Ich
erinnere mich angesichts der aus den Ländern des Nahen Osten
berichteten Vorgängen wieder einmal an den Vortrag von Professor Dr.
Ekkehard Schulz vom Orientalischen Institut der Universität Leipzig,
den er Ende Mai in der Kreissparkasse Nordhausen hielt. Das Thema
lautete: „Der Nahe Osten im Aufbruch – Wohin?“ Und gleich
eingangs seines Vortrags hatte er ausgeführt, dass „derzeit gern
und vermehrt in Nachrichten und Berichten vom „arabischen Frühling“
die Rede ist, während dem die Ereignisse in den meisten arabischen
Ländern von politischen Aufbrüchen in der Region künden.
Frühling,“ so meinte er, „käme zwar mitunter in der Lyrik vor,
im Nahen Osten aber gäbe es eigentlich nur zwei Jahreszeiten;:
Sommer und Winter. Und derzeit könne man sich im Nahen Osten eher im
Winter wähnen, angesichts der dortigen Vorgänge.“Und Ägypten ist
derzeit ein gutes, wenn auch schlimmes Beispiel für den gesamten
Nahen Osten.
Noch
im Februar dieses Jahres veröffentlichte der Orientalist Dr.
Wolfgang Bator (Oranienburg) eine Zwischenbilanz der Entwicklung im
Nahen Osten und stellte dabei die im vergangenen Jahr in Ägypten
stattgefundenen Wahlen nach westlichen Vorbild heraus. Aus denen
Mohammed Morsi,ein ehemaliges Mitglied der Muslim Brotherhood, mit
klarer Mehrheit hervorging. Hunderte westliche Beobachter
bescheinigten, dass die Wahl korrekt und fair verlaufen sei. Bator
führte dazu aus, dass deshalb der Entwicklung Ägyptens dank seines
Bevölkerungspotentials, seiner Größe, seines wirtschaftlichen
Entwicklungsstandes und seiner traditionellen Rolle innerhalb der
arabischen Welt eine Modellrolle zukäme. Heute ist die Situation –
und wohl auch die Einschätzung – in Ägypten eine völlig andere.
Und es scheint, dass die dortigen Unruhen ihre Fortsetzung in den
Nachbarstaaten gefunden haben, denn auch in Tunesien eskaliert die
Lage. Und auch dort gibt es nicht nur ähnliche Auslöser, die
Unruhen setzten sich auch in Lybien fort. Auch von dort werden
Angriffe auf Mitglieder der Muslimbruderschaft gemeldet. Und dabei
passierte dann auch etwas, das die derzeitigen Proteste in ein
anderes Licht rückt, schreibt die „Frankfurter Rundschau:
(Auszug): „Mehr als 1200 Insassen eines Gefängnisses brachen aus.
Unter den Geflohenen waren, so wurde berichtet, einige hochrangige
Vertreter der Regierung Gaddafi. Wie in Tunesien und Ägypten handelt
es sich bei den Unruhen also womöglich nicht nur um den Ausbruch des
berechtigten Volkszorns. Beteiligt ist auch das alte Regime, das mit
aller Macht an einem Comeback arbeitet.“(Ende des Auszugs).
Bezeichnend genug, meint auch „Welt“, der ich aber nichts weiter
entnehmen kann, aus inzwischen bekannten Gründen. Sei noch der Irak
erwähnt, von dem die Tagesschau gestern meldete, dass bei
einer landesweiten Anschlagserie nach Polizei- und Krankenhausangaben
mindestens 60 Menschen getötet worden. Insgesamt seien mindestens 14
Autobomben gezündet worden, hieß es. Die Anschläge seien in
hauptsächlich von Schiiten bewohnten Gegenden in Bagdad, Kut,
Mahmudija und andernorts verübt worden. Auf Syrien muss ich nicht
weiter eingehen, die aktuelle Situation mit ihren schrecklichen
Auswirkungen auf die Zivilbevölkerung sind ja hinreichend bekannt.
Und schließlich sei noch bemerkt, dass zum ersten Mal seit fast drei
Jahren Israelis und Palästinenser wieder an einem Tisch sitzen. Die
Erwartungen allerdings sind gering. Niemand will über konkrete
Verhandlungen sprechen - nur von „Gesprächen über Gespräche“.Und
das soll der arabische, oder auch islamische Frühling sein?
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