Das war der rote Faden, der sich
gestern durch die gesamte Podiumsdiskussion zum Thema „Sichere
Rente“ im Bürgersaal des Rathauses in Nordhausen zog. Der DGB
Thüringen hatte dazu eingeladen und mit dem Gewerkschaftssekretär
Klaus Schüller vom DGB Hessen-Thüringen einen kompetenten Mann
geschickt, der das Impulsreferat hielt und maßgeblich am Verlaufe
der Veranstaltung beteiligt war.
Am Podium saßen neben Klaus Schüller
und dem Moderator Thomas Müller, Redakteur der „Nordhäuser
Allgemeine“, einige Kandidaten zur Bundestagswahl des Wahlkreises
189, die sich dazu bereit gefunden hatten. Das waren MdB Manfred
Grund (CDU) , Carmen Listemann (SPD), Sigrid Hupach (Die Linke) und
Heiko Windisch (Piratenpartei), während die Kandidaten der FDP und
der Grünen fehlten. Ob entschuldigt oder einfach so, sagte der
Moderator nicht.
Andreas Wieninger, Kreisvorsitzender
des DGB, begrüßte die Teilnehmer und führte in die
Podiumsdiskussion ein, indem er seine, und damit die Vorstellung des
DGB in den Raum stellte: „Wir alle verdienen finanzielle Sicherheit
im Alter. Wir wollen eine Rente, die zum Leben reicht und Altersarmut
vermeidet.“ Dazu gehören nach seinen Worten gute Löhne, gute
Arbeit statt Rente mit 67. Und schließlich wollen wir auch in
Zukunft gute Renten. Damit leitete er über zu Klaus Schüller, der
den Impulsvortrag hielt.
Dabei beschränkte der sich nicht nur auf
die Rolle des Impulsgebers, sondern stieg auch richtig ins Thema ein,
mitunter mit emotionaler Betonung. Er ließ die Entwicklung der
Renten seit 1952 Revue passieren und schilderte anschaulich die
seitdem eingetretenen Veränderungen mit ihren Auswirkungen auf die
Arbeitnehmer, vor allen die älteren, die er teilweise bis ins Detail
genau darstellte, mitunter recht emotional. Und Emotionalität
bestimmte später auch die meisten Diskussionsbeiträge aus dem
Plenum, denen seitens der Politiker am Podiumstisch durchweg sachlich
begegnet wurde. Dabei erwies sich vor allem Manfred Grund als
meistbeanspruchter Ansprechpartner, einfach begründet durch seine
langjährige Zugehörigkeit zu Regierungskoalitionen seiner Partei,
vom Moderator deshalb als „alten Hasen“ vorgestellt.
Nach Schüller also kamen die Politiker
zu Wort, zunächst Manfred Grund, der seine Ausführungen mit Hinweis
begann, dass Statistik für die Politik das ist, was für den
Betrunkenen der Laternenpfahl ist. Man kann sich hervorragend daran
festhalten, bekommt aber keine Erleuchtung. Um mit dem Hinweis
fortzufahren, dass es derzeit in der Bundesrepublik 30 Millionen
Arbeitnehmer gibt, die in die Versicherung einzahlen. Und
demgegenüber etwa 15 Millionen denen eine Rente gezahlt wird. Bis
2020 werden es 4
Millionen weniger sein, die einzahlen, und über
sechs Millionen mehr, die mit über 65 in Rente gehen. Und das
bedeutet, dass dann auf einen Erwerbstätigen, der einzahlt, ein
Rentner kommt, für den er aufkommen muss. Wäre die Rente wie früher
bei 70 Prozent geblieben, wie es vor 20 Jahren der Fall war, müsste
sich der Rentenbeitrag verdoppeln. Grund bemerkte dabei, dass es sich
um ein überspitztes Beispiel handelt, das aber den Trend erkennen
lässt. Schon damit zeigte sich Grund als Kenner der Materie, die er
nun weiter entwickelte. Er wies darauf hin, dass gerade an diesem 8.
Juli der Tag ist, bis zu dem ein Arbeitnehmer im Jahr arbeiten muss,
um dem Staat durch Steuern das zu geben, was dieser umverteilen kann
und muss. Und die Entwicklung bei Beibehaltung der Rentenhöhe dazu
führen würde, dass Arbeitnehmer – also die jüngeren Menschen –
immer länger für den Staat und die Gesellschaft arbeiten müssen,
um diese Leistungen zu erbringen. Grund bezweifelt, ob das junge
Menschen lange mitmachen würden. Es müssen also gangbare Lösungen
gefunden werden, für die sich Grund für seine Partei auch für
offen hält.
Nach Manfred Grund kam Carmen Listemann
zu Wort. Sie verwies auf den letzten Parteitagsbeschluss, nach dem
das Rentenalter mit 67 ausgesetzt wird. Und zwar so lange, bis
mindestens 50% der 60 – 64Jährigen sozialvesicherungspflichtig
beschäftigt sind. Für sie geht es also zunächst um die älteren
Arbeitnehmer, die mit ihren Erfahrungen den Unternehmen noch gute
Leistungen bringen können. Listemann zeigte Unverständnis für die
wiederholten Absenkungen der Versicherungsbeiträge, statt sie als
Demografievorsorge in der Rentenkasse zu belassen. Es geht hierbei
um die Tatsache, dass Gelder heutzutage nicht gewinnbringend
angelegt werden können, aufgrund des niedrigen Zinssatzes. Listemann
räumte bei diesem Problemkomplex ein, dass in der großen
Koalition mit der Agenda 20/10 manches eingeführt wurde, das sie
nicht für richtig hält und sie selbst vor Mitgliedschaftsprobleme
in ihrer Partei stellte, die damals zu zerbrechen drohte. Mit dem
Programm, wie es jetzt steht, zu dem ein gesetzlicher
flächendeckender Mindestlohn von 8.50 Euro gehört, der zu einer
späteren höheren Rente führt, hält sie ihre Partei auf einem
guten Weg, den sie deshalb auch aus Überzeugung vertritt
Für die LINKE, so war nach Carmen
Listemann von der Kreisvorsitzenden im Eichsfeldkreis, Sigrid
Hupach, zu hören, ist die Rente mit 67 nicht akzeptabel und müsse
zurückgenommen werden. Ansonsten meinte sie, vordringlich stünde
eine Rentenangleichung als dringend notwendig an, denn 23 Jahre nach
der Wende gäbe es eigentlich keinen Grund mehr, diese
Unterschiedlichkeit weiter beizubehalten. Auch die Rechte der
Ostfrauen müssten nach dieser Zeit
endlich berücksichtigt werden.
Finanziert durch eine paritätische Beteiligung von Arbeitnehmern und
Arbeitgebern, durch gesetzliche Mindestlöhne von zunächst 10 Euro.
Nach dem Beitrag des Vertreters der
Piratenpartei, dem ein Grundeinkommen für jeden Bürger gleich
welchen Alters vorschwebt, begann sich eine Diskussion zu entwickeln,
in der es zum Teil recht emotional zuging, bei dem die Forderung nach
Angleichung der Renten im Vordergrund stand. Auf sie näher
einzugehen versage ich mir, weil das ein reines Ostproblem ist, zu
dem sich der Rentenberater des DGB, Gerd Kummer zu Wort meldete, der
während seines Diskussionsbeitrags sogar noch durch Zwischenrufe
unterbrochen wurde und erbost reagierte, nachdem doch gerade er dabei
war, die Interessen der Ostrentner darzustellen und zu vertreten. Das
Problem scheint noch lange die Politik zu begleiten, die mehrfach zum
Handeln bei der Gesetzgebung aufgefordert wurde. Bei der sogar Carmen
Listemann Besonnenheit anmahnte, hätten die Arbeitgeber doch bisher –
und auch bei den bereits eingeführten Mindestlöhnen - immer wieder
Lücken in den gesetzlichen Vorgaben gefunden, um sie zu umgehen.
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