Mittwoch, 6. November 2013

Leben im Altenheim Nordhausen

Die „Nordhäuser Allgemeine“ (NA) eröffnete am Samstag mit einem Bericht über die Zunahme alternder Menschen in Nordhausen ein Themen- oder Problemfeld, das im Zuge der weiteren demographischen Entwicklung ganz allgemein die Gesellschaft in Deutschland beschäftigen wird. Weil sie ja nicht auf Nordhausen beschränkt ist. Es reicht allerdings in diesem Eintrag, wenn ich mich auf Nordhausen beschränke.

Und da lese ich, dass inzwischen jeder Zweite im Landkreis Nordhausen älter als 50 Jahre ist. Was meines Erachtens die Vorstellung rechtfertigt, dass der gesamte Landkreis zunehmend zum Altenheim wird. Zugleich wird in der NA von der Eröffnung einer Seniorenwoche in Nordhausen berichtet, die derzeit mit einer Vielzahl von Veranstaltungen stattfindet. Und die NA würde parallel zu dieser Seniorenwoche schauen, „wie die immer mächtiger werdende Generation der Großmütter und -väter lebt.“ (Zitat)

Es widerstrebt mir, diese Formulierung so zu akzeptieren. Weil ich zunächst meine, dass das Problem ja nicht allein durch die Zunahme alternder Menschen entstanden ist und sich ständig erhöht, sondern durch den noch immer stattfindenden Wegzug jüngerer Menschen. Umso mehr, als ja bekannt ist, dass die Sterberate alter Menschen höher geworden ist als die Geburtenrate. Nun wird in besagtem Artikel u.a. darauf verwiesen – um vielleicht diese „mächtige“ Generation zu begründen - dass Oberbürgermeister Dr. Klaus Zeh 61 Jahre, seine Vorgängerin („die ihre Partei nochmals auf Siegkurs zu bringen will“) 66 Jahre zählt, und im Kreistag wie in den Stadträten die Fraktion der Grauhaarigen längst die größte Koalition bildet. Dem ist entgegen zu halten, dass ja alle in ihre Ämter oder Aufgaben gewählt wurden, Und doch wohl auch deshalb, weil sich keine jüngeren mit entsprechender Qualifikation bewarben. Und das ist immerhin bezeichnend was die Bereitschaft betrifft, kommunale oder auch politische Aufgaben zu übernehmen. Es ist also wohl weniger so, dass die Alten (noch) mitgestalten wollen, sondern weiter mitgestalten müssen. Und es passt auch nicht zu der von der NA vermittelten „mächtigen“ Generation, wenn zwei Spalten weiter argumentiert wird, dass die von einer überaus rührigen Seniorenvertretung organisierten Veranstaltungen während dieser Seniorenwoche – und auch sonst - u.a. den Zweck haben, „viele Ältere hinter dem Ofen hervor zu locken.“

Um aber nicht ins Polemische zu verfallen sei darauf verwiesen, dass die NA in ihrer Berichterstattung weiter aufzählt, was alles für die Senioren schon getan wurde, um ihren Ansprüchen und den Notwendigkeiten gerecht zu werden: ein Seniorenbeauftragter für den Landkreis wurde gewählt, der ihre Interessen vertritt. Es gibt in Nordhausen die gerade erwähnte Seniorenvertretung, 18 Alten- und Pflegeheime, 24 ambulante Pflegedienste, die Johanniter-Unfallhilfe, die Arbeiterwohlfahrt, die Diakonie und einiges mehr. Und es gibt laufende Veranstaltungen u.a. im Begegnungszentrum in Nord oder auch im Mehrgenerationenhaus.

Das alles ist auf die Interessen und den Anspruch dieser „immer mächtiger werdenden“ Generation zugeschnitten. Aber auf die räumlich für Senioren vorgesehenen Einrichtungen und/oder auch deren Lebensbereiche abgestimmt, z.B. auch die Pflege zu Hause.

Und um daneben festzustellen, wie diese angeblich immer mächtiger werdende Generation täglich lebt (sofern sie nicht hinter dem Ofen hockt) will die NA in einer kleinen Serie der Frage nachgehen, wie diese alternden Menschen leben und was sie wollen. Und ob wir uns schon hinreichend auf sie eingestellt haben!?

Dazu sei erst einmal grundsätzlich festgestellt, dass es hier ganz offenbar um die gesellschaftliche Teilhabe gehen soll. Und da meine ich, dass sich die Redakteure und insbesondere der verantwortliche Redakteur der „Nordhäuser Allgemeine“ erst selbst einmal fragen sollte, ob er sich schon hinreichend auf die ältere Generation – zu der ich gehöre – eingestellt hat? Und ich meine nein, wie ich leicht nachweisen kann. Damit bekommt dann aber alles weitere zumindest ein „G'schmäckle“, nämlich dem der Vordergründigkeit und Heuchelei. Damit will ich es hier aber und zunächst bewenden lassen.

Und zu Beginn dieser kleinen NA-Serie verabredeten sich also Redakteure und deren Fotograf mit Herbert Gerhardt, dem früheren Nordhäuser Kreiskatecheten zu einem Spaziergang durch Teile der Innenstadt. Um festzustellen wie es alten Menschen ergeht, wenn sie zu Fuß in Nordhausen unterwegs sind, wo Probleme auftreten und wo sich Stolperfallen befinden? Dazu will ich hier doch bemerken, dass ich etwa so alt bin wie Gerhardt u.a. mit ähnlichen körperlichen Probleme wie er, vermutlich sogar gravierenderen. Und häufig in der Nordhäuser Innenstadt zu Fuß unterwegs bin. Ob ich dabei schleiche, mögen andere beurteilen.

Im Ergebnis wünscht sich also Gerhardt mehr Bänke, teilweise ganze Ensembles, und bemängelt, dass die vorhandenen keine Rückenlehne haben, die für alte Menschen wichtig seien (siehe entsprechenden Bericht der NA). Auf regelrechte Stolperfallen stießen die Spaziergänger am Schlusspunkt des Erkundungsganges auf dem Rathausplatz (Zitat): „Und zwar sind damit vier Deckel der Fahnenmasten gemeint, die einige Zentimeter über das Pflaster herausragen. "Der gefährlichste ist direkt vor der Stadtinformation, über den ich schon gestolpert bin", berichtet der Nordhäuser.“ (Ende des Zitats).

Ohne auf diese Erkundungsergebnisse weiter einzugehen – letzteres mag bemerkenswert sein – ist wohl dabei wesentlich, ob man sich mit einem gesellschaftlichen Bewusstsein der Problematik nähert, oder nur seine eigene Sichtweise in den Vordergrund stellt. Und da stelle ich gegenüber der Sichtweise Gerhardts fest, dass an der Ostseite der Rautenstraße eine ganze Anzahl Bänke mit Rückenlehne zum Sitzen und Ausruhen einlädt, jene an der Wasserachse gar nicht berücksichtigt. Und auch in der Töpferstraße (nahe der Skulptur der Personengruppe) gibt es eine solche Sitzgelegenheit. Nur habe ich bisher höchst selten jemanden auf der einen oder anderen Bank sitzen sehen (außer bei Volksfesten). Und selbst als älterer Mensch mit Gehproblemen meine ich, dass ich doch meine persönlichen Vorstellungen und Wünsche in einem Verhältnis zu den allgemeinen Bedürfnissen und der Machbarkeit sehen sollte. Wenn das aber, was bei diesem beschriebenen Spaziergang bemängelt wurde, alles ist, darf man als älterer Mensch in Nordhausen zufrieden sein.

Und nun bin ich neugierig, was jemand im weiteren Verlaufe dieser „kleinen Serie“ auf Initiative und in Gesellschaft mit NA-Redakteuren zum Thema „gesellschaftliche Teilhabe“ weiter vorzubringen hat.

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