Meinen voraufgegangenen Eintrag zum Thema hatte ich mit dem Eingeständnis
begonnen, dass es mir derzeit nicht leicht fällt, meine Gedanken und
Überlegungen „in die Reihe“ zu bringen. Und gemeint, dass das
nicht so sehr an meinem Kopf liegt, als vielmehr an der Vielzahl der
aktuellen Vorgänge in der lokalen, der regionalen und der globalen
Welt, über die berichtet wird. Bestärkt werde ich dabei durch eine Passage in der Rede des
Bundespräsidenten Joachim Gauck vor Zeitungsverlegern (Zitat aus
2013): „Es gibt nicht nur das Bedürfnis nach Unterhaltung, sondern
auch das Bedürfnis nach Information. Unser Bedürfnis nach Klarheit
und Orientierung, nach verlässlichen Fakten und verständlicher
Deutung, das wird fortbestehen, auch weil mehr und mehr Nachrichten
ungefiltert auf uns einströmen.“ (Ende des Zitats). Und die haben enorm zugenommen.
Gerade die Betonung des Bedürfnisses nach Klarheit und
Orientierung, nach verlässlichen Fakten und verständlicher Deutung,
das fortbestehen wird, freut mich, denn wenn ich im lokalen Bereich
der einen Zeitung jeweils die „TOP 10“ lese, oder in der anderen,
was „am häufigsten angeklickt“ wird, kommen mir schon manchmal
Zweifel am Fortbestehen des Anspruchs an verlässlichen Fakten und
verständlicher Deutung. Eben am Qualitätsjournalismus.
Immerhin aber gibt es ja für mich als Zeitungsleser noch ein
ausreichendes Angebot an Zeitungen – ob Papier oder digital – in
dem noch ein solcher Journalismus geboten wird. Umso größere
Bedeutung kommt der Warnung des Bundespräsidenten anlässlich des
65. Geburtstages der Bundespressekonferenz vor
weiteren Einsparungen im Medienbereich zu (Auszug bei Kress Media):
"Prekäre Arbeit ist keine stabile Basis für verlässliche
Inhalte. Wer an dem spart, was nur Menschen... in einen
journalistischen Prozess einbringen können, der spart an der
falschen Stelle.“ (Ende des Auszugs.)
Über manche alte Horrorvision schmunzeln wir heute, führte der
Bundespräsident in seiner Rede weiter aus. „Aber viele schmunzeln
keineswegs, wenn sie die Warnungen vor dem sogenannten
Turbojournalismus des Internetzeitalters hören. Als der französische
Theoretiker Paul Virilio vor fast 20 Jahren die "Tyrannei der
Echtzeit" beschrieb, fanden sich viele Skeptiker bei ihm wieder.
Und einen großen Teil dieser Kritik vernehmen wir bis heute: etwa
über die Verarmung der Inhalte im digitalen Zeitalter, das nur "Ja"
und "Nein", nur "Daumen hoch" oder "Daumen
runter", im besten Falle die schnelle Schlagzeile kenne. Und wir
hören weiterhin die Sorge vom Ende der niveauvollen
Berichterstattung.
Und noch ein letzter, längerer Auszug aus der Rede des
Bundespräsidenten, den ich für besonders bedeutungsvoll halte:
„Mancher sieht sich existentiell bedroht, anderen eröffnet sich
ein neues Geschäftsfeld. In der Onlinewelt steht auf Knopfdruck ein
viel größerer Fundus an Quellen zur Verfügung, als wir es von
klassischen Bibliotheken und Archiven gewohnt waren. Nie konnten
Journalisten sich schneller und tiefschürfender informieren. Nie
mussten sie aber auch Informationen schneller verarbeiten. Nie
mussten sie in kürzerer Zeit die Glaubwürdigkeit ihrer so schnell
erreichbaren Quellen prüfen und sich dann ein eigenes Urteil bilden.
Wenn es um Berichterstattung und harte Fakten geht, um kurze
Meldungen, dann lässt sich diese Aufgabe nach meiner Beobachtung
besser bewältigen, als wenn Analyse und Bewertung in den Vordergrund
treten. Denn wer interpretieren und kommentieren will, der braucht
nicht nur eine solide recherchierte Grundlage, sondern auch
Gelegenheit zum Nachdenken. Qualität braucht Zeit. Sonst ist die
Gefahr groß, dass nur das nächstliegende Klischee wiederholt und
vorschnell der Stab über Menschen gebrochen wird. So entsteht das
Gerücht, die Vorverurteilung, der Skandal, der vielleicht gar keiner
ist. So geraten Behauptungen in die Welt, die nur schwer rückholbar
sind, und Urteile über Menschen, die haften bleiben, eben auch
Fehlurteile. Und wir wissen doch nach zahlreichen selbstkritischen
Wortmeldungen im deutschen Journalismus des zurückliegenden Jahres,
dass wir eigentlich nicht nur über abstrakte Gefahren sprechen,
sondern über konkrete Sachverhalte.(Ende des Auszugs) Dem ist nichts
hinzuzufügen, meine ich. Nur sollte ihn mancher überdenken, der
sich für einen Journalismusexperten hält und ausgibt, den ich aber in seinen
Arbeiten und Portalen nicht erkennen kann. Das aber ist mein ganz
persönlicher, unmaßgeblicher Eindruck als Zeitungsleser, der natürlich widerlegbar ist.
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