Es
ist schon erstaunlich, was alles der Skandal um den Limburger Bischof
Franz-Peter Tebartz-van Elst an Folgen zeitigt. Die ja offensichtlich
bis auf die lokale Ebene durchschlagen. Auf der man sich nun sogar
für das Vermögen der Kirchen im Südharz interessiert. Wobei der
Bericht, auf den ich dazu in der Internetzeitung stieß, zwar durch
die Titelzeile die Vorstellung vermittelt, man würde durch den
folgenden Bericht tatsächlich entsprechende Aufschlüsse erhalten –
etwa ähnlich dem doch recht aufschlussreichen Bericht über die
Prostitution in Nordhausen. (Kleine Nebenbemerkung: Der Hinweis in
der Einleitung zu diesen Prostituierten-Artikel auf eine angeblich
geänderte (moralische) Einschätzung blanker Busen gegenüber der
Zeiten Hildegard Knefs in „Die Sünderin“ erstaunt mich
allerdings gerade in dieser Zeitung?!). Jedenfalls scheiterte der
Versuch, eine wirkliche Vorstellung über das Vermögen der Kirchen
im Südharz zu vermitteln, recht kläglich. In der allgemeinen
Diskussion zur Problematik des Vermögens der Kirchen ist oder war es
bisher auch nicht üblich, das Vermögen einzelner Kirchen- oder
Pfarrgemeinden ergründen zu wollen.
Ohne
weiter darauf einzugehen – und ich betone hier erneut, dass es sich
bei meinen Einträgen um ganz persönliche Überlegungen,
Vorstellungen und Eindrücke handelt - beschäftigen mich mehr die
wirklich ernst zu nehmenden Folgen dieses Skandals auf Politik,
Kirchen und die Öffentlichkeit. Und ich wundere mich, dass es
angesichts dieser Folgen – über die seit Wochen in den Medien
berichtet wird – Bischof Franz-Peter Tebartz-van Elst offenbar an
jeder Einsicht über das fehlt, was er durch sein Verhalten insgesamt
die Kirchen in Deutschland betreffend, ausgelöst hat. Er
demgegenüber sogar bestrebt ist, als Bischof wieder nach Limburg
zurück zu kehren. Denn unabhängig davon, ob und inwieweit die
Berichte in Zeitungen und Fernsehen authentisch oder auf Spektakel
angelegt sind, lässt Bischof van Elst damit jede Verantwortung für
das vermissen, was er auslöste. Und jedes Gespür für die
allgemeine Stimmung gegen ihn.
Und
allein die Reaktionen der Mitglieder der Kirchen – es widerstrebt
mir in diesem Zusammenhang, von Gläubigen zu schreiben – sind ja
gravierend. Das „Handelsblatt“ etwa schreibt, dass die Kirchen in
Deutschland zwar seit Jahren unter Mitgliederschwund leiden, sich
dieser Trend aber durch die Finanzaffäre um Bischof Tebartz-van Elst
deutlich und noch immer verstärkt. Zahlreiche andere Zeitungen
sehen das genau so. Und belegen das mit Zahlen. N-tv zum Beispiel
teilt mit, dass (Auszug): „. . . im eigentlich erzkatholischen Köln
hat sich die Zahl der Kirchenaustritte nach Angaben des Amtsgerichts
von September auf Oktober mehr als verdoppelt. 571 Katholiken
verließen die Kirche. Der Sprecher des Amtsgerichts, Marcus Strunk,
sagte: "Die Leute standen im Oktober morgens und abends
Schlange." (Ende des Auszugs.) Auch in Osnabrück und Bremen
erhöhte sich die Zahl der Kirchenaustritte im Oktober beträchtlich,
ebenso in Bayern. In München gab es im Oktober 1250 Austritte, im
Vergleich zu 602 im September. In Regensburg verdreifachte sich die
Zahl nahezu. Insgesamt traten hier im vergangenen Monat 147 Menschen
aus der Kirche aus, darunter 125 Katholiken. Ähnlich war die
Entwicklung in Nürnberg und Passau. Übrigens stieg die Zahl der
ausgetretenen evangelischen Kirchenmitglieder in Köln gar um 80
Prozent, nämlich auf 228.
Eine
dramatische Entwicklung, wie ich meine, die – wie das
„Handelsblatt“ feststellte – den seit Jahren zu beobachtenden
Trend jäh verstärkten. Dieser bisherige Trend beschäftigte
kürzlich auch die „Westfälische Wilhelms-Universität Münster“.
Anlässlich einer Tagung äußerte sich Prof. Dr. Detlef Pollack in
diesem Zusammenhang sogar skeptisch zu den Reformbemühungen von
Papst Franziskus. Und hält den Mitgliederschwund der Kirchen für
nahezu unaufhaltsam. Auch Neuerungen in den evangelischen
Landeskirchen würden diesen Trend nicht aufhalten. „Schwerer
als der Einfluss aller kirchlichen Bemühungen wiege die Entwicklung
im gesellschaftlichen Kontext der Kirchen“, meint der Professor und
veranschaulicht: „Das Wohlstands- und Bildungsniveau ist so hoch
und die soziale Absicherung so gut, dass immer weniger Menschen die
seelsorglichen und sozialen Angebote der Kirchen nachfragen.“
Die Zahl der Kirchenmitglieder und Kirchgänger in Deutschland
ginge bereits seit Jahrzehnten kontinuierlich zurück, wie Prof.
Pollack erläuterte. Während es 1949 in Deutschland Ost und West
fast nur Protestanten und Katholiken gab, sind heute etwa je ein
Drittel der Bevölkerung Katholiken, Protestanten und Religionslose.
Zehn Prozent gehören etwa Islam, Judentum und Orthodoxie an. Seit
1990 treten aus der evangelischen Kirche jährlich etwa 0,7 Prozent
der Mitglieder aus, aus der katholischen Kirche im Schnitt 0,5
Prozent. Doch schon im Jahr des Missbrauchsskandals 2010 war ein
Ausschlag von 0,73 Prozent festzustellen; andere kirchliche
Ereignisse wie der Papstwechsel zeigten dagegen kaum Einfluss. „Diese
Austrittszahlen summieren sich über die Jahre auf Millionen
Menschen.“
Damit soll es hier sein Bewenden haben, ich habe allerdings in
Münster nach dem Protokoll der Tagung nachgefragt und komme im Falle
positiver Bescheidung darauf zurück.
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