Angesichts
einer gerade erhaltenen Studie zur Triebfeder für ehrenamtliches
Engagement erinnerte ich mich an die diesjährige Festveranstaltung am Vorabend
des Tages der deutschen Einheit, also am 02. Oktober im Theater
Nordhausen. Dort war es vor allem die Ansprache von Landrätin Birgit
Keller, die ich wirklich aufschlussreich fand. Und ich bedauerte
damals – und wiederhole es heute – dass diese Ansprache nicht
(analog der Rede des Oberbürgermeisters in der gleichen
Veranstaltung durch das Amt für Öffentlichkeitsarbeit der Stadt) im
Wortlaut veröffentlicht wurde.
Die
Landrätin nämlich widmete ihre Ansprache der Tätigkeit und der
Bedeutung der Ehrenämtler in ihren unendlich vielen Bereichen des
Lebens und der Gesellschaft. Und brachte dabei sehr deutlich zum
Ausdruck, dass ohne diese Engagements das kommunale,
gesellschaftliche und soziale Leben kaum funktionsfähig wäre. Wobei
sie die enorme Wertschöpfung deutlich machte, die durch diese
Tätigkeiten entsteht und erbracht wird. Dass sie schließlich auch
ihre Genugtuung darüber ausdrückte, dass diese Würdigung der
Ehrenämtler nunmehr gemeinsam von Landkreis und Stadt vorgenommen
wird, sei in diesem Zusammenhang am Rande bemerkt.
In
der eingangs erwähnten Studie also geht es um die Triebfeder für
ehrenamtliches Engagement. Und da heißt es, wer sich ehrenamtlich
engagiert, möchte mit seiner Arbeit vor allem einen Beitrag zur
sozialen Gerechtigkeit leisten. Und etwas tun, was im Einklang mit
seinen eigenen Werten steht. Sich also aktiv engagiert, statt passiv
zu bleiben, aber die sozialen Defizite oder Ungerechtigkeiten zu
beklagen.
Für
das Projekt befragten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler
zum einen über 2000 Versuchspersonen in Deutschland und der Schweiz.
Darüber hinaus entstanden an der KU (Katholischen Universität)
inzwischen 16 Abschlussarbeiten, in denen jeweils noch einmal
mindestens 100 Personen befragt wurden. Bei diesen Arbeiten, die vor
allem auf die Beantwortung umfänglicher Fragebogen beruhen, wurden
die unterschiedlichsten Felder des freiwilligen Engagements
beleuchtet (Politik, Umwelt, Sport, Bildung, Gesellschaft etc.).
Bereits
jetzt wird viel Freiwilligenarbeit geleistet: im Bildungsbereich (an
Volkshochschulen etwa), im Umweltschutz (in Vereinen), beim
Gesundheitsschutz, im caritativen und Pflegebereich, bei der
Rechtspflege oder im Sport. Warum aber engagieren sich einige
Menschen auf diese Weise, während andere es nicht tun? Welche
Unterschiede gibt es dabei, etwa im europäischen Vergleich? Und was
kann man aus den Antworten lernen, um Menschen zu motivieren, sich
ehrenamtlich zu engagieren, damit die Belastungen durch diese
Engagements gerechter und auf mehr Schultern verteilt werden?
Über
alle Felder hinweg zeigte sich einheitlich, dass viele Menschen zu
einem freiwilligen Engagement bereit sind. Ob sich allerdings jemand
tatsächlich engagiert oder nicht, ist von verschiedenen Faktoren
abhängig. „Diese sind in Deutschland und der Schweiz ähnlich und
unterscheiden die Engagierten deutlich von den nicht-freiwillig
Engagierten: In allen Studien erwies sich das Bestreben wichtig,
durch die eigene unbezahlte Arbeit einen Beitrag zur sozialen
Gerechtigkeit zu leisten und etwas zu tun, was in Einklang mit den
eigenen Werten steht.“ Dabei gehe es nicht nur um ein kühles
Abwägen verschiedener Gerechtigkeitsargumente, sondern auch um
erlebte Gefühle. „An erster Stelle steht dabei das Erleben von
Empörung angesichts wahrgenommener Ungerechtigkeiten in der
Gesellschaft“, erklären die Forscher. Darüber hinaus gebe es eine
ganze Reihe weiterer Beweggründe, die sehr vielfältig seien: neue
Erfahrungen durch das eigene Engagement, Abwechslung, neue Kontakte
oder auch Vorteile für die eigene Karriere. Doch diese Beweggründe
seien nachgeordnet im Vergleich zum Bestreben, soziale
Ungerechtigkeiten auszugleichen und Gerechtigkeit im jeweiligen
Bereich zu fördern. „Nachgeordnet sind dabei auch Unterschiede im
deutsch-schweizerischen Ländervergleich und das, obwohl die
Demokratieformen und die Verankerung freiwilliger Engagements im
(politischen) Alltag zwischen den Ländern deutlich unterschiedlich
sind.“
Die
Gesellschaft sei zunehmend darauf angewiesen, dass Menschen sich über
ihre bezahlte Arbeit hinaus ehrenamtlich engagieren und einen Beitrag
zum Funktionieren der Demokratie und des menschlichen Zusammenlebens
leisten. „Um Menschen zu gewinnen, sich freiwillig zu engagieren,
sollte daher der Blick auf bestehende Ungerechtigkeiten gerichtet und
ein Nachdenken darüber gefördert werden, welche Werte im eigenen
Leben zählen“, resümieren die Psychologen. Darüber hinaus mache
es Sinn, auch die anderen vielfältigen Vorteile zu betonen, die von
freiwillig Engagierten als wichtige Beweggründe für ihr Engagement
angesehen würden.
(Die
Studie wurde erarbeitet vom Lehrstuhl für Sozial- und
Organisationspsychologie (Prof. Dr. Elisabeth Kals und Isabel
Strubel) an der Universität Eichstätt-Ingolstadt (KU) gemeinsam mit
Wissenschaftlern der ETH Zürich (Prof. Dr. Theo Wehner und Dr.
Patrick Jiranek). Und zugestellt vom Informationsdienst Wissenschaft
idw)
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