Dienstag, 30. Juli 2013

Ostdeutsche Wirtschaft stagniert im Jahr 2013

Die Wirtschaftsleistung in Ostdeutschland dürfte im Jahr 2013 stagnieren. Die Zuwachsraten liegen nun seit dem Jahr 2010 unter denen im Westen Deutschlands. Das liegt vor allem daran, dass die wichtigen Absatzmärkte der ostdeutschen Wirtschaft nicht in schnell wachsenden Schwellenländern, sondern in Europa liegen und die europäische Wirtschaft in der Krise steckt. Allerdings wird die Konjunktur in Deutschland, und damit auch im Osten des Landes, im Verlauf des Jahres 2013 deutlich Fahrt aufnehmen. Die Wanderungsbilanz Ostdeutschlands hat sich vor allem durch den Zuzug aus dem Ausland zuletzt deutlich verbessert.
Im Sommer 2013 ist das konjunkturelle Umfeld für die Wirtschaft Ostdeutschlands schwierig. Die weltwirtschaftliche Dynamik ist seit über einem Jahr gering, weil sich einige fortgeschrittene Volkswirtschaften immer noch nicht völlig von der Großen Rezession erholt haben und die Wachstumsdynamik in wichtigen Schwellenländern wie China nachlässt. Im Euroraum wird die Rezession nur langsam überwunden. Für Deutschland insgesamt deutet sich zwar für das Sommerhalbjahr eine konjunkturelle Belebung an, Anlageinvestitionen und Exporte werden dieses Jahr aber wohl kaum mehr als stagnieren.
Üblicherweise ist die Konjunktur in Ostdeutschland in Abschwungjahren wie 2009 stabiler als in Westdeutschland, in Aufschwungjahren wie 2010 und 2011 ist sie we-niger dynamisch. Denn die westdeutsche Wirtschaft ist wegen ihrer Spezialisierung auf Investitionsgüterproduktion für den Export deutlich zyklischer als die Wirtschaft im Osten. Im Jahr 2012 legte die ostdeutsche Produktion allerdings trotz schwacher Konjunktur mit 0,3% langsamer zu als die Produktion in Gesamtdeutschland (0,7%); und auch für den Beginn des Jahres 2013 deuten die Indikatoren auf eine schwä-chere Dynamik hin. Der Grund liegt wohl darin, dass die Unternehmen in Ost-deutschland weniger gut gegen die Rezession in den europäischen Nachbarländern abgeschirmt sind als Unternehmen in Westdeutschland, weil diese in größerem Umfang Absatzmärkte außerhalb der Europäischen Union bedienen. Für ostdeut-sche Exporteure ist der deutlich rückläufige europäische Absatzmarkt wichtiger. Zu-dem ist im Osten die Produktion von Vorleistungsgütern von größerer Bedeutung als im Westen, und deren Nachfrage entwickelte sich seit dem vergangenen Jahr schwach, nicht zuletzt weil Läger europaweit abgebaut werden.
Die aktuellen Stimmungsindikatoren für das Verarbeitende Gewerbe in Ostdeutsch-land deuten darauf hin, dass sich der Rückgang der gesamtwirtschaftlichen Produktion zu Jahresbeginn erst einmal fortgesetzt hat. Die Auftragseingänge haben aber im Winter ihren Tiefpunkt wohl überschritten. Unter den Unternehmen in Deutsch-land nimmt die Zuversicht seit dem Frühjahr wieder zu, und es darf erwartet werden, dass der für die ostdeutsche Vorleistungsgüterproduktion nachteilige Lagerabbau zu einem Ende kommt. Auch gibt es jüngst Anzeichen dafür, dass sich die Konjunktur im restlichen Euroraum langsam stabilisiert. Alles in allem dürfte die Produktion im ostdeutschen Verarbeitenden Gewerbe im Jahresverlauf wieder moderat zunehmen. Ähnlich ist die Lage am Bau: Hier hat der harte Winter die Aktivität vorübergehend
stark gehemmt, und die so entstandenen Produktionsrückstände werden im Jahres-verlauf wohl aufgeholt werden.
Die Flutkatastrophe an der Elbe und ihren Zuflüssen Anfang Juni hat zwar erhebliche Sachschäden, aber offensichtlich nur begrenzte Produktionsausfälle mit sich gebracht. Instandsetzungsmaßnahmen dürften der Bauwirtschaft für die zweite Jah-reshälfte 2013 einige Impulse geben. Alles in allem dürfte die gesamtwirtschaftliche Produktion in Ostdeutschland im Jahr 2013 stagnieren, während sie in Gesamt-deutschland um 0,7% zulegen dürfte.

Nach diesem Konjunkturbild würde die ostdeutsche Wirtschaft in den Jahren 2011 bis 2013 insgesamt um etwa 0,7% pro Jahr wachsen. Der Wachstumsabstand zwischen Ost und West entspricht damit in etwa der Differenz in der Bevölkerungsentwicklung. Konvergenz des gesamtwirtschaftlichen Outputs findet zurzeit also auch pro Kopf nicht mehr statt. Dass Ostdeutschland von der Rezession im Euroraum und der daher rührenden Verunsicherung der Unternehmen stärker getroffen ist als Gesamtdeutschland, ist wohl nicht der einzige Grund. Vielmehr bremst auch die ungünstigere Bevölkerungsentwicklung die Güternachfrage. Außerdem werden die langfristigen demographischen Effekte schon jetzt von privaten und öffentlichen Haushalten antizipiert: Unter anderem zwingt eine ungünstigere Bevölkerungsprognose ostdeutsche Länder zu schärferen Konsolidierungskursen als im Westen, weil sie die für die Zukunft zu erwartenden Einnahmen schmälert.
Über die Frage der langfristigen Konvergenz entscheiden aber weniger Faktoren der Nachfrage als die Entwicklung der Angebotsbedingungen. Diese werden ebenfalls durch eine schrumpfende und alternde Bevölkerung verschlechtert, schon weil das Arbeitsangebot schwinden muss, wenn Spielräume bei der Mobilisierung der stillen Reserve ausgereizt sind. Ob die Wirtschaftsleistung pro Kopf in den kommenden Jahren zwischen Ost und West wieder konvergieren wird, hängt wohl wesentlich davon ab, wie dieses Problem bewältigt wird. Insbesondere kommt es darauf an, dass das Arbeitsangebot in den städtischen Ballungsräumen Ostdeutschlands durch Integration umliegender Arbeitsmärkte und eine günstigere Wanderungsbilanz gestärkt wird. Gelingt dies nicht, besteht zudem die Gefahr, dass gewerbliche Investiti-onen schon jetzt ausbleiben, weil die negativen Effekte der demographischen Entwicklung von den Unternehmen antizipiert werden.

(Eine Mitteilung des IWH vom 23.07.13)

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