Freitag, 17. Oktober 2014

Kardinal Marx würdigt Papst Paul VI.

Vollender des Konzils und erster wirklich moderner Papst“

Anlässlich der Seligsprechung von Papst Paul VI. (1963–1978) würdigt der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx, den Nachfolger des Apostels Petrus mit folgender Erklärung:
Die Seligsprechung von Papst Paul VI. ist ein Zeichen der Wertschätzung und persönlichen Integrität dieses Papstes, der zu Recht als der erste wirklich moderne Papst beschrieben wird. Die Seligsprechung zum Abschluss der Bischofssynode in Rom, die sich zwei Wochen lang mit dem Thema ‚Die pastoralen Herausforderungen der Familie im Rahmen der Evangelisierung‘ auseinandergesetzt hat, soll auch die Kontinuität der katholischen Lehre von Ehe und Familie zur Geltung bringen, die immer verbunden ist mit der Lernbereitschaft der Kirche und der Entwicklungsfähigkeit ihrer Lehre.
Wir sind dankbar für das Pontifikat von Papst Paul VI., der die Kirche in einer schwierigen Zeit des Umbruchs als Diener der Einheit zusammengehalten hat. Nach dem Tod von Papst Johannes XXIII. nahm Papst Paul VI. das Zweite Vatikanische Konzil wieder auf und führte es zum Ende. Es war ihm ein Anliegen, die umfangreichen und vielfältigen Beschlüsse des Konzils mit Leben zu füllen und im Leben der Kirche zu verorten. Dem Konzilsdokument ‚Gaudium et spes‘ ist es zu verdanken, dass die Ehelehre der Kirche neue Akzente erhielt. Ihnen hat sich Papst Paul VI. verpflichtet gefühlt. Sein Einsatz für die Lehre der Kirche und deren Verpflichtung auch für die Gläubigen ist oft zu wenig gewürdigt worden. Ihm gelang es, die Kirche in der Welt von heute präsent zu machen. Das zeigt sich auch an seinen mutigen und historischen Reisen, am großen internationalen Engagement der Kirche in seinem Pontifikat und an wichtigen Enzykliken wie ‚Populorum progressio‘ und ‚Evangelii nuntiandi‘.
Ich selbst habe Papst Paul VI. als junger Student mehrfach bei Generalaudienzen gesehen. Sein Auftreten war geprägt von Würde und es war eine sehr menschenfreundliche Zuwendung spürbar. Wir waren angetan von seiner Bereitschaft, der Kirche mit dem Zweiten Vatikanischen Konzil ein neues Gesicht zu geben. Damals wie heute ging es ja darum – und das war sein großes Anliegen –, die Zeichen der Zeit zu erkennen und auf sie einzugehen, freilich ohne sich dem Zeitgeist anzupassen. Diese Bestrebungen des Papstes 
haben Widerspruch gegen seine Person hervorgerufen. Darunter hat er sehr gelitten, denn es gab auch Ablehnung in der Kirche selbst. Geprägt war sein Pontifikat vom Dialog der Kirche mit der Welt, den Papst Paul VI. bereits in seiner Antrittsenzyklika ‚Ecclesiam suam‘ dargestellt hat, als er schrieb: ‚Die Kirche muss zu einem Dialog mit der Welt kommen, in der sie nun einmal lebt. Die Kirche macht sich selbst zum Wort, zur Botschaft, zum Dialog.‘ Diesem Auftrag ist sich der Heilige Vater immer treu geblieben.

Die Seligsprechung von Papst Paul VI. vergrößert die Reihe heiliger und seliger Päpste des 20. Jahrhunderts. Dankbar denken wir an die Heiligsprechung der Päpste Johannes XXIII. und Johannes Paul II. vor erst wenigen Monaten. Wenn Papst Franziskus jetzt seinen Vorgänger Paul VI. zu den Ehren der Altäre erhebt, würdigt er eine Gestalt der Kirchengeschichte, die mit Mut und Weitsicht, Tatkraft und innerem Ringen die Kirche auf den Weg zum Dritten Jahrtausend geführt hat. Oft wurde Paul VI. verkannt, ein Historiker hat ihn den ‚vergessenen Papst‘ genannt. Deshalb ist es gut, dass uns heute mit der Seligsprechung eine neue und sehr aktuelle Sicht auf ihn geschenkt wird. Eine Orientierung an seinem Wirken kann der Kirche nur gut tun.“ 

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