Samstag, 21. September 2013

Fehlt es mir an Gelassenheit?

Die Vorstellung überkommt mich, wenn ich mich derzeit morgens auf den Weg durch die schöne Natur um Nordhausen herum mache – und ich betone immer wieder gern, dass ich diese Umgebung wunderschön finde – und gewöhnlich in meinem Kopf einige Themen aus dem öffentlichen Geschehen mitnehme. Um unterwegs zu überlegen, was ich von ihnen halte, wie ich mich dazu positionieren soll und wie ich die Ergebnisse formuliere. Nämlich für den Fall, dass ich sie nach meiner Rückkehr in Texte fassen will. Gleich ob ich die dann hier einstelle, oder lediglich in meinem Archiv unterbringe. Weil es mir ja vornehmlich – und ich betone das immer wieder – um meine geistige Regsamkeit und Beweglichkeit geht. Die ich mir zusammen mit meiner physischen durch's Wandern erhalten möchte. Und wenn ich derzeit auch nur an zwei Themen als Beispiel denke, nämlich die Endphase des Wahlkampfes um die Bundestagswahl, und demgegenüber etwa an den Auftakt des neuen Spielplanes des Theaters Nordhausen, die zwar und natürlich thematisch rein gar nichts miteinander zu tun haben, bleibt mir doch der Eindruck, mir fehle es an Gelassenheit: am 7. September besuchte ich nämlich die Operngala, die mich am Tag danach auf meinem Weg durch die Natur beschäftigte. Das Ergebnis wollte ich in einen Beitrag fassen, mit dem ich dann auch begann. Dann aber kamen mir im Internet die vielen Berichte zur Bundestagswahl in die Quere, die mich ablenkten. Oder eben auf ein anderes Themengleis führten. Und mich seitdem weiter beschäftigen..

Jetzt kommt „Die Hochzeit des Figaro“ dazu, deren Premiere ich gestern besuchte. Über die ich hier meine Eindrücke schildern wollte. Und demgegenüber ist es die Endphase dieses Wahlkampfes, die in den Medien derart dramatisiert worden ist, dass ich mich erneut abgelenkt fühle und mich zumindest unterschwellig damit beschäftige. Obwohl ich mich ja in meiner Absicht schon entschieden hatte. Ist es also Mangel an Gelassenheit, lasse ich mich thematisch zu leicht ablenken oder bin ich im Kopf unflexibler (geworden)?

Aber das vom ZDF vor zwei Tagen veröffentlichte Politbarometer (erstmals in der Woche vor der Wahl und damit kurz vor dem Wahlsonntag) zeigt Schwarz-Gelb mit zusammen 45,5 Prozent zwar weiterhin knapp vor der Opposition von SPD, Grüne und Linken (44,5 Prozent). Und dazu weist die Forschungsgruppe Wahlen darauf hin, dass ein so knapper Vorsprung wegen der statistischen Fehlerbereiche von Umfragen (immerhin bis zu drei Prozent) nicht überbewertet werden dürfe. Union und FDP können aber jedenfalls nicht sicher sein, weiterhin regieren zu können. Die FDP muss sogar um den Einzug in den Bundestag bangen. Wahlforscher sind allerdings der Auffassung, dass ein Politbarometer so kurz vor der Wahl keinen Einfluss auf das Wahlverhalten der Wähler hat, wie vielfach kritisch angemerkt wurde.
Nun bin ich ja zwar in meiner politischen Grundeinstellung durchaus sicher. Trotzdem brachte mich schon das Ergebnis der Wahl in Bayern zum Überlegen (ich schrieb darüber) und diese Prognose des ZDF erst recht. Trotz der Auffassung der Wahlforscher. Es wird im Ergebnis der morgigen Wahl Koalitionen geben. Und ich habe mir (erneut) zu überlegen, welche ich mit meiner Stimme unterstütze. Und ohne meine Überlegungen hier weiter zu erläutern, möchte ich mir nach den morgigen Sonntag sagen können, dass, oder ob ich mit meinen beiden Kreuzchen zu einer dieser zu erwartenden Koalitionen beigetragen oder mitgewirkt habe, sie zu verhindern. Und wer noch nicht wählte – etwa per Briefwahl – könnte ja auch nochmal ins Grübeln kommen.

Und noch eine letzte Bemerkung: im Briefkasten fand ich heute eine „Bild“-Sonderausgabe, wie wohl alle Haushalte in Deutschland auch. Klarheiten bringt sie meines Erachtens nicht (ich hab' ihren Inhalt nicht gelesen). Auf der Titelseite aber wird geradezu verzweifelt an das Wahlvolk appelliert „Ab ins Wahllokal“. Ich denke, derart massive Appelle, die ja auch mehr oder weniger massiv von den Parteien kommen, könnten gerade das Gegenteil bewirken. Etwa als Trotz-Reaktion. Oder aus Sturheit. Es wurde jedenfalls, nach meiner Erinnerung, noch nie seitens der Medien ein derartiges Spektakel um eine Bundestagswahl gemacht wie diesmal. Das sich in seiner Art allerdings nicht sehr unterscheidet etwa von dem Rummel, den die Medien auch sonst inszenieren, wenn es um Vorgänge geht, die möglichst „volkstümlich“ wirken sollen, ob das nun ein Open air ist, ein Terrorakt, oder wie heute das Münchner Oktoberfest. Spektakel scheint mehr und mehr an die Stelle seriöser Medienarbeit und Berichterstattung zu treten. Dann sind mir Erlebnisse und meine Überlegungen, etwa zur „Hochzeit des Figaro“ doch sehr viel lieber.

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