Wenn Prof. Dr. Eckart Lange an
die Gründung der Thüringer Landesmusikakademie Sondershausen im
Juni vor genau zehn Jahren zurückdenkt, liegt ihm ein leichtes
Staunen im Gesicht. Die Akademie - das waren leere Räume ohne Möbel
und eine halbe Personalstelle. Die Stadt stellte damals ein Klavier
zur Verfügung.
Geld vom Land gab es zunächst keines. Zehn Jahre
später ist nicht nur der Akademiedirektor überrascht, was aus dem
ehemals kleinen Projekt des Landesmusikrates Thüringen geworden
ist. Statt eines Klavieres stehen den großen und kleinen Musikern
heute unter anderem zehn Flügel und sieben Klaviere in 15 modernen
Übungsräumen zur Verfügung.
Fast ein Jahrzehnt wurde um die
Gründung gekämpft. Seit Mitte der 1990er Jahre hatte der
Landesmusikrat nach einem Standort für eine zentrale Aus- und
Fortbildungsstelle für Laien- und Profimusiker gesucht. In
Sondershausen fanden sie nicht nur hervorragende räumliche
Bedingungen, sondern mit Bürgermeister Joachim Kreyer (CDU) und
Kulturamtsleiter Helmut Köhler auch engagierte Kommunalpolitiker,
die sich mit ganzer Kraft für den Standort einsetzten.
„Ausschlaggebend waren sicher die guten räumlichen Möglichkeiten
im Residenzschloss“, erinnert sich der Bürgermeister. Der Marstall
war für die Thüringer Landesausstellung mit Millionenaufwand
saniert worden. „Für die nordthüringische Kreisstadt sprach auch,
dass es hier rund zehn Konzertsäle für bis zu 1000 Gäste sowie mit
dem Loh-Orchester einen hervorragenden Klangkörper vor Ort gibt“,
sagt Prof. Lange. Wuchern konnten die Sondershäuser auch mit einem
weiteren Pfund – der Ruhe weitab der Metropolen, die Musiker zum
ungestörten Arbeiten benötigen.
Mit finanzieller Unterstützung
von der Stadt und privaten Sponsoren nahm das Projekt in den Jahren
darauf langsam Gestalt an. Nach einem Jahr konnte der erste eigene
Kurs angeboten werden – ein Percussionkurs für Grundschullehrer
und Erzieher. Die Dozentin, Professor Marianne Steffen-Wittek von
der Hochschule für Musik FRANZ LISZT Weimar, hält der Akademie auch
zehn Jahre später weiterhin die Treue. Überhaupt zahlt sich die
enge Bindung von Professor Lange an die Musikhochschule und seine
Arbeit als Präsident des Landesmusikrates positiv auf die Qualität
der Angebote der Akademie aus. Ob Ostercamp der Geiger mit
Professorin Anne-Kathrin Lindig, die Instrumentalkurse für Solo-und
Kammermusik mit Professor Christian Willm Müller oder Chor-Workshops
mit Professor André Schmidt - die Dozentenliste ist hochkarätig.
Heute
stehen auf dem Akademie-Campus fünf Häuser. Neben dem renovierten
Marstall, Wagenhaus und Achteckhaus gehören noch das sanierte
Verwaltungsgebäude und das vor vier Jahren neueröffnete Gästehaus
für maximal 60 Gäste mit eigener Küche zur Landesmusikakademie. 15
Mitarbeiter kümmern sich um die Gäste und die Projekte. Hinzu
kommen fünf Projektleiter, die die Landesjugendensembles betreuen.
2014 stieg die Zahl der Besuchertage erstmals auf über 25.000. Ein
Jahr zuvor waren es rund 18.000. Das Rekordergebnis war möglich,
weil die Zahl der Veranstaltungen überregional und in Sondershausen
stark angestiegen ist.
Über das ganze Jahr hinweg
wechseln sich Kurse, Seminare, Workshops, Wettbewerbe und Konzerte in
bunter Folge ab. „Bei den Kursen sind nach wie vor die Meisterkurse
sowohl im Hinblick auf die musikalische Qualität als auch auf die
Internationalität der Teilnehmer unschlagbar“, resümiert der
Akademiedirektor. Neue Angebote kommen jedes Jahr hinzu. Einmalig in
Thüringen werden Pflegekräfte seit vorigem Jahr als Musikgeragogen
in der musikalischen Bildung von älteren Menschen geschult. Seit
diesem Jahr läuft das von der Bundesvereinigung Kulturelle
Jugendbildung e.V. geförderte Projekt „Singen mit Kindern“ in
zwei Kindertagesstätten in Sondershausen. Bis 2017 sollen noch
weitere Kitas und
Grundschulen davon profitieren. Nach Möglichkeit
soll auch ein „Zentrum für junge Kunst“ entstehen, das die guten
Erfahrungen mit einem Studienaufenthalt für jungen Komponisten
fortsetzt.
Obwohl die Akademie bei der
Zahl der Übernachtungen jetzt an ihre Grenzen stößt, hat der
Akademiedirektor noch viele Ideen für die nächsten Jahre in petto.
Er wünscht sich eine Ausweitung des Angebotes auf neue Zielgruppen.
Denkbar wäre ein Musikfestival für Behinderte, die musikalische
Schulung von Senioren in der Rehabilitation oder die Fortbildung von
Migranten an speziellen Musikinstrumenten. „Die musikalische
Bildung von Kindern und Jugendlichen wird aber immer unser
Schwerpunkt bleiben“, versichert Prof. Lange.
Das Jubiläum ist aber erst
einmal Anlass zum Feiern. Am Samstag, den 27. Juni, ab 14 Uhr, stehen
die Türen der Landesmusikakademie für Besucher, Freunde und
Wegbegleiter weit offen. Im Marstall laden junge Ensembles zum
Zuhören ein. Auftreten werden unter anderem die
Landesschülerbigband, ein Ensemble des Landesjugendchores und ein
Cello-Sextett. In einer Feierstunde um 17 Uhr im Achteckhaus ist
Gelegenheit für eine kleine Rückbesinnung und für ein großes
Dankeschön an Weggefährten und Förderer. Den Abend beschließt ein
Konzert der in der Ukraine sehr bekannten Band Kryhitka, die für
vier Konzerte nach Thüringen geholt wurde.
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