Freitag, 5. Juli 2013

Lohnt die Aufregung?

Ich meine die Enthüllungen eines Edward Snowden über die Ausspähung von eigentlich geheimen Vorgängen durch Geheimdienste. Ich weiß noch nicht einmal genau, wer was und wo ausgespäht hat. Und das wohl auch noch tut. Obwohl ich doch recht aufmerksam verfolge, was die Medien darüber berichten. Die zumindest zeitweise selbst die Übersicht verloren und sich in Spekulationen ergehen. Worüber genau sollte ich mich also aufregen, wie das von Vielen angeblich gemacht wird.

Das Problem scheint mir komplex, wobei ich für mich persönlich feststelle, dass ich vermutlich in keinster Weise betroffen bin. Genau kann das wohl niemand von sich wirklich behaupten, denn wenn ich mir vergegenwärtige, was da zum Beispiel gestern bei Maybrit Illner von der Vertreterin der Piratenpartei (Anke Domscheid-Berg) aufgezeigt wurde. Wonach die Speicherkapazitäten im Netz so unfassbar groß sind, dass in ein Yottabyte (nach dem diese Kapazitäten berechnet werden) die gesamten Stasiakten 160 Milliarden mal hineinpassen würden. Und es mit Spähprogrammen wie Prism oder Tempora möglich ist, von jedem Menschen auf dieser Welt ein ganz persönliches Profil zu entwickeln. Ich kann mir das so vorstellen, dass es möglich ist, ähnlich einem Fischer mit seinem Netz, alles einzufangen, was in irgendeiner Weise übers Internet läuft, um das zu speichern. Und es mittels Suchmaschinen möglich ist, im Falle des Bedarfs einen bestimmten Namen oder Vorgang in kürzester Zeit herauszufiltern. Wer also weiß schon, ob er nicht längst in irgendeinem Speicher steckt?

Ich erwähne Maybrit Illner deshalb, weil ich mir ihre Talkshows gestern und in der Vorwoche erstmals ansah (ansonsten gucke ich mir keine dieser Shows an) weil mich die Themen interessierten. Vergangene Woche waren es die Wahlversprechungen der Parteien angesichts der Bundestagswahl im September und gestern der Überwachungsskandal. Von dem Illner meinte, große Teile der Bevölkerung in Deutschland wären über die Enthüllungen entsetzt. Was ich eigentlich nicht verstehen kann, angesichts von Facebook, in dem sich angeblich Nutzer in großer Zahl in einer Weise von sich aus offenbaren, die an Rückhaltlosigkeit nichts zu wünschen übrig lässt. Und die sollten zum großen Teil zu dieser entsetzten Bevölkerung gehören? Da wird viel geheuchelt, wie mir scheint. So in der Bevölkerung und so in der Politik. Dort freilich auf einer anderen, vielleicht qualifizierteren Ebene. Bei Illner wurde, wie bemerkt, darüber diskutiert. Was mir dabei aufstieß, war die Reaktion des Publikums, die jede gefällige Aussage mit Beifall bedachte, unabhängig davon, ob die Aussage des einen Teilnehmers der eines anderen widersprach. Diese Klatscherei wirkte auf mich geradezu penetrant.

Zurück zum Thema, das sich auf die USA und Deutschland konzentriert, obwohl doch inzwischen bekannt ist, dass die Geheimdienste Englands und Frankreichs (sogar die Luxemburgs) ebenso ausspähen. In Deutschland und der EU. Wobei sich das ja nicht nur auf das Netz beschränkt, sondern auch „Wanzen“ und ähnliches zum Einsatz kamen. Und vielleicht noch sind. Dabei glaubte man doch, man sei unter Freunden, unter denen das nicht praktiziert würde. Im Grunde also gibt es dabei wohl keine Freunde, jeder bespitzelt jeden. Und das nicht nur aus politischen Interessen, da geht es auch um Wirtschaftsspionage und anderes.


Ja, und dann also der der Enthüller selbst: wie man erfuhr, wurde zum Beispiel das Flugzeug des bolivianischen Präsidenten auf seiner Heimreise in Wien zur Landung genötigt, weil man Snowden darin vermutete. Da scheinen die Geheimdienste nun mangelhaft gearbeitet zu haben, denn sonst hätte man doch schon beim Einchecken in Moskau mitbekommen müssen, ob Snowden zu den Passagieren gehörte? Nun bemüht man sich, die Wellen zu glätten, die durch diesen erzwungenen Zwischenstopp und die Überflugverbote einiger Länder hochschwappten. Und Snowden sitzt wohl noch immer im Transitbereich des Moskauer Flughafens. Und hofft, dass ihn ein Land (ohne Auflagen) Asyl gewährt. Und selbst das scheint in Deutschland zu einem Problem hochstylisiert zu werden: die Bundesregierung sagt Nein, Teile der Opposition sind dafür und sogar Wolfgang Kubicki von der FDP sprach sich jüngst in Nordhausen für eine Aufnahme aus. Nur: jedes Land, das ihn aufnimmt, wird Probleme mit den USA bekommen, man behandelt den Mann wie eine heiße Kartoffel. Und ich bin neugierig, wie sich sein Schicksal weiter entwickelt. Das ja inzwischen auch pikante Aspekte erhält.

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