungsbilanz gestärkt wird. Gelingt dies
nicht, besteht zudem die Gefahr, dass gewerbliche Investiti-onen
schon jetzt ausbleiben, weil die negativen Effekte der
demographischen Entwicklung von den Unternehmen antizipiert werden.
(Eine Mitteilung des IWH vom 23.07.13)
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