Als ich Ende Februar die Einladung zur
Ausstellung „Die Kunst ist weiblich“ erhielt, die am 08. März im
Kunsthaus Meyenburg in Nordhausen eröffnet wurde, empfand ich diesen
Titel zunächst als provokant. Der Hinweis allerdings, dass es sich
bei den Bildern, die da gezeigt werden würden, ausschließlich um
Exponate von Künstlerinnen handeln, wirkte besänftigend. Und heute
stelle ich mit Genugtuung fest, dass die Leiterin des Kunsthauses,
Kunsthistorikerin Susanne Hinsching mit dieser Ausstellung und im
Ergebnis der gestrigen „Kunst und Kaffee“-Veranstaltung eine
geschichtliche Problematik bewusst werden ließ, die die Stellung und
Situation von Frauen betrifft, die in der bildenden Kunst stets auch hohes Können zu bieten vermochten,. Und es doch stets denkbar schwer hatten, damit die gebührende Akzeptanz und Anerkennung zu finden.
Situation von Frauen betrifft, die in der bildenden Kunst stets auch hohes Können zu bieten vermochten,. Und es doch stets denkbar schwer hatten, damit die gebührende Akzeptanz und Anerkennung zu finden.
Als kunstinteressierter Mensch freue
ich mich über Ausstellungen guter Kunst, ohne bisher auf den
Gedanken zu gekommen zu sein, dass mit ihren „Verursachern“ ja
auch eine Problematik verbunden sein könnte, die mit deren
Geschlecht zu tun hat. Susanne Hinsching zitierte eingangs ihrer
Laudatio New Yorker Guerilla Girls die 1989 die provokante Frage
stellten: „Müssen Frauen nackt sein, um ins Metropolitan Museum zu
kommen?“ Anlass für diese Frage waren Recherchen, nach denen
weniger als 5 Prozent der Künstler im New Yorker Museum of Modern
Art Frauen waren, 85 Prozent aller ausgestellten Akte dagegen Frauen
sind.
Was den Anteil von Frauen in Aktbildern
betrifft, mag das kaum verwundern. Dass der Anteil an Künstlerinnen
dagegen derart niedrig ist, mag erst dann auffallen, wenn dies
thematisiert wird. Das aber schien dringend notwendig, um bewusst
werden zu lassen, dass es Frauen in der Geschichte der gestaltenden
Kunst (allerdings nicht nur dort) denkbar schwer hatten, Anerkennung
zu finden.
Die Kunsthistorikerin Susanne Hinsching
machte es mit ihrer Laudatio am 8. März gegenüber ihren Zuhörern
ganz grundsätzlich deutlich und erläuterte es gestern in ihrem
Vortrag sehr detailliert anhand einzelner Beispiele, indem sie
einleitend darauf hinwies, dass man bei einem Rückblick in die
Kunstgeschichte nur wenige Namen von Künstlerinnen findet. „Jeder
kennt die großen Künstler der Renaissance Leonardo
da Vinci, Michelangelo, Tintoretto oder Carravaccio. Kaum oder gar nicht bekannt sind dagegen Sofonisba Anguissola (1531-1625), Marietta Robusti (1560-1590 und Artemisia Gentileschi (1593-1653). Alle 3 waren bedeutende Malerinnen des 16./17. Jahrhunderts“, führte Hinsching aus, um sie danach mit zahlreichen weiteren Künstlerinnen in den Focus ihres Vortrags zu rücken (ich werde darauf gelegentlich noch näher eingehen). Wobei sie deutlich machte, dass die Möglichkeiten für Frauen, als Künstlerinnen frei und unabhängig zu schaffen, seit der Renaissance meist eng verknüpft war mit dem allgemeinen Selbstverständnis des Künstlertums und der Gestaltung der Geschlechterrollen in der jeweiligen Gesellschaft. (Wie es ja Frauen ganz allgemein schwer hatten, über ihre elementare Bestimmung als Frau und Mutter hinaus sich in der stets von Männern dominierten Gesellschaft mit ihren Talenten und Ansprüchen verwirklichen zu können.) Aber schon die Zugangsmöglichkeiten zu einer künstlerischen Ausbildung spielten eine wichtige Rolle. Diese Kriterien waren in den einzelnen kunstgeschichtlichen Epochen unterschiedlich und vielfach gegenüber den Möglichkeiten der Männer beträchtlich eingeschränkter und beschwerlicher. So konnten Frauen in Europa bis zum 19. Jahrhundert nur in einem kirchlichen oder höfischen Kontext bzw. der väterlichen Werkstatt eine künstlerische Berufsausbildung absolvieren. Von der akademischen Ausbildung, die ab dem 19. Jh. für die Künstler zunehmend wichtiger wurde, waren sie ausgegrenzt.
da Vinci, Michelangelo, Tintoretto oder Carravaccio. Kaum oder gar nicht bekannt sind dagegen Sofonisba Anguissola (1531-1625), Marietta Robusti (1560-1590 und Artemisia Gentileschi (1593-1653). Alle 3 waren bedeutende Malerinnen des 16./17. Jahrhunderts“, führte Hinsching aus, um sie danach mit zahlreichen weiteren Künstlerinnen in den Focus ihres Vortrags zu rücken (ich werde darauf gelegentlich noch näher eingehen). Wobei sie deutlich machte, dass die Möglichkeiten für Frauen, als Künstlerinnen frei und unabhängig zu schaffen, seit der Renaissance meist eng verknüpft war mit dem allgemeinen Selbstverständnis des Künstlertums und der Gestaltung der Geschlechterrollen in der jeweiligen Gesellschaft. (Wie es ja Frauen ganz allgemein schwer hatten, über ihre elementare Bestimmung als Frau und Mutter hinaus sich in der stets von Männern dominierten Gesellschaft mit ihren Talenten und Ansprüchen verwirklichen zu können.) Aber schon die Zugangsmöglichkeiten zu einer künstlerischen Ausbildung spielten eine wichtige Rolle. Diese Kriterien waren in den einzelnen kunstgeschichtlichen Epochen unterschiedlich und vielfach gegenüber den Möglichkeiten der Männer beträchtlich eingeschränkter und beschwerlicher. So konnten Frauen in Europa bis zum 19. Jahrhundert nur in einem kirchlichen oder höfischen Kontext bzw. der väterlichen Werkstatt eine künstlerische Berufsausbildung absolvieren. Von der akademischen Ausbildung, die ab dem 19. Jh. für die Künstler zunehmend wichtiger wurde, waren sie ausgegrenzt.
Noch um die Wende vom 19. zum 20 Jh.
war auch in Deutschland eine Künstlerexistenz für eine Frau kaum
realisierbar. Stärker als ihre männlichen Kollegen hatten die
Künstlerinnen zu dieser Zeit mit dem Spannungsverhältnis zwischen
beruflichem Selbstverständnis und bürgerlicher Gesellschaft zu
kämpfen, insbesondere eben zu ihrer gesellschaftlich zugeschriebenen
Rolle als Ehefrau und Mutter. Ihre Möglichkeiten der künstlerischen
Ausbildung beschränkten sich vor allem auf eine musisch-ästhetische
Erziehung, wie Zeichnen und Musizieren mit dem Ziel, als Ehefrau die
Repräsentation der Familie nach außen übernehmen zu können.
Davon abgesehen bot Hinsching aber auch
mit Berthe Morisot (1841-1885), Eva Gonzalès (1847-1883) und Mary
Cassatt (1844-1926) mehrere Beispiele von Künstlerinnen, die von
ihren männlichen Kollegen (Claude Monet, Pierre-Auguste Renoir u.a.)
durchaus anerkannt
wurden, damit auch zum engeren Kreis der Impressionistinnen gehörten und gemeinsam Ausstellungen gestalteten.
wurden, damit auch zum engeren Kreis der Impressionistinnen gehörten und gemeinsam Ausstellungen gestalteten.
Mit weiteren Beispielen verdeutlichte
die Kunsthistorikerin die weitere Entwicklung, gekennzeichnet stets
von zeittypischen Schwierigkeiten, in denen Künstlerinnen wie
Camille Claudel (1864-1943) oder Marianne von Werefkin (1860-1938)
faszinierende Kunstwerke schufen.
Unter Berücksichtigung jener
Schwierigkeiten schilderte Hinsching die Bildung von sogenannten
Damenakademien, deren Ursprung ein Verein der Künstlerinnen und
Kunstfreundinnen (1867 in Berlin und München) war. Dass die
Gesellschaft dieser Entwicklung zumindest anfänglich die ernsthafte
Anerkennung verweigerte, lässt sich aus der Betitelung der
Künstlerinnen als „Malweiber“ entnehmen.
Immerhin aber erzielten diese
„Malweiber“ doch schon dadurch Erfolg, dass sie in der
öffentlichen Wahrnehmung „angekommen“ waren. Dann aber setzten
in Europa, und vor allem in Deutschland und Österreich zu Beginn der
1930er Jahre die Nationalsozialisten nach ihrer Machtergreifung die
Künstlerinnen unter Druck, die dem damaligen Kunstideal nicht
entsprachen. Werke wie die von Paula Modersohn-Becker oder Elfriede
Lohse-Wächter wurden als „entartet“ diffamiert. Im Zuge dessen
wurden Künstlerinnen, die dem nationalsozialistischen Kunst- Diktat
nicht entsprachen, auch aus den Künstlervereinigungen ausgeschlossen
und erhielten Ausstellungsverbot. Elfriede Lohse-Wächter schließlich
wurde gar als Behinderte stigmatisiert und in der Heil- und
Pflegeanstalt Pirna-Sonnenstein getötet. Aber selbst nach Kriegsende
war für Frauen die Fortsetzung bzw. Wiederaufnahme der
künstlerischen Tätigkeit ausgesprochen schwierig. Und erst seit den
1960er Jahren werden die eigentlich künstlerische Leistung von
Frauen und deren gesellschaftliche Situation im geschichtlichen
Zusammenhang erkannt, dargestellt und gewürdigt.
Susanne Hinsching belegte ihre
Ausführungen weiter jeweils mit Einzelnamen und Beispielen von
Künstlerinnen, zu deren bekanntesten sicher Niki de Saint Phalle
(1930-2002) gehört, deren seit 1965 entstandenen sogenannten „Nanas“
- überdomensionale, ironisch-amüsante, farbintensive Plastiken –
weltweit berühmt sind. Sie gehörte zur 1960 gegründeten
Künstlergruppe der Nouveneaux Rèalistes, mit Daniel Spoerri, Jean
Tinguely und anderen.
Künstlerinnen also hatten es im
Geschichtsbild immer schwerer, mit ihren Leistungen Anerkennung zu
finden. Zwar zeigt gegenwärtig ein Blick in Kunsthochschulen und
-akademien (Burg Giebichenstein ist ein Beispiel) dass Frauen
teilweise sogar die Mehrheit der Studierenden bilden. Trotzdem: in
den großen Museen und bedeutenden Galerien sind sie weiter
unterrepräsentiert. Eine Untersuchung zur
Frauenrepräsentanz in Düsseldorfer Kunstinstitutionen zeigte 1999 ein interessantes Ergebnis: die Düsseldorfer Kunsthalle präsentierte in den letzten 30 Jahren 167 Einzelausstellungen von Männern und nur 8 Einzelausstellungen von Frauen. Das Museum Frieder Burda nennt auf seiner Künstlerliste 77 Künstler und 7 Künstlerinnen. Und der deutsche Kulturrat stellte fest, dass in Deutschland im Zeitraum von 1995-200 bei staatlichen Ankäufen nur 1 von 3 Kunstwerken, die von den Bundesländern angekauft worden sind, von einer Frau geschaffen wurden. Und dass die Kunst von Männern durchschnittlich um etwa 10 Prozent teurer gehandelt wurde.
Frauenrepräsentanz in Düsseldorfer Kunstinstitutionen zeigte 1999 ein interessantes Ergebnis: die Düsseldorfer Kunsthalle präsentierte in den letzten 30 Jahren 167 Einzelausstellungen von Männern und nur 8 Einzelausstellungen von Frauen. Das Museum Frieder Burda nennt auf seiner Künstlerliste 77 Künstler und 7 Künstlerinnen. Und der deutsche Kulturrat stellte fest, dass in Deutschland im Zeitraum von 1995-200 bei staatlichen Ankäufen nur 1 von 3 Kunstwerken, die von den Bundesländern angekauft worden sind, von einer Frau geschaffen wurden. Und dass die Kunst von Männern durchschnittlich um etwa 10 Prozent teurer gehandelt wurde.
Susanne Hinsching referierte als
Kunsthistorikerin und Leiterin des Kunsthauses Meyenburg. Kein Wunder
deshalb, dass sie den Blick im lokalen Bereich schweifen ließ und
dabei bei der Galerie der Kreissparkasse Nordhausen verweilte. Mit
dem Ergebnis, dass diese in den
zwanzig Jahren ihres Bestehens ebenso vielen Künstlerinnen wie Künstlern Gelegenheit bot, ihre Bilder in Ausstellungen zu präsentieren. Und in der Reflexion auf ihr eigenes Kunsthaus mit der gegenwärtigen Ausstellung „Die Kunst ist weiblich“ ihrem Geschlecht die verdiente Reverenz erweist. Ihre Laudatio am 8. März und ihr gestriger Vortrag bei „Kunst und Kaffee“ tun ein übriges, um Künstlerinnen in ihrer gegenwärtigen Bedeutung zu würdigen. Und ich hole mit diesem Eintrag bisher Versäumtes nach, auf das ich aber noch einmal kommen werde. Ich schließe indessen diesen Eintrag, indem ich noch einmal Susanne Hinsching zitiere. Sie schloss ihre Laudatio zur Vernissage am 8. März wie folgt: „Ich hoffe sehr, dass es uns – ganz im Sinne von Ilsetraut Glock – mit dieser Ausstellung gelingt, einige Vorurteile gegenüber der Kunst von Frauen abzubauen und zu zeigen, dass Künstlerinnen in allen Bereichen, allen künstlerischen Techniken und künstlerischen Motiven gleichberechtigt tätig sind. Und dass man nicht zwischen der Kunst von Frauen und Männern unterscheiden sollte, sondern nur zwischen guter und schlechter Kunst! Dann kennt man im neuen Jahrhundert vielleicht auch ein paar Namen von Künstlerinnen mehr!!!“ Dem ist sicher vorbehaltlos zuzustimmen
zwanzig Jahren ihres Bestehens ebenso vielen Künstlerinnen wie Künstlern Gelegenheit bot, ihre Bilder in Ausstellungen zu präsentieren. Und in der Reflexion auf ihr eigenes Kunsthaus mit der gegenwärtigen Ausstellung „Die Kunst ist weiblich“ ihrem Geschlecht die verdiente Reverenz erweist. Ihre Laudatio am 8. März und ihr gestriger Vortrag bei „Kunst und Kaffee“ tun ein übriges, um Künstlerinnen in ihrer gegenwärtigen Bedeutung zu würdigen. Und ich hole mit diesem Eintrag bisher Versäumtes nach, auf das ich aber noch einmal kommen werde. Ich schließe indessen diesen Eintrag, indem ich noch einmal Susanne Hinsching zitiere. Sie schloss ihre Laudatio zur Vernissage am 8. März wie folgt: „Ich hoffe sehr, dass es uns – ganz im Sinne von Ilsetraut Glock – mit dieser Ausstellung gelingt, einige Vorurteile gegenüber der Kunst von Frauen abzubauen und zu zeigen, dass Künstlerinnen in allen Bereichen, allen künstlerischen Techniken und künstlerischen Motiven gleichberechtigt tätig sind. Und dass man nicht zwischen der Kunst von Frauen und Männern unterscheiden sollte, sondern nur zwischen guter und schlechter Kunst! Dann kennt man im neuen Jahrhundert vielleicht auch ein paar Namen von Künstlerinnen mehr!!!“ Dem ist sicher vorbehaltlos zuzustimmen
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