Ein
offizielles Dementi aus dem Nordhäuser Rathaus nach einer TA-Meldung
lässt mich diese Überlegung anstellen. Es erfolgte, nachdem die „Thüringer
Allgemeine“ am Mittwoch (22.10.) auf ihrer Titelseite die Frage
stellte: „Wird die Nordhäuser Straßenbahn abgeschafft?“ Im
Lokalteil wird sehr ausführlich aus dem nichtöffentlichen Teil der
jüngsten Stadtratsitzung in Nordhausen berichtet, wonach im Ergebnis
eines entsprechenden Gutachtens die Nordhäuser Straßenbahn
abgeschafft werden solle.
In
dem Dementi aus der Stadtverwaltung zu dieser Meldung heißt es:
„Diese Nachricht ist frei erfunden. Die Nordhäuser Straßenbahn
soll nicht abgeschafft werden“, sagt der Oberbürgermeister.
„Dieser Vorschlag existiert an keiner Stelle, wurde nie
unterbreitet:“ Und weiter: „Seitens der Tageszeitungs-Redaktion
wird ein weiteres Mal mit Gerüchten und Tatsachenbehauptungen
operiert. Das ist bedauerlich. Zumal auch hier die Rückfrage bei der
Stadtverwaltung unterblieb. Aber auch in diesem Fall ist das nicht zu
ändern.
Dabei
bezieht sich die Stadtverwaltung auf einen Kommentar von Thomas
Müller am 10.10. „Das Riff in Sicht“. Darin hatte der Leiter der
Lokalredaktion die Haushaltsführung der Stadtverwaltung und damit
den „Ex-Finanzminister“ und nunmehrigen Oberbürgermeister Dr.
Klaus Zeh kritisiert. Und bezweifelt, dass bis Jahreswechsel ein
neuer Haushaltsplan erstellt werden kann.
Der
OB nahm wie folgt Stellung: „Ich
bedauere, dass die Redaktion der „Nordhäuser Allgemeinen“ die
Möglichkeit zum Nachfragen nicht wahrgenommen hat, nachdem auf dem
Hauptausschuss des Stadtrates die aktuelle Finanzlage der Stadt
Nordhausen dokumentiert wurde. Bereits
vor der Sitzung wurden der Presse die Unterlagen zugesandt, die auf
der Sitzung später präsentiert wurden.“ Und erläuterte
detailliert, um was es wirklich geht.
In
beiden Fällen also ergeht seitens der Stadtverwaltung eine
offizielle Pressemitteilung, aber sowohl die Internet-Portale als
auch die Print-Ausgabe der „Nordhäuser Allgemeine“ nehmen sie
erkennbar zur Kenntnis. Selbsteinsicht oder Selbstkritik scheint
nicht Sache der „Nordhäuser Allgemeine „ zu sein. Und dass auch
kein sonstiges Internet-Portal die Stellungnahmen oder Klarstellungen
der Stadtverwaltung akzeptiert und öffentlich macht, die sich doch
sonst keine offizielle Mitteilung entgehen lässt, um sie zu
veröffentlichen, ist schon bezeichnend. (Mir fällt da ein Spruch
ein, in dem es um Krähen untereinander geht...)
Würden
einem Politiker mit einigen Einfluss derart fragwürdige Aussagen in
so kurzer Zeit unterlaufen, wäre das schon ein Grund, seinen
Rücktritt zu fordern. Bei Zeitungsenten dieser Art und diesem
Zeitraum stellt man als Leser höchstens achselzuckend fest: „Da
wurde wieder mal Schmarrn verzapft“.
Es
geht aber doch um die Glaubwürdigkeit von Zeitungen und
Nachrichten-Portale. Und dabei fällt mir unwillkürlich ein, dass es
doch kein Geringerer als Bundespräsident
Joachim Gauck war, der bereits 2013 vor Zeitungsverlegern u.a.
ausführte (Zitat aus 2013): „Es
gibt nicht nur das Bedürfnis nach Unterhaltung, sondern auch das
Bedürfnis nach Information. Unser Bedürfnis nach Klarheit und
Orientierung, nach verlässlichen Fakten und verständlicher Deutung,
das wird fortbestehen, auch weil mehr und mehr Nachrichten
ungefiltert auf uns einströmen.“ (Ende des Zitats). Und anlässlich
des neulich gefeierten 65. Geburtstages der Bundespressekonferenz
warnte der Bundespräsident erneut in seiner Festansprache vor den
Gefahren eines unreflektierten Turbojournalismus im digitalen
Zeitalter: „Qualität braucht Zeit. Sonst ist die Gefahr groß,
dass nur das nächstliegende Klischee wiederholt und vorschnell der
Stab gebrochen wird über Menschen und Ideen". Sonst gerieten
Behauptungen in die Welt, "die nur schwer rückholbar sind, und
Urteile über Menschen, die haften bleiben, eben auch Fehlurteile.“
Es scheint
indessen, dass ungeachtet dieser Warnungen der Turbojournalismus
fortschreitet. Und der hat mit seriösem oder gar
Qualitätsjournalismus kaum noch etwas zu tun. Aber,
so heißt es in ersterwähntem Dementi, auch in diesem Fall ist das
nicht zu ändern. Nur in diesem Fall? kann man da nur fragen.
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