Das klingt nüchtern, hart und
unverblümt. Und dabei war es das doch nicht, was die Nordhäuser
Kantorei gestern ihren Zuhörern in St. Blasii musikalisch bot: die
Resignation des Johannes Elias Alder, Romanfigur in Robert Schneiders
Debütroman „Schlafes Bruder“. In den lokalen Zeitungen wurde
darüber berichtet, teils als Einleitung zur gestrigen musikalischen
Interpretation des Romans „Schlafes Bruder“, teil aber auch heute
schon in einem Bericht der „Nordhäuser Allgemeine“.
Um mich aber musikalisch mit der
Problematik des Todes konfrontieren zu lassen, genügte es mir, den
Ansatz, also das Schicksal des Johannes Elias Alder zu kennen. Und
seinen Entschluss, sein Leben zu beenden. Alles andere überließ ich
der musikalischen Veranschaulichung seines Schicksals. Und das
bestand im Zuhören dessen, was Solisten, Chor und Orchester darüber
vermittelten.
Zunächst wie üblich aus dem Altarraum
heraus. Hier dominierte der Bariton Dietmar Sander (Vertreter des
zunächst vorgesehenen Patrick Rohbeck) mit der Kantate „Ich will
den Kreuzstab gerne tragen“, von Johann Sebastian Bach. Der diesmal
von einer kleinen Besetzung des Kantoreiorchesters begleitet wurde.
Ein eindrucksvoller Vortrag, wie ich meine, der
die Absicht Alders, durch beständiges
Wachbleiben aus dem Leben zu scheiden, nachvollziehbar werden ließ.
Diese anhaltende Phase des Wachseins
nutzten nun quasi die Akteure, um allesamt vom Altarraum auf die
Empore zu wechseln, und die Nähe der Orgel zu suchen, die fortan
„den Ton angab“. Doch zunächst ertönte von dort oben die Stimme
der Mezzosopranistin Anja-Daniela Wagner und füllte mit ihrer klaren
Stimme den gesamten Kirchenraum. Mit der sie von Johannes Brahms
Auszüge aus „Vier ernste Gesänge op. 121 bot, zu denen u.a. „O
Tod, wie bitter bist du“ gehörte.
Begleitete das bisher Gehörte noch
kontinuierlich den Abschiedsweg des Johannes Elias Alder, klang das
nun unvermittelt, stürmisch, ja, gewaltig einsetzenden Orgelspiel
mit abrupten Ein- und Absätzen (Michael Kremzow und Andreas
Strobelt) eher wie das Aufbäumen gegen den einmal gefassten
Entschluss, aus dem Leben zu scheiden. Bis schließlich das Requiem
op.9 von Maurice Duruflè, das alle Stimmen und Instrumente
vereinte, das Ende des zum Tode entschlossenen Alder und damit auch
den Abschluss des Konzertes brachte.
Eines höchst anspruchsvollen
Konzertes, dessen Leistungen der Akteure unter der Leitung von
Kirchenmusiker Michael Kremzow ich einfach als großartig empfand.
Und wie der Beifall der Zuhörer schließen ließ, dürften sie es
nicht anders empfunden haben. Ich bin kein Musikexperte und gebe hier
lediglich meinen persönlichen Eindruck wieder. Ich glaube aber
einschätzen zu können, wie lange und intensiv geprobt werden
musste, um ein so anspruchsvolles Konzert in der erlebten Qualität
bieten zu können. Und ich bedauere, dass diese Aufführung weder
hier noch andernorts eine Wiederholung erfahren wird. Und noch einmal
gehört werden könnte. Die monatelange Einstudierung und das dabei
erreichte Niveau hätten es verdient. Es mag Gründe geben, die keine
Wiederholung ermöglichen. Nur kenne ich keinen, der dies wirklich
unmöglich machen würde. Und eine letzte Bemerkung: zur Vernissage
des Quedlinburger Künstler-Ehepaares Elvira und Ekkehard Franz im
Kunsthaus Meyenburg schrieb eine in Quedlinburg erscheinende Zeitung,
diese Ausstellung in Nordhausen sei immer eine Reise wert. Gleiches
könnte meines Erachtens für ein Konzert wie „Schlafes Bruder“
der Nordhäuser Kantorei zumindest aus dem gesamten Nordthüringer
Raum gelten. Wusste man dort vielleicht gar nichts davon?
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen