Samstag, 30. November 2013

MVZ: Bestmögliche Versorgung nicht mehr gewährleistet?

Die „Thüringer Allgemeine“ befasste sich am 09. August in ihrem Titelthema mit dem AOK-Krankenhausnavigator 2012 und stellt fest: „Die meisten Südthüringer sind mit ihrem Krankenhaus zufrieden“. 85 Prozent der Thüringer, die sich in den letzten anderthalb Jahren zum Beispiel im SüdharzKlinikum behandeln ließen, würden ihre Klinik weiterempfehlen, heißt es da sinngemäß, auf dieses Klinikum bezogen. Gefragt wurde nach solchen Faktoren wie Gespräche mit Ärzten, Wartezeiten, Betreuung durch Pflegekräfte und Sauberkeit. Also nach Umständen, die ein Patient konkret, wenn vielleicht auch nur gefühlsmäßig, wahrnimmt.

Damit könnte ich es als Patient, der verschiedene der medizinischen Angebote (Dienstleistungen)dieses Klinikums laufend in Anspruch nimmt, bewenden lassen. Wenn 85% aller in jenem Zeitraum behandelten Patienten zufrieden waren, müsste ich hier nicht auch noch meine
Erfahrungen beisteuern. Wenn diese doch nicht von jener Mehrheit abweichen.

Wenn da nicht am Donnerstag auf 3SAT als Thema „Medizin in der Krise“ in einer Dokumentationsaussendung recht ausführlich untersucht und dargestellt worden wäre. (Mein Eintrag „Medizin in der Krise“ von vorgestern handelt davon) Zum ersten Teil dieser Sendung, der sich mit Problemen im Bereich niedergelassener Ärzte beschäftigte, vermag ich mangels eigener Erfahrung nichts zu sagen. Dass da von „Ärzten als Pillenverkäufer“, berichtet wird, die sich damit einen lukrativen Nebenverdienst verschaffen und Kranke zu Kunden gemacht werden, finde ich problematisch. Wenn auch eingeräumt wurde, dass dieser Pillenhandel den Ruf aller ehrlichen Ärzte schädigt. Wenn dann aber weiter unter dem Zwischentitel „Riskante Rezepte“ die Vorstellung vermittelt wird, dass viele verschriebene Schmerzmittel, Psychopharmaka oder Rheumapräparate eine Gefahr sein können – besonders für ältere Menschen, ist das meines Erachtens schon sehr bedenklich. Jeder fünfte Patient über 65 nimmt danach ein solches Präparat ein. Doch vielfach würden schwere Komplikationen drohen. Nach vorsichtigen Schätzungen sterben in Deutschland mehr als 20.000 Menschen jährlich durch die unkoordinierte Behandlung mit Arzneimitteln. Deren Wechselwirkung nicht selten auch unbekannt sein soll.

Um aber auf mir bekanntes medizinisches Versorgungsterrain zu kommen, sei ein entsprechendes Teilbereich dieser Sendung herausgefiltert, in dem es hieß, dass sich Ärzte untereinander zu Verbünden und Ärztenetzen zusammenschließen können, womit zunächst das
„Monopol" der Kassenärztlichen Vereinigungen zerschlagen werden kann. Sie konkurrieren miteinander, schließen Versorgungsverträge mit den Kassen ab und übernehmen die Geldverteilung. Die neue Konkurrenz zwischen verschiedenen Anbietern soll die Versorgung besser und billiger machen.
Die Ärzte können sich aber nicht nur zu solchen losen Netzwerken zusammenschließen. Sie können auch ein echtes Medizinisches Versorgungszentrum bilden, kurz MVZ. Dabei legen verschiedene Fachärzte ihre Praxen zusammen und bilden eine Art Poliklinik, wie früher in der DDR. Die MVZ können Verträge mit den Kassen schließen und bekommen von dort ihr Geld. Der Patient hat dann aber nicht mehr "seinen Arzt", sondern nur noch sein Medizinisches Versorgungszentrum, in dem sich verschiedene Ärzte um ihn kümmern.
Aber nicht nur Ärzte, auch Krankenhäuser können MVZ gründen. Dafür müssen sie sich ein paar niedergelassene Ärzte „an Land ziehen“. Diese Ärzte können dann als Angestellte für die Klinik arbeiten. Vorteil für die Klinik: Neben dem Geld aus dem stationären Topf bekommt sie zusätzliches Geld aus dem ambulanten Topf. Ihr größter Vorteil aber: Die angestellten Ärzte im MVZ können Patienten in die Klinik überweisen. Die Klinik hat dann ihre eigenen Einweiser und kann den Patientenfluss steuern. Und damit in gewissen Grenzen auch den Geldfluss.
Deshalb sind solche Modelle besonders für profitorientierte Unternehmen interessant. Das können große Klinikketten sein, aber auch andere Großkonzerne, die sich auf Umwegen in diesen Markt einkaufen. Doch das Ganze hat eine gravierende Nebenwirkung: Nicht der Patient, sondern die Gewinnerwartung steht im Mittelpunkt. Die bestmögliche Versorgung ist deshalb nicht mehr gewährleistet. Trotzdem: Die Umwandlung unseres Gesundheitswesens in einen Gesundheitsmarkt ist nicht mehr aufzuhalten.
Und gerade mit einem solchen, vom Krankenhaus gegründeten und geführten MVZ – hier also vom SüdharzKlinikum - bin ich bei „meinem“ Thema: Und ich bestreite entschieden, dass damit die bestmögliche Versorgung nicht mehr gewährleistet sein soll. Und stelle demgegenüber fest, dass ich zum Beispiel 2008 mit Beschwerden zwar noch meinen behandelnden Arzt (Dr. Markus Köhler) im MVZ erreichte, aber unmittelbar von ihm in die Notfall-Aufnahme überwiesen wurde.
Und damals vor Beendigung der stationären Behandlung vom hauseigenen sozialen Dienst über die ambulanten Behandlungs- und Betreuungsmöglichkeiten informiert wurde. Der auch die weitere Vermittlung übernahm.


Ich bin seit Gründung des MVZ dort Patient. Mich kümmert nicht die Organisation und das interne Verhältnis der dort beschäftigten Ärzte, weil und solange ich mich dort gut versorgt weiß. Und es ist auch nicht so, wie es in der Sendung hieß, dass man als Patient nicht mehr "seinen Arzt" habe, sondern nur noch das Medizinische Versorgungszentrum, wo sich verschiedene Ärzte um einen kümmern würden. Ich habe „meinen“ Arzt, von dem ich gfls. Überweisungen zu Fachärzten oder auch physiotherapeutischen Einrichtungen erhalte, ohne dass ich dazu bestimmte Empfehlungen bekomme. Es obliegt also meiner Entscheidung, ob ich innerhalb des MVZ oder einer anderen Abteilung des Klinikums bleibe. Oder einen externen Facharzt oder Physiotherapeuten aufsuche. Dass durch das Zusammenwirken der einzelnen MVZ-Bereiche zum Beispiel unkoordinierte Behandlungen mit Arzneimitteln vermieden werden, lässt mich als Patient allerdings leicht innerhalb der MVZ- bzw. der Klinikbereiche bleiben. Ebenso werden mir dadurch Mehrfach- etwa Röntgenuntersuchungen uam. erspart. Ich fühle mich jedenfalls als Patient im MVZ des SüdharzKlinikums nicht als Kunde oder verloren im Gesamtbetrieb, sondern noch immer gut versorgt. Und letztendlich – das sei mir als letzte Bemerkung erlaubt – sehe ich bei meinen Wanderungen in Sichtweite des Klinikums „Christoph 37“ der mich schlimmstenfalls auch mal nach dort holen könnte.
Fotos: Luftaufnahme Dr. Heinrich und eigenes



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