Wenn man an der gestrigen Vernissage
der Ausstellung Philip Oeser in der Flohburg teilnahm, mag man sich
schon gefragt haben, warum ein Künstler von seiner Bedeutung,
geboren1929 in Nordhausen, (gestorben am
3.
Januar 2013 in Weimar-Taubach) in seiner Geburtsstadt bisher
eigentlich nur einem kleinen Kreis von Kunstinteressenten wirklich
bekannt war. Vor allem die Laudatio von Dr. Cornelie Becker-Lamers
(Weimar), die das Leben des Künstlers in allen ihren Phasen fast bis
ins letzte Detail beschrieb, mit zahlreichen seiner Tagebuchauszügen
bereicherte und sein kreatives künstlerisches Wirken außerordentlich
authentisch und anschaulich würdigte, ließ diese Frage trotzdem -
oder gerade deshalb - unbeantwortet im Raum stehen.
Nun
erinnere ich mich bei dem Versuch, den Verlauf der gestrigen
Vernissage in einen Eintrag zu fassen, an eine Art ausführlichen
Nachruf in der Internetzeitung im Januar vergangenen Jahres (Autorin
ist Heidelore Kneffel) anlässlich des Todes Philip Oesers, in dem es
eingangs hieß (Auszug): „Das ist ein großer Verlust...Deshalb
habe ich mit anderen Kunstfreunden bedauert, dass man bis heute im
Kunsthaus in Nordhausen keine Ausstellung von ihm zeigte (Ende des
Auszugs). Der Bericht, den ich „als eine Art ausführlichen
Nachruf“ bezeichne und Philip Oeser als Mensch und Künstler
beschreibt, schließt wie folgt: „Letztendlich wird Weimar sein
Wohn- und Arbeitssitz, wo er sich 2000 mit seiner zweiten Frau ein
Haus in Weimar-Taubach baut, in dem er bis zuletzt lebte und trotz
krankheitsbedingter Einschränkung weiter an seiner hochsensiblen
Druckgrafik arbeitete.“
Dieser
Bericht barg eine ganze Anzahl Anregungen zu recherchieren und zu
hinterfragen, warum zum Beispiel Philip Oeser in Nordhausen eben nur
einem kleinen Kreis Kunstinteressierter bekannt war und warum er auch
im Kunsthaus 2013 keine Ausstellungsmöglichkeit erhielt. Es geschah
indessen nichts, die Internetzeitung beließ es bei diesem Beitrag
Heidelore Kneffels und wer mehr von Philip Oeser und seiner Kunst
erfahren wollte, musste zumindest nach Limlingerode, eher aber noch
nach Erfurt oder Weimar reisen. Wer aber wollte das schon? Der Mensch
und Künstler Oeser blieb in Nordhausen jedenfalls weiter weitgehend
unbekannt, wie auch die Gründe den als Helmut Müller Getauften
bewogen, 1965 den Pseudonym Philip Oeser anzunehmen.
Heute
erhielt ich einen Vorschaubericht des Vorsitzenden des Meyenburg
Fördervereins Dr. Wolfgang Pientka zur Ausstellung Gerd Mackensen ab
07. Juni im Kunsthaus Meyenburg. Dort lautet die Titelzeile: „Gerd
Mackensen ,abtrünnig' “ Und einleitend (Auszug): „ Wenn
man einen Künstler wie Gerd Mackensen nun schon 50 Jahre kennt und
davon auch noch eine Zeitlang ihm ganz nahe war und ist, dann kommen
einem Gedanken und Erinnerungen verschiedenster Art, wenn man in der
Presse liest, dass ab Freitag dieser Woche Werke eines ‚abtrünnigen‘
Nordhäuser Künstlers zu sehen sind…Sicher, hier ist sein Umzug
nach Sondershausen gemeint, aber künstlerisch war und ist Gerd
Mackensen nie abtrünnig gewesen.“(Ende des Auszugs).
Gerade
letzteres scheint bei Philip Oeser nicht der Fall gewesen zu sein.
Man mag mir deshalb diesen Einschub nachsehen, der mich damit zwar
nicht künstlerisch, wohl aber den äußeren Umständen nach einer
Antwort auf die eingangs gestellte unbeantwortete Frage näher
bringt.
Und
nun also zurück zur gestrigen Vernissage: Begrüßt wurden die
zahlreichen Teilnehmer von der Leiterin der Flohburg, Dr, Cornelia
Klose, die dabei vor allem Dr. Renate Müller-Krumbach, der zweiten
Frau Oesers, und Heidelore Kneffel als Kuratorin der Ausstellung
dafür dankte, dass sie sich für das Zustandekommen dieser
Ausstellung einsetzten. Wie sie auch allen dankte, die durch
Leihgaben, Spenden und Sponsoring die Ausstellung überhaupt
ermöglichten. Nachdem sie zum Thema der Ausstellung einen kurzen
Überblick gab und als musikalische Umrahmung der Ausstellung das
Flötenquartett mit Anne Gründel, Andrea Rose, Hildegard Seidel und
Petra Wetzel vorstellte, bat sie Oberbürgermeister Dr. Klaus Zeh um
sein Grußwort.
Auch
er begrüßte und dankte den schon Genannten und ebenfalls seiner
Beigeordneten Hannelore Haase, Dr. Cornelie Becker-Lamers als
Laudatorin, um dann wörtlich (nach Mitschnitt) auszuführen: „Sie
wissen, Nordhausen ist reich an Geschichte und hat viele Kunstschätze
die man aufbewahrt in einer Schatztruhe. Unsere Schatztruhe ist die
Flohburg, sie enthält – wie man so schön sagt – viele Juwelen,
die glitzern und funkeln auch in allen Ecken, die ich bisher so gar
nicht wahrgenommen habeund jetzt in diesem Museum sehr schön
präsentiert sind. Ich sage das deshalb so grundsätzlich, weil ich
jedesmal überrascht bin. Heute, kann man sagen, ist ein Juwel
dazugekommen, in dieser Schatztruhe, man könnte auch sagen ein
Brillant, das sind die Werte von Philip Oeser und seiner Frau Marlies
Müller. Man könnte sagen, sie führten bislang ein unberechtigtes
Schattendasein, nicht ein unberechtigtes Dasein, sondern sie waren
unberechtigt im Schatten der Aufmerksamkeit. Und wir freuen uns
insbesondere, dass wir sie aus diesem Schattendasein befreien können.
Und deswegen möchte ich an dieser Stelle ganz herzlich danken Frau
Kneffel und ihren fleißigen Helfern, die dieses Werk vollbrachten
und - (kurzer Einwurf von Frau Kneffel, dass das Schattendasein nur
lokal gilt) – dieses Schattendasein beenden und das soll natürlich
anders werden. Deshalb Dank an Frau Kneffel, die mit diesem Beitrag
die Stadtgeschichte bereichert.“
Dr.
Zeh bezeichnete in seinem Grußwort als große Ehre, endlich und
erstmals eine Werkschau von Philip Oeser und Marlies Müller im
Nordhausen-Museum präsentieren zu können. Um dann weiter
auszuführen: „ Philip Oeser kann das nicht mehr erleben – leider
– er wäre am 1.Juni, also vor drei (nein 2)Tagen 85 Jahre
geworden. Philip Oeser wurde als Helmut Müller am 1. Juni 1929 in
Nordhausen geboren, er hat die Stadt im Nationalsozialismus erlebt,
er hat das Bombardement in
Nordhausen überstanden und sich an der
Enttrümmerung beteiligt. Besonders wichtig ist sein Mitwirken an der
Kunstschule von Martin Domke. Der Kunstlehrer hatte den Judenturm
gekauft und dann die Kunstschule eingerichtet. Die Kunstschüler
haben zusammen mit dem Meister, wie er immer genannt wurde zu allen
Zeiten, haben geholfen, die Fenster der St, Blasii-Kirche neu zu
gestalten. Bei Domke konnte Helmut Müller seine künstlerische
Begabung gezielt weiter entwickeln, so folgte er Martin Domke und
ging 1949 gemeinsam mit Marlies Pape zum Studium nach Weimar und
später nach Berlin. Nach dem dramatischen Tod seiner Ehefrau Marlies
kam er zurück in seine Geburtsstadt. Der Künstler Philip Oeser
sagt: Nordhausen ist mein Combray,
nach
dem Romanzyklus von Marcel Proust: „Auf der Suche nach der
verlorenen Zeit“ (führte das weiter aus). Auch Philip Oeser
verbindet Nordhausen mit sehr unterschiedlichen Kindheits- und
Jugenderinnerungen. Die Ausstellung präsentiert jetzt zum ersten Mal
Arbeiten, die einen Bezug zu seiner Geburtsstadt haben und die in
dieser Zusammenstellung noch nie der Öffentlichkeit vorgestellt
wurden. Erstmalig werden daneben künstlerische Arbeiten der ersten
Ehefrau des Künstlers, Marlies Müller, gezeigt. Helmut Müller
findet seine Kraft wieder, geht nach Erfurt, später nach Weimar, wo
sich sein Leben am 3. Januar 2013 vollendet. Philip Oeser war ein
sehr sensibler Mensch zeit seines Lebens der im Elternhaus
anerzogenen Grundhaltung verbunden. Sehr verehrte Damen und Herren,
ich danke all jenen, die in den letzten Wochen recherchiert, Bilder
gerahmt und gehangen haben für ihr Wirken...zur Ehre unserer Stadt.
Ich bedanke mich bei allen, die hierhergekommen sind, ich wünsche
der Ausstellung viele Besucher und eine große Resonanz für ihr
Bemühen. Vielen Dank.“
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen