Freitag, 29. November 2013

Hat Journalismus noch Zukunft?

Heute also war ich wieder im SüdharzKlinikum zur Behandlung. Und überbrückte die Wartezeit bis dahin erneut mit dem Buch „Wozu noch Journalismus?“ Es ist ja kein Buch, das man zur Hand nimmt wie einen Roman oder einen Gedichtband, die klassische Überbrückungsliteratur. Neben der gedruckten Tageszeitung natürlich. Und vom Inhalt dieses Buches erhoffe ich mir Antwort auf die Frage, wie es mit der Zukunft der Tageszeitungen aussieht. Und damit die des Journalismus.

Neben zahlreichen anderen (wirklichen) Experten, äußert sich auch Hans Leyendecker, einer der
profiliertesten investigativen Journalisten der Süddeutsche Zeitung. Der die Ethik der Medienmacher in Gefahr sieht. Unter anderen deshalb, weil Journalisten im Netz zunehmend durch Laien ersetzt werden. Das stimmt überein mit dem, was Heribert Prantl, Kollege von Hans Leyendecker, im Geleitwort zu diesem Buch ausführte, ich brachte einen Auszug in meinem vorausgegangenen Eintrag. Und wiederhole hier (Auszug): „. . .Ein Möbelverkäufer, Fitnesstrainer oder Geschäftsführer, ein Richter, Polizist, Pädagoge oder Meteorologe, der wissen will, was in der Welt oder auch seiner Umgebung passiert und was er davon halten soll, will normalerweise nicht lesen und hören, was andere Möbelverkäufer, Fitnesstrainer oder Geschäftsführer davon halten, sondern was ein professioneller Journalismus, ein Experte also, dazu sagt oder schreibt. Professioneller Journalismus erklärt verlässlich was passiert, nach professionellen Kriterien. Wenn ein Möbelverkäufer oder ein Fitnesstrainer das aus irgendwelchen Gründen auch kann, dann – herzlichen Glückwunsch.“ (Ende des Auszugs).

Soweit es mich betrifft, gehöre ich nun als Medienkonsument zu denen, die eben nicht von einem Laien, Bürgerreporter oder auch Möbelverkäufer informiert werden möchten, sondern das lesen und hören möchte, was ein professioneller Journalismus, ein Experte also, dazu sagt oder schreibt. Und deshalb bin ich sehr froh, dass es wenigsten mit der „Thüringer (Nordhäuser) Allgemeine“ im lokalen Bereich noch eine Zeitung gibt, in der noch professionelle und fest angestellte Journalisten wirken. Wenn ich mich demzufolge mit der Frage beschäftige „Wozu noch Journalismus?“ ist das hier eben gleichbedeutend mit der Frage, welche Zukunft die „Nordhäuser Allgemeine“ hat. Die ja inzwischen mit einer Internet-Ausgabe aufwartet, von der ich (immer als ganz privater Nutzer) noch nicht recht weiß, wie ich sie einzuschätzen habe.

Die Autoren des Buches (Stephan Weichert und Leif Kramp) blicken in ihrer Einschätzung des Journalismus auch nach den USA, der es nach der Beschreibung der Medienbranche mit Abstand am dreckigsten geht: etliche Regionalzeitungen mussten ihr Erscheinen einstellen und seit 2007 mussten sich mehr als 10 000 Redakteure nach einem anderen Job umschauen. Im Zusammenhang damit versuchen es einige junge Journalisten mit Geschäfts- oder Betriebsmodellen eigener, teils auch ungewöhnlicher Art. Die Autoren meinen nun u.a. dazu, Journalismus müsse bürgernäher, aber auch „entschleunigter“ werden, um zu bestehen. Und da heißt es: „Während sich die Medienwelt immer schneller dreht und hektisch Nachrichten per Twitter, Blogs oder Facebook in alle Himmelsrichtungen verschleudert, steht „ProPublica“ (eines dieser neuen Geschäftsmodelle) für die noch jungfräuliche „Slow Media-Bewegung“, die sich, ähnlich wie die Slow-Food-Bewegung, für den genussvollen, bewussten und nachhaltigen Konsum von Qualitätsangeboten im Medienbereich einsetzt. Mit großem Erfolg (wird weiter ausgeführt und begründet).

Davon ist man hier zumindest im lokalen Bereich weit entfernt, es scheint in den Internet-Angeboten vor allem um Schnelligkeit und vielfach auf Kosten eines seriösen, erklärenden und in die Tiefe gehenden Journalismus zu gehen (ich meine hier immer die von Journalisten(?) bediente Internet-Ausgabe der NA). Die dann vielfach in der Printversion keine Ergänzung erfährt. Scheinbar geht es hier vornehmlich um Konkurrenz im Internet. Bei der die NA aus vorgenannten Gründen auf Dauer kaum gewinnen kann. Man mag das bedauern, aufzuhalten aber ist es nicht. Der Medienkonsument scheint's zufrieden und keine höheren Ansprüche zu stellen.

Ich könnte jetzt noch hinzufügen, dass ich mich ja selbst inkonsequent verhalte: weil ich hoffe, dass die „Nordhäuser Allgemeine“ mit ihren professionellen Journalisten noch lange präsent ist, aber nicht zu ihren Abonnenten gehöre. Obwohl sie nahezu jede Woche fast verzweifelt mit beachtlichen Abonnementangeboten wirbt. Abonnementpreise und Gehälter sind allerdings sehr viel schneller gestiegen als meine Rente. Und irgendwann fühlte ich mich abgehängt. Und bin seitdem froh, die Zeitung aus zweiter Hand bekommen zu können. Es gibt also auch da eine Schere. Abgesehen davon aber verfolge ich die Entwicklung über die Publikationen meiner Gewerkschaft. Und die sind dramatisch genug. Ich werde mich auch damit noch befassen.

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