Samstag, 22. März 2014

Manfred Grund: "Kritische Lage"

In seinem jüngsten Mitteilungsbrief schreibt Manfred Grund, Parlamentarischer Geschäftsführer der CDU/CSU-Bundestagsfraktion (Auszug): „Die Vorgänge auf der Krim und in Russland erfüllen uns mit Sorge. Haben wir in Deutschland auch dank der Erfahrungen aus der friedlichen Revolution eine nie gekannte Phase mehrerer Jahrzehnte des friedlichen Zusammenlebens mit unseren Nachbarn erlebt und uns anderen Themen zugewendet, so müssen wir akzeptieren, dass wir der Außenpolitik mehr Augenmerk werden einräumen müssen.(Ende des Auszugs).
Grund schreibt natürlich aus seiner Sicht als kompetenter Politiker, denn wenn ich an die letzten Tage der Karnevalzeit denke, während denen die Spannungen in der Ukraine mehr als Stoff für die Festwägen der Rosemontags-Umzüge genutzt wurden, scheint die Dramatik um Ukraine und Krim in der breiten Öffentlichkeit in Deutschland noch nicht so richtig angekommen zu sein. Und tatsächlich mehr ein Thema für die Politik zu sein. Und wenn Manfred Grund weiter schreibt, dass viele Themen der innenpolitischen Diskussionen angesichts der grundsätzlichen Herausforderungen durch das russische Vorgehen in unserer Nachbarschaft an Bedeutung verlieren, habe ich zumindest hier den Eindruck, dass der Kalivertrag aus der Wendezeit zumindest für die etablierte regionale Tageszeitung größere Bedeutung hat als etwa die Aufnahme der Krim in die russische Staatengemeinschaft. Und daran ändert wohl auch Manfred Grund nichts, wenn er zur Überlegung stellt, ob wir Europäer Russland gewähren lassen, oder ob wir bereit sind, für Sanktionen gegen Russland eigene Nachteile hinzunehmen. Eine Überlegung, von der der Bundespolitiker aus dem Eichsfeld ausdrücklich betont, dass sich diese Überlegungen für jeden Einzelnen von uns stellt.Oder stellen sollte.
Und weil ich ja auch mal etwas spekulieren kann – was ich ja sonst grundsätzlich vermeide – überlege ich unwillkürlich angesichts des Grund-Hinweises auf die friedliche Revolution und deren Erfahrungen (siehe oben) ob es wohl eine solch friedliche Revolution gegeben hätte, wenn es damals an der Spitze der Sowjetunion nicht einen Michail Gorbatschow gegeben hätte, der durch Glasnost und Perestroika die Wiedervereinigung einleitete? Sondern einen Mann von dem Kaliber, der Mentalität und den politischen Führungs- oder Machtwillen eines Wladimir Putin? Und einem möglichen Hilferuf der damaligen SED?

Zugestanden, das sind brotlose Spekulationen. Ich erinnere mich aber auch noch an die Zeit vor dem 1. Oktober 1938 und die Spannung – auch angesichts der tschechischen Bunker- und Befestigungsanlagen fast in Sichtweite – ob es nun eine friedliche Einigung geben würde. Und schließlich dem Einmarsch deutscher Truppen, begeistert empfangen von der deutschen Bevölkerung (siehe meinen Eintrag vom 04. März „Nichts gelernt aus der Geschichte?“). Ich denke, nur wenn man eine solche Situation und Spannung erlebt hat, kann man nachvollziehen, was da in der Ukraine und der Krim derzeit vor sich geht. Aber auch die Reaktion der westlichen Staaten und die Bedenken der Wirtschaft angesichts der angedrohten und eingeleiteten Sanktionen. Und wenn gerade heute die „WELT“ schreibt, Kremlchef Wladimir Putin quittiere die neuen Sanktionen des Westens mit einem Scherz. In Wahrheit aber überlege die Regierung hektisch, wie sie einen drohenden Einbruch der Wirtschaft verhindern kann, dann sind auch das Spekulationen und weniger eine Wahrheit. Richtig dagegen scheint zu sein, dass auch die Politik nur sondieren kann und alles vermeiden muss, was zu einer Eskalation führen kann. Auf beiden Seiten.

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