Die „Nordhäuser Allgemeine“ (NA)
eröffnete am Samstag mit einem Bericht über die Zunahme alternder
Menschen in Nordhausen ein Themen- oder Problemfeld, das im Zuge der
weiteren demographischen Entwicklung ganz allgemein die Gesellschaft
in Deutschland beschäftigen wird. Weil sie ja nicht auf Nordhausen
beschränkt ist. Es reicht allerdings in diesem Eintrag, wenn ich
mich auf Nordhausen beschränke.
Und da lese ich, dass inzwischen jeder
Zweite im Landkreis Nordhausen älter als 50 Jahre ist. Was meines
Erachtens die Vorstellung rechtfertigt, dass der gesamte Landkreis
zunehmend zum Altenheim wird. Zugleich wird in der NA von der
Eröffnung einer Seniorenwoche in Nordhausen berichtet, die derzeit
mit einer Vielzahl von Veranstaltungen stattfindet. Und die NA würde
parallel zu dieser Seniorenwoche schauen, „wie die immer mächtiger
werdende Generation der Großmütter und -väter lebt.“ (Zitat)
Es widerstrebt mir, diese Formulierung
so zu akzeptieren. Weil ich zunächst meine, dass das Problem ja
nicht allein durch die Zunahme alternder Menschen entstanden ist und
sich ständig erhöht, sondern durch den noch immer stattfindenden
Wegzug jüngerer Menschen. Umso mehr, als ja bekannt ist, dass die
Sterberate alter Menschen höher geworden ist als die Geburtenrate.
Nun wird in besagtem Artikel u.a. darauf verwiesen – um vielleicht
diese „mächtige“ Generation zu begründen - dass
Oberbürgermeister Dr. Klaus Zeh 61 Jahre, seine Vorgängerin („die
ihre Partei nochmals auf Siegkurs zu bringen will“) 66 Jahre zählt,
und im Kreistag wie in den Stadträten die Fraktion der Grauhaarigen
längst die größte Koalition bildet. Dem ist entgegen zu halten,
dass ja alle in ihre Ämter oder Aufgaben gewählt wurden, Und doch
wohl auch deshalb, weil sich keine jüngeren mit entsprechender
Qualifikation bewarben. Und das ist immerhin bezeichnend was die
Bereitschaft betrifft, kommunale oder auch politische Aufgaben zu
übernehmen. Es ist also wohl weniger so, dass die Alten (noch)
mitgestalten wollen, sondern weiter mitgestalten müssen. Und es
passt auch nicht zu der von der NA vermittelten „mächtigen“
Generation, wenn zwei Spalten weiter argumentiert wird, dass die von
einer überaus rührigen Seniorenvertretung organisierten
Veranstaltungen während dieser Seniorenwoche – und auch sonst -
u.a. den Zweck haben, „viele Ältere hinter dem Ofen hervor zu
locken.“
Um aber nicht ins Polemische zu
verfallen sei darauf verwiesen, dass die NA in ihrer
Berichterstattung weiter aufzählt, was alles für die Senioren schon
getan wurde, um ihren Ansprüchen und den Notwendigkeiten gerecht zu
werden: ein Seniorenbeauftragter für den Landkreis wurde gewählt,
der ihre Interessen vertritt. Es gibt in Nordhausen die gerade
erwähnte Seniorenvertretung, 18 Alten- und Pflegeheime, 24
ambulante Pflegedienste, die Johanniter-Unfallhilfe, die
Arbeiterwohlfahrt, die Diakonie und einiges mehr. Und es gibt
laufende Veranstaltungen u.a. im Begegnungszentrum in Nord oder auch
im Mehrgenerationenhaus.
Das alles ist auf die Interessen und
den Anspruch dieser „immer mächtiger werdenden“ Generation
zugeschnitten. Aber auf die räumlich für Senioren vorgesehenen
Einrichtungen und/oder auch deren Lebensbereiche abgestimmt, z.B.
auch die Pflege zu Hause.
Und um daneben festzustellen, wie diese
angeblich immer mächtiger werdende Generation täglich lebt (sofern
sie nicht hinter dem Ofen hockt) will die NA in einer kleinen Serie
der Frage nachgehen, wie diese alternden Menschen leben und was sie
wollen. Und ob wir uns schon hinreichend auf sie eingestellt haben!?
Dazu sei erst einmal grundsätzlich
festgestellt, dass es hier ganz offenbar um die gesellschaftliche
Teilhabe gehen soll. Und da meine ich, dass sich die Redakteure und
insbesondere der verantwortliche Redakteur der „Nordhäuser
Allgemeine“ erst selbst einmal fragen sollte, ob er sich schon
hinreichend auf die ältere Generation – zu der ich gehöre –
eingestellt hat? Und ich meine nein, wie ich leicht nachweisen kann.
Damit bekommt dann aber alles weitere zumindest ein „G'schmäckle“,
nämlich dem der Vordergründigkeit und Heuchelei. Damit will ich es
hier aber und zunächst bewenden lassen.
Und zu Beginn dieser kleinen NA-Serie
verabredeten sich also Redakteure und deren Fotograf mit Herbert
Gerhardt, dem früheren Nordhäuser Kreiskatecheten zu einem
Spaziergang durch Teile der Innenstadt. Um festzustellen wie es alten
Menschen ergeht, wenn sie zu Fuß in Nordhausen unterwegs sind, wo
Probleme auftreten und wo sich Stolperfallen befinden? Dazu will ich
hier doch bemerken, dass ich etwa so alt bin wie Gerhardt u.a. mit
ähnlichen körperlichen Probleme wie er, vermutlich sogar
gravierenderen. Und häufig in der Nordhäuser Innenstadt zu Fuß
unterwegs bin. Ob ich dabei schleiche, mögen andere beurteilen.
Im Ergebnis wünscht sich also Gerhardt
mehr Bänke, teilweise ganze Ensembles, und bemängelt, dass die
vorhandenen keine Rückenlehne haben, die für alte Menschen wichtig
seien (siehe entsprechenden Bericht der NA). Auf regelrechte
Stolperfallen stießen die Spaziergänger am Schlusspunkt des
Erkundungsganges auf dem Rathausplatz (Zitat): „Und zwar sind
damit vier Deckel der Fahnenmasten gemeint, die einige Zentimeter
über das Pflaster herausragen. "Der gefährlichste ist direkt
vor der Stadtinformation, über den ich schon gestolpert bin",
berichtet der Nordhäuser.“ (Ende des Zitats).
Ohne auf diese Erkundungsergebnisse
weiter einzugehen – letzteres mag bemerkenswert sein – ist wohl
dabei wesentlich, ob man sich mit einem gesellschaftlichen
Bewusstsein der Problematik nähert, oder nur seine eigene
Sichtweise in den Vordergrund stellt. Und da stelle ich gegenüber
der Sichtweise Gerhardts fest, dass an der Ostseite der Rautenstraße
eine ganze Anzahl Bänke mit Rückenlehne zum Sitzen und Ausruhen
einlädt, jene an der Wasserachse gar nicht berücksichtigt. Und auch
in der Töpferstraße (nahe der Skulptur der Personengruppe) gibt es
eine solche Sitzgelegenheit. Nur habe ich bisher höchst selten jemanden auf der einen oder anderen Bank sitzen sehen (außer
bei Volksfesten). Und selbst als älterer Mensch mit Gehproblemen
meine ich, dass ich doch meine persönlichen Vorstellungen und
Wünsche in einem Verhältnis zu den allgemeinen Bedürfnissen und
der Machbarkeit sehen sollte. Wenn das aber, was bei diesem
beschriebenen Spaziergang bemängelt wurde, alles ist, darf man als älterer Mensch in Nordhausen zufrieden sein.
Und nun bin ich neugierig, was jemand
im weiteren Verlaufe dieser „kleinen Serie“ auf Initiative und in
Gesellschaft mit NA-Redakteuren zum Thema „gesellschaftliche
Teilhabe“ weiter vorzubringen hat.
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