Samstag, 9. November 2013

Trotz Krise geht’s uns doch gut

Lange habe ich nachgedacht, um den richtigen Titel zu finden. Obwohl es im Grunde leicht wäre, einen solchen zu finden. Wenn ich es weniger grundsätzlich sehen würde. Es geht um den Glücksatlas 2013.
Alle nennenswerten Zeitungen in Deutschland thematisierten die Studie. Die auf den regelmäßigen Umfrageergebnissen des sozio-ökonomischen Panels sowie einer repräsentativen Befragung von 3.073 Menschen ab 16 Jahren durch das Institut für Demoskopie Allensbach vom Sommer 2013 basiert. Zudem führte Allensbach in der deutschsprachigen Bevölkerung ab 16 Jahre mit Migrationshintergrund eine repräsentative Umfrage unter 1.070 Menschen zur Lebenszufriedenheit und Stimmungslage durch. Auftraggeber der Studien ist die Deutsche Bundespost, Und danach rückte Deutschland im Europavergleich auf Platz 8 von 30 vor und liegt damit deutlich über dem Glücks-Durchschnitt von 6,3. Auf den ersten drei Plätzen liegen Dänemark (8,9), Schweden (8,2) und die Niederlande (8,0). Schlusslicht ist Griechenland mit dem Glücksindex 3,4.

Was mir nun zu diesem Glücksatlas Überlegungen aufnötigt ist die unterschiedliche Diktion in der Berichterstattung durch die Medien, Die ich nicht hätte, wenn ich selbst einen Bericht zu schreiben hätte. Es geht darum, dass in der Einschätzung des Ergebnisses dieses Glücksatlasses mitunter von Glück berichtet wird, in anderen von Zufriedenheit. Als Autor eines solchen Berichtes könnte ich den einen oder anderen Begriff wählen und es dem Leser – oder Hörer – überlassen, ob er sich darüber Gedanken macht.

Und da ich nun mal Leser zahlreicher Artikel zu diesem Thema war, drängt sich mir nun mal die Überlegung auf, um was es also in diesem Glücksatlas wirklich geht. Weil ich der Meinung bin, dass Glück nicht das gleiche wie Zufriedenheit ist. Falls das jemend liest, könnte er mir zustimmen. Oder auch meinen, es sei Wortklauberei. Oder es auch überhaupt lassen.

Ich bin aber durch das Ergebnis dieses Glücksatlasses angesprochen, zumindest empfinde ich es so, also beginne ich zu sinnieren. Die Münchner „Abendzeitung“ schreibt (Auszug): „Die Deutschen sind mit ihrem Leben weiterhin mehr als zufrieden. „Deutschland befindet sich auf einem Zufriedenheitsplateau“, sagte Prof. Bernd Raffelhüschen (Uni Freiburg)“. (Ende des Auszugs). Ist also Glück die Steigerungsform von Zufriedenheit („mehr als zufrieden“)? Es heißt aber im nächsten Satz: „Der Abstand zwischen ost- und westdeutschen Regionen hat sich allerdings auf 0,32 Punkte wieder leicht vergrößert“. Also nicht mehr „mehr als zufrieden“, und damit nicht mehr ganz glücklich? Aber doch noch zufrieden? Und weiter lese ich: Die Bevölkerung mit Migrationshintergrund ist den Angaben zufolge nur geringfügig unzufriedener als die Gesamtbevölkerung. Die Kluft beträgt lediglich 0,04 Punkte. Also auch noch zufrieden!?

Nun könnte man ja wirklich meinen, das sei Wortklauberei,und ich würde nicht widersprechen, Aber eine andere Überlegung dagegen stellen: Im „Tagesspiegel“ gibt Kolumnist Schünemann zu bedenken (Auszug): „Nie zufrieden (also unglücklich?) und immer am Nörgeln: Der Berliner ist deutlich weniger zufrieden als der Durchschnittsdeutsche. . .Doch was ist eigentlich ein Berliner, wenn nur ein Viertel der Bewohner dort geboren ist?“ (Ende des Auszugs). Schünemann argumentiert dann weiter: „Berlin ist das klassische Einwanderungsland. Von allen Menschen, die in Berlin leben, ist nur ein Viertel hier geboren. Es stellt sich die Frage, was ein Berliner ist, abgesehen vom mit Marmelade gefüllten Pfannkuchen. Die Frage stellt sich deshalb, weil die Deutsche Post gerade ihren „Glücksatlas 2013“ vorgestellt hat und in dem rausgefunden hat, dass die Berliner deutlich weniger zufrieden sind als der Durchschnittsdeutsche.“ (Ende des Auszugs) Es wird interessanter weise nirgenwo von „unzufrieden“ oder“unglücklich“ geschrieben, sondern stets nur von „weniger zufrieden“ und „weniger glücklich“. Auch das Wortklauberei?


Um zu einem (persönlichen) Ergebnis zu kommen bin ich der Meinung, dass „zufrieden“ eine verstandesgemäße Einstellung ist, die sich über längere Zeit hält, und auch Umstände einbezieht, die Umwelt und Gesellschaft betreffen. Während „glücklich“ ein gefühlsmäßiges Empfinden widerspiegelt, das sich „aus dem Bauch“ heraus aufgrund einer Situation ergibt: Flüchtlinge können sich glücklich fühlen, wenn sie sich in Sicherheit wissen (Lampedusa), ohne damit auch schon zufrieden sein zu können. Und ich kann durch eine Partnerin glücklich (gemacht) werden, ohne dadurch auch zufrieden sein zu müssen. Zumindest nicht langfristig. Es ist alles recht kompliziert, wenn man nicht gerade ein einfaches Gemüt hat.   

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