Mittwoch, 10. Juli 2013

Als Mädchen gesucht, als Frau geortet

Im März dieses Jahres kontaktierte mich Gerd Kummer, seines Zeichens Rentenberater des DGB und zu DDR-Zeiten ein Volksarmee-Offizier der höheren Kategorie. Der war in der Aufstellung seiner Lebenschronik auf einen Vorgang gestoßen, die Rettung eines Kindes betreffend, das im Nordhäuser Freibad ins Wasser gestürzt war und zu Ertrinken drohte. Die damalige dramatische Rettungsaktion unter Beteiligung seiner militärischen Einheit, muss Kummer damals sehr beeindruckt haben, jedenfalls gehörte sie nach seiner Erinnerung zu den schönsten menschlichen Erlebnissen jener Zeit. Und diese Erinnerung weckte bei ihm nun den Wunsch, über das weitere Schicksal dieses damaligen Kindes mehr zu erfahren.

Und ich engagierte mich, um dieses Schicksal lebendig werden zu lassen. Ich weiß nicht, ob das, was sich mir dabei erschloss, typisch ist für viele ostdeutsche Menschen nach der Wende, oder die normale Entwicklung eines dem Kindesalter entwachsenen Mädchens. Ihr Weg führte noch zu DDR-Zeiten (mit ihren Eltern) von Nordhausen nach Dresden. Und von dort in den Folgejahren in die westlichen Bundesländer. Ich folgte diesem Weg und fand bei den angefragten Melde- und Bürgerämtern für mein Anliegen viel Verständnis, das sich wie folgt darstellte:

„Die Anfrage hat ihre zeitliche Ursache in den Jahren 1982 – 84 und ist ein kurzes, aber inhaltvolles Erlebnis im Leben eines damaligen Offiziers, Major der NVA: des heute in weiten Kreisen Nordhausens als Gewerkschafts-Senior und Rentenberater bekannten Gerd Kummer. Der hier also nicht weiter vorgestellt werden muss.

Als Major war es damals u.a Kummers Aufgabe, den Schwimmunterricht der Soldaten, die in der Nordhäuser Kaserne stationiert waren, zu beaufsichtigen. Der jeweils im Schwimmbad hinter dem Stadion stattfand. Diese Gelegenheiten nutzten auch Schulklassen, um das Bad zu besuchen.

Bei der Aufarbeitung seiner Lebensgeschichte stieß nun Gerd Kummer in seinem Photoarchiv aus damaliger Zeit auf Bilder eines etwa zehnjährigen Mädchens, teils allein, teils zusammen mit ihren Eltern und Soldaten, zu denen auch Kummer als Kommandeur gehörte. Und bei ihm Erinnerungen an ein dramatisches Ereignis im Zeitraum der genannten Jahre weckte.

Die Truppe hatte damals ihren Schwimmunterricht gerade beendet und befand sich auf dem Marsch aus dem Bad. Als sie plötzlich durch lautstarke Hilferufe auf ein Unglück aufmerksam gemacht wurden: ein Mädchen war ins Wasser gefallen und untergegangen, nachdem es sich beim Sturz Verletzungen am Kopf (Kinn) zugezogen hatte. Die Soldaten zögerten nicht und einer von ihnen stieß nach mehreren Tauchgängen auf das verunglückte Mädchen.

Kummer hatte inzwischen die Rettung alarmiert, deren Sanitäter nach Eintreffen die Soldaten bei deren Wiederbelebungsbemühungen ablösten und das Kind ins Krankenhaus brachten.

Die Truppe kontaktierte das Krankenhaus, besuchte die Patientin und freute sich über deren schließliche gesundheitliche Wiederherstellung. An der zunächst gezweifelt worden war aufgrund der Zeitdauer des Kindes unter Wasser. Es entspann sich ein kurzzeitiges, freundschaftliches Verhältnis auch zu den Eltern des Mädchens, das dann durch die Verlegung der Truppe sein Ende fand.

Gerd Kummer empfand den Vorgang der Rettung dieses Mädchens als eines der schönsten Erlebnisse seiner Soldatenzeit. Und wurde nun angesichts der Bilder wieder an jenes dramatische Ereignis erinnert.

Und fühlt sich nun angeregt nach diesem Mädchen, heute eine längst erwachsene Frau, Ausschau zu halten. Er weiß keinen Namen, keine Anschrift, er vermag auch nur zu schätzen, dass das einstige Mädchen heute 35 bis 40 Jahre alt sein müsste. Und hofft nun, eine wie auch immer geartete Verbindung zu dieser Frau finden zu können.“ (Ende der Anfragebegründung)

Und so vermochte ich den Weg dieses inzwischen längst zu einer Frau gewordenen Menschen zu folgen, bis zu ihrem gegenwärtigen Wohnsitz in Rheinland-Pfalz, wo sie als Unternehmerin tätig ist.


Das ist - oder war - die Such- und Findungsphase. Und nun gilt es eigentlich, eine Verbindung zwischen Gerd Kummer und diesen Menschen herzustellen, der hier inzwischen als außerordentlich attraktive Frau geortet wurde. Kann das noch meine Aufgabe sein, oder ist es nun Kummer selbst überlassen, eine solche herzustellen? Es scheint, als stünde dieser zutiefst menschliche Vorgang überhaupt erst vor seiner entscheidenden Phase.  

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