Sonntag, 24. November 2013

Kantorei: Umgang mit dem Tod

Das klingt nüchtern, hart und unverblümt. Und dabei war es das doch nicht, was die Nordhäuser Kantorei gestern ihren Zuhörern in St. Blasii musikalisch bot: die Resignation des Johannes Elias Alder, Romanfigur in Robert Schneiders Debütroman „Schlafes Bruder“. In den lokalen Zeitungen wurde darüber berichtet, teils als Einleitung zur gestrigen musikalischen Interpretation des Romans „Schlafes Bruder“, teil aber auch heute schon in einem Bericht der „Nordhäuser Allgemeine“.

Um mich aber musikalisch mit der Problematik des Todes konfrontieren zu lassen, genügte es mir, den Ansatz, also das Schicksal des Johannes Elias Alder zu kennen. Und seinen Entschluss, sein Leben zu beenden. Alles andere überließ ich der musikalischen Veranschaulichung seines Schicksals. Und das bestand im Zuhören dessen, was Solisten, Chor und Orchester darüber vermittelten.

Zunächst wie üblich aus dem Altarraum heraus. Hier dominierte der Bariton Dietmar Sander (Vertreter des zunächst vorgesehenen Patrick Rohbeck) mit der Kantate „Ich will den Kreuzstab gerne tragen“, von Johann Sebastian Bach. Der diesmal von einer kleinen Besetzung des Kantoreiorchesters begleitet wurde. Ein eindrucksvoller Vortrag, wie ich meine, der
die Absicht Alders, durch beständiges Wachbleiben aus dem Leben zu scheiden, nachvollziehbar werden ließ.
Diese anhaltende Phase des Wachseins nutzten nun quasi die Akteure, um allesamt vom Altarraum auf die Empore zu wechseln, und die Nähe der Orgel zu suchen, die fortan „den Ton angab“. Doch zunächst ertönte von dort oben die Stimme der Mezzosopranistin Anja-Daniela Wagner und füllte mit ihrer klaren Stimme den gesamten Kirchenraum. Mit der sie von Johannes Brahms Auszüge aus „Vier ernste Gesänge op. 121 bot, zu denen u.a. „O Tod, wie bitter bist du“ gehörte.
Begleitete das bisher Gehörte noch kontinuierlich den Abschiedsweg des Johannes Elias Alder, klang das nun unvermittelt, stürmisch, ja, gewaltig einsetzenden Orgelspiel mit abrupten Ein- und Absätzen (Michael Kremzow und Andreas Strobelt) eher wie das Aufbäumen gegen den einmal gefassten Entschluss, aus dem Leben zu scheiden. Bis schließlich das Requiem op.9 von Maurice Duruflè, das alle Stimmen und Instrumente vereinte, das Ende des zum Tode entschlossenen Alder und damit auch den Abschluss des Konzertes brachte.


Eines höchst anspruchsvollen Konzertes, dessen Leistungen der Akteure unter der Leitung von Kirchenmusiker Michael Kremzow ich einfach als großartig empfand. Und wie der Beifall der Zuhörer schließen ließ, dürften sie es nicht anders empfunden haben. Ich bin kein Musikexperte und gebe hier lediglich meinen persönlichen Eindruck wieder. Ich glaube aber einschätzen zu können, wie lange und intensiv geprobt werden musste, um ein so anspruchsvolles Konzert in der erlebten Qualität bieten zu können. Und ich bedauere, dass diese Aufführung weder hier noch andernorts eine Wiederholung erfahren wird. Und noch einmal gehört werden könnte. Die monatelange Einstudierung und das dabei erreichte Niveau hätten es verdient. Es mag Gründe geben, die keine Wiederholung ermöglichen. Nur kenne ich keinen, der dies wirklich unmöglich machen würde. Und eine letzte Bemerkung: zur Vernissage des Quedlinburger Künstler-Ehepaares Elvira und Ekkehard Franz im Kunsthaus Meyenburg schrieb eine in Quedlinburg erscheinende Zeitung, diese Ausstellung in Nordhausen sei immer eine Reise wert. Gleiches könnte meines Erachtens für ein Konzert wie „Schlafes Bruder“ der Nordhäuser Kantorei zumindest aus dem gesamten Nordthüringer Raum gelten. Wusste man dort vielleicht gar nichts davon?  

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