Sonntag, 8. Juni 2014

Jedes Werk von Mackensen ist einzigartig

Besser kann ich meinen Eintrag über die Ausstellung „Tiefgrün bis zartbitter“des Künstlers Gerd Mackensen nicht überschreiben, die am Freitag mit einer beeindruckenden Vernissage eröffnet wurde. Es ist eine markante Feststellung aus der Laudatio der Kunsthistorikerin und Leiterin des Kunsthauses Meyenburg, Susanne Hinsching, die sie im Rahmen dieser Vernissage hielt.

Zu der viele Gäste gekommen waren – ich schrieb gestern darüber – und die nach einen musikalischen Auftakt des Posaunisten und Flötisten Günter Heinz vom Nordhäuser Oberbürgermeister Dr. Klaus Zeh eröffnet wurde. Ungewöhnlich auch das, nach der recht ungewöhnlichen „Geräusch“-Musik des Virtuosen
Heinz, denn wann eröffnet schon ein Oberbürgermeister eine Kunstausstellung!? Seinen frei gesprochenen Ausführungen war zu entnehmen, dass seine Verbindung zu Gerd Mackensen nicht nur in dessen Eigenschaft als Künstler besteht, sondern auch in gewisser verwandtschaftlicher Hinsicht. Entsprechend freundschaftlich und verbindlich fiel seine Einführung aus. Und schon deshalb sollte man darüber weggehört haben, dass es da einige „Ausrutscher“ gab, die eigentlich etwas verwunderten (etwa die Erwähnung des „Heinrich“-Mann-Klub statt „Thomas“-Mann-Klub).

Nach der so gearteten Einführung ließ Kunsthistorikerin
Susanne Hinsching auch ihrerseits wissen, dass ihre künstlerisch motivierte Bekanntschaft mit Gerd Mackensen weit zurückreicht, nämlich bis ins Jahr 1987, als sie als Praktikantin beim Kulturamt des damaligen Rates des Kreises tätig war. Und Gerd Mackensen, gemeinsam mit Klaus-Dieter Kerwitz, ein großes Wandbild für den Ratssaal schuf. „Und schon damals hat mich seine Kunst fasziniert!“ Und das tut sie immer noch!

Eine Faszination, die sie mit ihrer Laudatio ihren Zuhörern offerierte und gleich eingangs feststellte, sein Stil sei so vielseitig und sein Formenvokabular würde
von realistisch bis abstrakt reichen. Und dann führte sie weiter aus: „Eigentlich muss man seine Werke selbst anschauen! Es gibt auf allen Werken so unglaublich viel zu sehen, zu entdecken, zu ergründen, zu erfühlen. Jedes Werk ist voll von Energie, die aus seinen Formen, Farben und Linien entspringt.“ Um im weiteren Verlauf mit ihren Erläuterungen quasi dieses empfohlene Anschauen konkret anzuregen und das Verstehen zu erleichtern. Mitschnitt:

„In dieser Ausstellung...gibt es 3 thematische Schwerpunkte. Landschaft, Erotik, Abstraktes. Es ist keine Retrospektive...die meisten Werke sind in den
letzten beiden Jahren entstanden. Trotzdem bilden die Themen dieser Ausstellung auch die Schwerpunkte im gesamten Schaffen von Gerd Mackensen, das er seit über 40 Jahren mit großer Intensität und Leidenschaft betreibt.“

Meine erste Begegnung mit Gerd Mackensen datiert aus 1994, vorgestellt vom damaligen Polizeidirektor Wolfgang Ruske, anlässlich einer Ausstellung des Künstlers, die -zusammen mit seinem Kollegen Heinz Scharr - in der Polizeidirektion Nordhausen stattfand. Man begegnete sich seitdem des öfteren bei Ausstellungen des Künstlers und die dabei gehörten Laudatien brachten mir die Kunst Mackensens zunehmend näher. Trotzdem waren die Ausführungen Susanne Hinschings am Freitag für mich schon durch ihre Systematik wichtig. Der Mitschnitt half mir gestern beim Rundgang durch die Ausstellung und der folgende Ausdruck einzelner Teile – zusammen mit Bildbeispielen – könnte auch den einen und anderen Besucher der Ausstellung ebenso
helfen:

„Da sind zum einen seine „Landschaften“, in diesen zeigt der Künstler manchmal starke Farkontraste und versetzt seine Motive damit in besondere Stimmungen. Das intensive kühle Blau im Kontrast zu Weiß erzeugt eine Sehnsucht nach dem Meer und das Rot über den schwarzen Häusersilhouetten taucht die Stadt z.B. in eine abendliche Stimmung. Mackensen beherrscht die Farben auf besondere Weise, er kombiniert manchmal Töne, die auf dem Farbkreis eigentlich nicht direkt zusammenpassen und erzeugt dadurch sowohl ekstatische Spannung als auch melancholische Ruhe...

Immer wieder nimmt Mackensen in seinen Werken auf seine Heimat Bezug, also Nordhausen, wo er 1949 geboren wurde, und Sondershausen, wo er seit 2008 wohnt und arbeitet. So finden wir in den Bildern z.B. die Kirchtürme von St. Blasii oder
die Villa Hohenrode wieder. Die Kontraste zwischen Mackensens schwarzen Strichen und Linien und den kräftigen Farben verleihen seinen Werken ihre Unverkennbarkeit.
Seine kleinen, auf Fotos gemalten Landschaften aus Acryl faszinieren den Betrachter durch die bewegte Stimmung oder der stimmungsvollen Bewegung, die der Künstler gekonnt auf das kleine Format bannt...“

Dann ist da der von der Laudatorin zweitgenannte Schwerpunkt der Ausstellung: die Erotik: Die „Nackten“ nennt Mackensen seine erotischen Bilder, zu denen Susanne Hinsching ausführt: „Das Motiv „Frau“ beschäftigt Mackensen schon sehr lange und immer wieder gern. Der Künstler stellt die Frau, die nie wirklich nackt ist, in den unterschiedlichsten Posen und Perspektiven dar und schafft reizvolle Ein- und Ausblicke. Der Künstler zeigt Frauen in den unterschiedlichsten Stimmungen, in intimen Situationen, lasziv, häufig in sich gekehrt und den Blick aber nur
selten auf den Betrachter gerichtet. Ihnen gemeinsam ist, dass das Motiv nie langweilig wird, denn der Künstler schafft es, immer eine knisternde Spannung aufzubauen, die dann auch auf den Betrachter überspringt. Dies geschieht sowohl in den gegenständlicheren Werken, wie zum Beispiel „Die Schwimmerin“, als auch in den abstrahierten Arbeiten. Seine erotischen Pastelle zeichnen sich durch eine dezente Farbgebung und weiche, fließende Formen aus und lassen damit eine ganz besondere Nähe zu.“

Hier kann ich mich darauf beschränken, die Beschreibung der Laudatorin bei meinem Besuch der Ausstellung bestätigt gefunden zu haben. Ich verhehle nicht, Sinn für Erotik zu haben. Nicht für plumpe geschmacklose, sexuell aufreizende Abbildungen von Frauen, sondern dezent und ästhetisch dargestellt, genau wie von Susanne Hinsching umrissen.

Und dann sind da noch die abstrakten Arbeiten des Künstlers, die emotional ganz anders auf den Betrachter wirken. Und überhaupt erst auf den zweiten Blick erotische Details erkennen lassen, manchmal gemalt, manchmal auch als Fotocollagen integriert. Die in den oberen Räumen platzierten Bilder regen auf recht dezente, aber konzentrierte Weise zur Entdeckung an.

Dagegen strotzen seine abstrakten großformatigen Gemälde vor überschäumender Energie. Bei ihnen gibt es nichts zu entdecken, nötig und gefragt ist bei ihnen die distanzierte Betrachtung und die Wirkung, die sie durch Art und/oder Farben auf mich als Betrachter
auszuüben vermögen. Die Kunsthistorikerin erklärt, dass diese großformatigen Gemälde vor allem durch die Farbe und Art und Weise leben, wie der Künstler damit umgeht: „Hier zeigt sich wieder die Freude des Malers am Experiment. Jede Farbe hat dabei ihre ganz eigene Wirkung. Die Farben – Rot, Blau, Weiß, Grün oder Gelb – werden solange gestrichen, getropft oder verwischt, bis das gewollte Ergebnis erreicht und die beabsichtigte Wirkung erzielt sind. (Es ist dann dem Betrachter überlassen, ob oder dass auch er diese Wirkung empfindet.)

Mackensens Kompositionen sind stets ausgewogen, harmonisch und trotzdem kraftvoll und expressiv. Dieses erreicht der Künstler dadurch, dass er in seine harmonische Komposition bewusst einen kleinen Kontrapunkt setzt – ein gelber oder weißer Klecks, eine rote Fahne und ähnliches, der die Harmonie stört und damit die Spannung erzeugt.

Die Titel, die bei Mackensen stets phantasiereich sind und auch die Wortgewandtheit des Künstlers zeigen, geben dem Betrachter die Richtung vor, ohne sich festzulegen. Wir – als Betrachter – haben dann die Wahl, uns entweder an dem vom Künstler gegebenen Titel zu orientieren und zu folgen, oder ganz eigene Assoziationen aufzubauen.

Dazu regt die Laudatorin an, sich mit ihren Ausführungen einzulassen auf die Kunst: schauen, schauen und nochmals schauen. Dann würden sich die Farben zu Formen bilden und die Formen Konturen erhalten. Dann würde man plötzlich menschliche
Figuren, Hunde und Katzen, eine deutsche Fahne entdecken, die noch ein bisschen DDR-Vergangenheit zeigt, und natürlich eine vielschichtige Gestalt Friedrich II. Mit Krone, eine der Lieblingsfiguren von Mackensen.
Bei dem Gemälde „Der Zauberberg“ aus dem Jahr 2013, taucht der Künstler das dunkle Bergmassiv in einen Zauber aus Farben und zeigt damit, wie aus der Bedrohlichkeit die schönsten Farben des Lebens wachsen können.

Soweit die Laudatio der Kunsthistorikerin Susanne
Hinsching, die sie mit der Empfehlung beschloss, die Kunstwerke Mackensens zu sehen, zu erleben, zu fühlen und natürlich auch zu genießen. Also das, was ich anhand der Laudatio inzwischen schon mal getan habe. Und nachhaltig beeindruckt wurde.


Jetzt wollte ich noch das, was Mackensen im Anschluss zu seiner eigenen Kunst und Motivation ausführte, wiedergeben, muss aber unterbrechen angesichts seiner Bilder der Insel Rügen, die Mackensen offenbar gern als Motiv wählt. Ich kenne Rügen nicht, sehe aber im Fernsehprogramm, dass im MDR ein Film dieser Insel gezeigt wird. Und den möchte ich mir ansehen, angeregt durch die Bilder des Künstlers. Auf seine Ausführungen gehe ich später noch ein.

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