Montag, 16. Juni 2014

Rolandfest: Identifizierung mit der Geschichte der Rolandstadt?

Andreas Lesser, Nordhäuser Ehrenbürger, sorgt sich nach einem Bericht in der „Nordhäuser Allgemeine“ (05.06.) um das Profil und Image der Rolandstadt. Und meint (Zitat): „Bis auf das Rolandfest kommt die Information über die Geschichte der Stadt völlig zu kurz.“(Ende des Zitats)
.
Ich habe während des Rolandfestes nur wenige Veranstaltungen besucht und war deshalb auf die Berichterstattung der lokalen Presse angewiesen bei dem Versuch, zu einem Gesamteindruck dieses Festes zu kommen. Der bestätigen könnte, dass die Geschichte der Stadt hinreichend berücksichtigt worden ist. Stattdessen habe eine Unmenge Fotos gesehen, die mir die Vorstellung eines unterhaltsamen Volksfestes vermittelten. Wollte die Stadt nicht vor einigen Jahren ihr Engagement für das Rolandfest überhaupt aufgeben? Sie hat offensichtlich dazu zurückgefunden. Identifiziert
sie sich aber wieder mit ihm? Und vom Buchhändler Dietrich Rose, diesjähriger „Goldener Roland-Gewinner hieß es gestern in der „Nordhäuser Allgemeine“ zu dessen Verleihung (Zitat): „Unter einem Vorwand hatte man ihn zum Marktplatz gelockt. Denn ein großer Fan von Volksfesten ist Rose nicht. Er lebt mit seinen und für seine Bücher.“ (Ende des Zitats). Der Mann ist mE eine Kapazität in Sachen Literatur und Kultur. Hält er also das Rolandfest für ein ganz normales Volksfest?

Und was tut die Presse, um wenigstens den Anschein zu wecken, dass Andreas Lesser mit dem Rolandfest Recht hat? Außer mit vielen, vielen Bildern zu
berichten? Viele von ihnen vermitteln dabei eher die Vorstellung von Unterhaltung – auch sportlichen - auf den Bühnen, von Sambatänzerinnen und/oder zwei- oder vier-(Motor-)Rädern in der Kranichstraße als von der Geschichte Nordhausens. Immerhin gab es da noch die Rolandgruppe, die bemüht war, den Besuchern des Festes die Vorstellung überkommener Tradition zu vermitteln. Andreas Lesser hat also wohl auch nur deshalb das Rolandfest erwähnt. Ansonsten: „Ort der Vielfalt“ ohne wirkliches Profil. Der Bürger scheint es so zu wollen.

Da aber gab es doch auch noch den „Stadtgottesdienst“
am Sonntagvormittag auf der Theaterbühne, einige wenige Bilder in der „Nordhäuser Allgemeine“ (Bildrechte bei der TA) erinnern daran. Der Gottesdienst war außerordentlich gut besucht und was sich auf der Bühne entwickelte, war ein ausgesprochen buntes Bild und Programm, das einmal mehr eindrucksvoll das Wirken des Pastoren-Ehepaares von Biela und des Kantors Michael Kremzow und seiner Frau Viola erkennen ließ.

Dazu erlaube ich mir schon, aus meiner Sicht zu bemerken, dass ich einen ökumenischen Gottesdienst
wie im vergangenen Jahr erwartet hatte. Tatsächlich war es ein rein evangelischer Gottesdienst. Und wie im Zusammenhang damit zu hören war, war es Dompfarrer Richard Hentrich von seiner Erfurter „Leitstelle“ (bischöflichen Ordinariat) untersagt worden, einen solchen Gottesdienst (mit-) zu gestalten. Anscheinend war schon seine Mitwirkung im vergangenen Jahr auf Kritik gestoßen, weiß man doch, dass Pfarrer Hentrich durchaus offen für Ökumene ist. In einer Weise offenbar, die bei seinen Oberen Unbehagen und Kritik hervorruft. Schon deshalb fand ich bemerkenswert, dass Oberbürgermeister Dr. Klaus Zeh mit seiner Frau an diesem Gottesdienst teilnahm. Und das nicht etwa
auf reservierten Plätzen in der vorderen Reihe, sondern auf der obersten Stufe des Aufgangs zum Theater sitzend (ich komme noch darauf zurück).


Umso klarer und eindrucksvoller kristallisierte sich das Verdienst der genannten Organisatoren bei der Gestaltung dieses Gottesdienstes heraus, der zwar als Stadtgottesdienst angesagt war, aber gleichermaßen die Aufgeschlossenheit und Verbindung der evangelischen Kirche zu den Menschen in aller Welt ausdrückte. Da gab es eine Kindergruppe – wohl der evangelischen Grundschule – geleitet von Pastorin von Biela – die Grüße in allen möglichen Sprachen in alle Welt sandten.
Es gab ein „Vogelstimmenspiel“der Kinder, das die Gemeinschaft der verschiedenen Vogelarten „beschwor“. Und es gab einen Dialog zwischen den Pastoren, dem das Evangelium des Festes „Sorgt euch nicht. . .“ (Matthäus 6.26: Sehet die Vögel des Himmels...)zur Grundlage hatte. Und das alles eindrucksvoll musikalisch sinnig umrahmt von Kirchenliedern (auch Wechselgesang) „Gott mag es bunt“. Viola Kremzow dirigierte hier ein kleines Kantoreiorchester, in dem sich der Kantor virtuos auf verschiedenen Instrumenten zeigte. Was Pastor von Biela in seinem Dialog vorbrachte, wirkte mitunter ebenso mutig wie provokant (Beispiel): „Es mag auch hier unter den Zuhörern bunte Vögel geben...“, das dann von Pastorin von Biela jeweils in den „richtigen“ Kontext gebracht wurde. In dieser Art verlief der Gottesdienst gleichermaßen unterhaltend wie sinnvoll und sinngebend fürs praktische Leben. Und damit lebensnah. Im „Gottlosem“ Osten der Republik ein Hoffnungszeichen, das in dieser Art fortgeführt doch langsam eine Änderung schaffen könnte. Das Rolandfest indessen nahm nach diesem Gottesdienst in der von den Zeitungen vornehmlich bildlich gezeigten Weise seinen Fortgang.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen