Anlässlich
der Seligsprechung von Papst Paul VI. (1963–1978) würdigt der
Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx,
den Nachfolger des Apostels Petrus mit folgender Erklärung:
„Die
Seligsprechung von Papst Paul VI. ist ein Zeichen der Wertschätzung
und persönlichen Integrität dieses Papstes, der zu Recht als der
erste wirklich moderne Papst beschrieben wird. Die Seligsprechung zum
Abschluss der Bischofssynode in Rom, die sich zwei Wochen lang mit
dem Thema ‚Die pastoralen Herausforderungen der Familie im Rahmen
der Evangelisierung‘ auseinandergesetzt hat, soll auch die
Kontinuität der katholischen Lehre von Ehe und Familie zur Geltung
bringen, die immer verbunden ist mit der Lernbereitschaft der Kirche
und der Entwicklungsfähigkeit ihrer Lehre.
Wir
sind dankbar für das Pontifikat von Papst Paul VI., der die Kirche
in einer schwierigen Zeit des Umbruchs als Diener der Einheit
zusammengehalten hat. Nach dem Tod von Papst Johannes XXIII. nahm
Papst Paul VI. das Zweite Vatikanische Konzil wieder auf und führte
es zum Ende. Es war ihm ein Anliegen, die umfangreichen und
vielfältigen Beschlüsse des Konzils mit Leben zu füllen und im
Leben der Kirche zu verorten. Dem Konzilsdokument ‚Gaudium et spes‘
ist es zu verdanken, dass die Ehelehre der Kirche neue Akzente
erhielt. Ihnen hat sich Papst Paul VI. verpflichtet gefühlt. Sein
Einsatz für die Lehre der Kirche und deren Verpflichtung auch für
die Gläubigen ist oft zu wenig gewürdigt worden. Ihm gelang es, die
Kirche in der Welt von heute präsent zu machen. Das zeigt sich auch
an seinen mutigen und historischen Reisen, am großen internationalen
Engagement der Kirche in seinem Pontifikat und an wichtigen
Enzykliken wie ‚Populorum progressio‘ und ‚Evangelii
nuntiandi‘.
Ich
selbst habe Papst Paul VI. als junger Student mehrfach bei
Generalaudienzen gesehen. Sein Auftreten war geprägt von Würde und
es war eine sehr menschenfreundliche Zuwendung spürbar. Wir waren
angetan von seiner Bereitschaft, der Kirche mit dem Zweiten
Vatikanischen Konzil ein neues Gesicht zu geben. Damals wie heute
ging es ja darum – und das war sein großes Anliegen –, die
Zeichen der Zeit zu erkennen und auf sie einzugehen, freilich ohne
sich dem Zeitgeist anzupassen. Diese Bestrebungen des Papstes
haben
Widerspruch gegen seine Person hervorgerufen. Darunter hat er sehr
gelitten, denn es gab auch Ablehnung in der Kirche selbst. Geprägt
war sein Pontifikat vom Dialog der Kirche mit der Welt, den Papst
Paul VI. bereits in seiner Antrittsenzyklika ‚Ecclesiam suam‘
dargestellt hat, als er schrieb: ‚Die Kirche muss zu einem Dialog
mit der Welt kommen, in der sie nun einmal lebt. Die Kirche macht
sich selbst zum Wort, zur Botschaft, zum Dialog.‘ Diesem Auftrag
ist sich der Heilige Vater immer treu geblieben.
Die
Seligsprechung von Papst Paul VI. vergrößert die Reihe heiliger und
seliger Päpste des 20. Jahrhunderts. Dankbar denken wir an die
Heiligsprechung der Päpste Johannes XXIII. und Johannes Paul II. vor
erst wenigen Monaten. Wenn Papst Franziskus jetzt seinen Vorgänger
Paul VI. zu den Ehren der Altäre erhebt, würdigt er eine Gestalt
der Kirchengeschichte, die mit Mut und Weitsicht, Tatkraft und
innerem Ringen die Kirche auf den Weg zum Dritten Jahrtausend geführt
hat. Oft wurde Paul VI. verkannt, ein Historiker hat ihn den
‚vergessenen Papst‘ genannt. Deshalb ist es gut, dass uns heute
mit der Seligsprechung eine neue und sehr aktuelle Sicht auf ihn
geschenkt wird. Eine Orientierung an seinem Wirken kann der Kirche
nur gut tun.“
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