Mittwoch, 17. Juni 2015

Ein Klavier und viele Ideen - Zehn Jahre Thüringer Landesmusikakademie Sondershausen

Ein Bericht von Grit König
Wenn Prof. Dr. Eckart Lange an die Gründung der Thüringer Landesmusikakademie Sondershausen im Juni vor genau zehn Jahren zurückdenkt, liegt ihm ein leichtes Staunen im Gesicht. Die Akademie - das waren leere Räume ohne Möbel und eine halbe Personalstelle. Die Stadt stellte damals ein Klavier zur Verfügung.
Geld vom Land gab es zunächst keines. Zehn Jahre später ist nicht nur der Akademiedirektor überrascht, was aus dem ehemals kleinen Projekt des Landesmusikrates Thüringen geworden ist. Statt eines Klavieres stehen den großen und kleinen Musikern heute unter anderem zehn Flügel und sieben Klaviere in 15 modernen Übungsräumen zur Verfügung.
Fast ein Jahrzehnt wurde um die Gründung gekämpft. Seit Mitte der 1990er Jahre hatte der Landesmusikrat nach einem Standort für eine zentrale Aus- und Fortbildungsstelle für Laien- und Profimusiker gesucht. In Sondershausen fanden sie nicht nur hervorragende räumliche Bedingungen, sondern mit Bürgermeister Joachim Kreyer (CDU) und Kulturamtsleiter Helmut Köhler auch engagierte Kommunalpolitiker, die sich mit ganzer Kraft für den Standort einsetzten. „Ausschlaggebend waren sicher die guten räumlichen Möglichkeiten im Residenzschloss“, erinnert sich der Bürgermeister. Der Marstall war für die Thüringer Landesausstellung mit Millionenaufwand saniert worden. „Für die nordthüringische Kreisstadt sprach auch, dass es hier rund zehn Konzertsäle für bis zu 1000 Gäste sowie mit dem Loh-Orchester einen hervorragenden Klangkörper vor Ort gibt“, sagt Prof. Lange. Wuchern konnten die Sondershäuser auch mit einem weiteren Pfund – der Ruhe weitab der Metropolen, die Musiker zum ungestörten Arbeiten benötigen.
Mit finanzieller Unterstützung von der Stadt und privaten Sponsoren nahm das Projekt in den Jahren darauf langsam Gestalt an. Nach einem Jahr konnte der erste eigene Kurs angeboten werden – ein Percussionkurs für Grundschullehrer und Erzieher. Die Dozentin, Professor Marianne Steffen-Wittek von der Hochschule für Musik FRANZ LISZT Weimar, hält der Akademie auch zehn Jahre später weiterhin die Treue. Überhaupt zahlt sich die enge Bindung von Professor Lange an die Musikhochschule und seine Arbeit als Präsident des Landesmusikrates positiv auf die Qualität der Angebote der Akademie aus. Ob Ostercamp der Geiger mit Professorin Anne-Kathrin Lindig, die Instrumentalkurse für Solo-und Kammermusik mit Professor Christian Willm Müller oder Chor-Workshops mit Professor André Schmidt - die Dozentenliste ist hochkarätig.
Heute stehen auf dem Akademie-Campus fünf Häuser. Neben dem renovierten Marstall, Wagenhaus und Achteckhaus gehören noch das sanierte Verwaltungsgebäude und das vor vier Jahren neueröffnete Gästehaus für maximal 60 Gäste mit eigener Küche zur Landesmusikakademie. 15 Mitarbeiter kümmern sich um die Gäste und die Projekte. Hinzu kommen fünf Projektleiter, die die Landesjugendensembles betreuen. 2014 stieg die Zahl der Besuchertage erstmals auf über 25.000. Ein Jahr zuvor waren es rund 18.000. Das Rekordergebnis war möglich, weil die Zahl der Veranstaltungen überregional und in Sondershausen stark angestiegen ist.
Über das ganze Jahr hinweg wechseln sich Kurse, Seminare, Workshops, Wettbewerbe und Konzerte in bunter Folge ab. „Bei den Kursen sind nach wie vor die Meisterkurse sowohl im Hinblick auf die musikalische Qualität als auch auf die Internationalität der Teilnehmer unschlagbar“, resümiert der Akademiedirektor. Neue Angebote kommen jedes Jahr hinzu. Einmalig in Thüringen werden Pflegekräfte seit vorigem Jahr als Musikgeragogen in der musikalischen Bildung von älteren Menschen geschult. Seit diesem Jahr läuft das von der Bundesvereinigung Kulturelle Jugendbildung e.V. geförderte Projekt „Singen mit Kindern“ in zwei Kindertagesstätten in Sondershausen. Bis 2017 sollen noch weitere Kitas und
Grundschulen davon profitieren. Nach Möglichkeit soll auch ein „Zentrum für junge Kunst“ entstehen, das die guten Erfahrungen mit einem Studienaufenthalt für jungen Komponisten fortsetzt.
Obwohl die Akademie bei der Zahl der Übernachtungen jetzt an ihre Grenzen stößt, hat der Akademiedirektor noch viele Ideen für die nächsten Jahre in petto. Er wünscht sich eine Ausweitung des Angebotes auf neue Zielgruppen. Denkbar wäre ein Musikfestival für Behinderte, die musikalische Schulung von Senioren in der Rehabilitation oder die Fortbildung von Migranten an speziellen Musikinstrumenten. „Die musikalische Bildung von Kindern und Jugendlichen wird aber immer unser Schwerpunkt bleiben“, versichert Prof. Lange.

Das Jubiläum ist aber erst einmal Anlass zum Feiern. Am Samstag, den 27. Juni, ab 14 Uhr, stehen die Türen der Landesmusikakademie für Besucher, Freunde und Wegbegleiter weit offen. Im Marstall laden junge Ensembles zum Zuhören ein. Auftreten werden unter anderem die Landesschülerbigband, ein Ensemble des Landesjugendchores und ein Cello-Sextett. In einer Feierstunde um 17 Uhr im Achteckhaus ist Gelegenheit für eine kleine Rückbesinnung und für ein großes Dankeschön an Weggefährten und Förderer. Den Abend beschließt ein Konzert der in der Ukraine sehr bekannten Band Kryhitka, die für vier Konzerte nach Thüringen geholt wurde.   

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