Samstag, 21. Juni 2014

Nordhausen, deine benachbarten Naturdenkmale

Unter dem Titel „Gehege wird Kulturdenkmal“ berichtete die „Nordhäuser Allgemeine“ am 6. Juni über die Absicht des Thüringer Denkmalamtes, das Nordhäuser Gehege als Denkmal auszuweisen. „Wie der benachbarte Park Hohenrode...“ heißt es einleitend in dem Bericht. Nun kann und will ich diese Absicht des Denkmalamtes nicht kommentieren (das überlasse ich Leuten mit mehr Sachverstand), ich versuche lediglich, mir diese beiden „benachbarten“ Objekte vorzustellen, die ich ja erst nach der Wende kennenlernte. Damals pulsierte im Gehege das Leben, die Gaststätten waren gut besucht (aus einer wurde ich sogar mal wegen Reklamierens der Kühlschranktemperatur des servierten Rotweins hinausgeworfen) und der damalige Bürgermeister Klaus Walbuhl machte sich um den
Gehegeplatz, die Tonhallen und die Wege dahin verdient. Das Gehege war beliebtes Ausflugsziel der Nordhäuser Bürger

Der Park Hohenrode dagegen befand sich zur gleichen Zeit in einem weitgehend vernachlässigten Zustand, die Bauwerke in einem desolatem Zustand und die Stadt war offensichtlich unschlüssig, was dort weiter geschehen soll. (Der Stadtpark war vordringlich)

Die Situation im Gehege verschlechterte sich allmählich, mit der Gastronomie ging es – bis auf Ausnahmen – bergab und Veranstaltungen auf dem Gehegeplatz wurden seltener. Wenn zum gerade stattgefundenen Rolandfest das Gehege überhaupt unberücksichtigt blieb, ist das schon bezeichnend.

Rettung für den Park Hohenrode kam schließlich durch privates Engagement, das sogar in einem Bericht der Stiftung Deutscher Denkmalschutz ausführlich gewürdigt wurde. Danach
gründeten 2005 auf Initiative Gisela Hartmanns 34 Nordhäuser den Förderverein. 2010 errichteten einige Mitglieder sowie zwei weitere Stifter die rechtsfähige Bürgerstiftung, um den Park Hohenrode von der Erbengemeinschaft für 150.000 Euro kaufen zu können. Dass einer der Stifter dieser Institution Andreas Lesser war, seit 2004 Ehrenbürger der Stadt Nordhausen, geht sicher ebenfalls auf Anregung Gisela Hartmanns zurück. Und reiht sich damit ein in das vielseitige Engagement Lessers in und um Nordhausen.
Nach dem Kauf ging man mit vereinten Kräften, u.a. mit fünf von der Nordhäuser Arbeitsagentur vermittelten Bürgerarbeitern, zehn Bundesfreiwilligendienstlern, vielen ehrenamtlich Mitwirkenden, sowie dem Beistand von Pflanzenexperten, an die Wiederherstellung eines kultivierten Parkes. Seitdem wird gepflegt, Totholz beseitigt, Baumkronen geschnitten und die Wege freigehalten, damit die originale Struktur wieder ersteht und erhalten bleibt. Allein die großflächige Beseitigung der wuchernden, giftigen Herkulesstaude hat die letzten zwei Jahre in Anspruch genommen. Hätte allerdings Gisela Hartmann damals nicht die Initiative ergriffen und das alles in die Wege geleitet, und würde sie nicht permanent Regie führen, wäre der Park Hohenrode heute nicht das, was inzwischen aus ihm geworden
ist.

Für das Gehege fand sich dagegen niemand, der sich bisher, ähnlich einer Gisela Hartmann, für das Areal den Hut aufsetzte. Das Ergebnis ist im Bericht der „Nordhäuser Allgemeine“ beschrieben. Für mich Anlass, das Gehege mal zu durchstreifen.
Ich tat es gestern. Und fand leider bestätigt, was da berichtet wurde. Es ist teilweise schlimm um das Gehege bestellt scheinbar aber auch ohne wirkliche Hoffnung auf Besserung. Das Ausmaß der Schäden und der Vernachlässigung von
Treppen und dem Gelände des der Stadt zugewandten südlichen Teiles scheint so groß, dass abzuwarten bleibt, was die Stadtverwaltung laut Bericht dem Stadtrat im Herbst als Konzept zur Entscheidung vorstellen wird. Darüber allerdings könnte der dem Beethovenring zugewandte nördliche Teil des Geheges eine ähnliche Entwicklung nehmen, dessen Treppen bisher noch in Ordnung scheinen.

Und gleichzeitig einen Übergang zum Park Hohenrode darstellen. Und nachdem ich den über die Jahre vernachlässigten Teil des Geheges „erlebte“, war es geradezu wohltuend, den Park Hohenrode zu durchstreifen. Der sich inzwischen wirklich als gepflegte
Parklandschaft darstellt. Die Verlobungsbrücke bietet sich in einem frischen Weiß, Sanierung und Gestaltung der Villa macht weiter Fortschritte. Vor der Villa traf ich auf Heidelore Kneffel und die Jursas, die offenbar gerade die nächsten Gestaltungsschritte an und in der Villa überlegten. Die Grünflächen sind gemäht, das Totholz und ausgelichtete Astwerk der Bäume durch die „Baumakrobaten“, die in den vergangenen Wochen hier tätig waren, ist geordnet zusammengetragen, die Wege recht gut begehbar. Und
während die Veranstaltungen im Gehege spärlicher werden, nimmt das gesellschaftliche und gastliche Geschehen im Park Hohenrode – vornehmlich im Kutscherhaus - weiter zu. Und engagieren sich Menschen ehrenamtlich für diesen Park und seine weitere positive Entwicklung.


Mein Streifzug endete schließlich im Rosengarten, in dem es in
allen Farben blüht und in dem nur wieder einmal die Frage ersteht, wann wohl der Brunnen wieder sprudelt? Es war ein aufschlussreicher Streifzug durch zwei benachbarte naturnahe Gebiete, als Kulturdenkmale ausgewiesen oder doch vorgesehen, in ihrer derzeitigen Beschaffenheit aber denkbar unterschiedlich.

Nun erhielt ich vorhin eine Mitteilung des Fördervereins Park Hohenrode zum Themen- oder Personenkomplex Lesser, die
ich gern hier anfüge, nachdem ich ja Andreas Lesser bereits als einen der Stifter der Bürgerstiftung Park Hohenrode erwähnte. Und sich im Rosengarten ein Denkmal befindet, das offenbar ebenfalls diesem Personenkreis zuzuordnen ist:

Karen Lesser predigte in Nordhausen

Von 1692 bis 1754 wirkte Friedrich Christian Lesser in Nordhausen.
Geologe, Insektologe, vor allem aber als Theologe war Friedrich Christian
Lesser einer der bedeutendsten Bürger der Stadt Nordhausen in seiner Zeit.
Die Jakobikirche und die Frauenbergkirche waren seine Predigtstätten.
Es war sein Verdienst, das die Jakobikirche von 1745 bis 1749 wieder aufgebaute wurde. Die Jakobi- und die Frauenbergkirche wurden im April 1945 beim verheerenden Bombenangriff auf die Stadt zerstört. Während die Frauenbergkirche, am Fuße des Petersberges, durch Initiative der „ Aktion Sühnezeichen“ nach 1960 wieder aufgebaut und 1983 wieder eingeweiht wurde, wurde der Standort der Jakobikirche zunächst Parkplatz und heute steht an dieser Stelle das St. Jakobhaus.
Die Grabstätte F.C. Lessers liegt unter den Straßenbahngleisen in der
Rautenstrasse.
Der Lesser-Raum in der Frauenbergkirche erinnert ebenfalls an den berühmten Sohn unserer ehemals ehrwürdigen Stadt im Südharz.
Andreas Lesser rief nach der Wende die inzwischen in Thüringen bekannte und anerkannte Lesser-Stiftung ins Leben. Der Sitz der Stiftung ist die Stadt Nordhausen.
Am 12. und 13. Juni 2014 besuchte Pastorin Karen Lesser, München, den Park Hohenrode.
Sie ist Theologin in 8. Generation nach F.C. Lesser.
Am 13. Juni predigte sie in der Frauenbergkirche anlässlich einer Veranstaltung des Fördervereins an der Wirkungsstätte ihres berühmten Vorfahren.
Annelies Lesser, die Mutter von Andreas und Karen Lesser pflanzte zur Landesgartenschau 2004 einen Birnbaum in den Pfarrgarten der Frauenbergkirche. Annelies Lesser übernahm außerdem die Kosten für die Sanierung der Reformatoren-Bank im Stadtpark in Nordhausen.
Das Wirken und das Gestalten durch Menschenhand und Menschenverstand sind der Reichtum von dem unsere Stadt lebt. Das war gestern so und gilt auch heute und morgen.

Gisela Hartmann

Vorsitzende

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