In meinen Eintrag zur Wahlveranstaltung der Linken am Mittwoch auf
dem Nordhäuser Theaterplatz wunderte ich mich, dass der Auftritt des
Spitzenkandidaten der LINKEN, Bodo Ramelow, in den Zeitungsberichten
kaum Erwähnung findet und seine Ansprache überhaupt unerwähnt blieb. Bei
Auswertung des Mitschnittes dieser Ansprache meine ich, eine
Erklärung dafür gefunden zu haben. Ohne weiter darauf einzugehen
komme ich einmal mehr zu der Einsicht, dass man schon selbst eine
Veranstaltung besuchen muss, wenn man an einem umfassenden Eindruck
von Verlauf und Inhalt interessiert ist. Hier also die Ansprache Bodo
Ramelows, um den gewonnenen Eindruck festzuhalten.
Meine sehr verehrten Damen und Herren,
ich begrüße Sie herzlich, es ist mir eine große Freude, wieder
in Nordhausen sein zu können, ich bin ja vor einigen Tagen schon mal
in der Region unterwegs gewesen, habe einige Betriebe besucht, es war
hochspannend. Auch bei Punkten, die umstritten sind, bin ich jetzt
extra unterwegs gewesen, um mich sachkundig zu machen und ein Gefühl
dafür zu haben, ich spreche es einfach mal an, die Frage Gipsabbau
ist hier einfach umstritten und es gibt dahinter Ängste der
Bevölkerung, dass man die Landschaft zerstört und die Region davon
nichts hat. Da will ich mal mit einem solchen Bekenntnis anfangen: in
Niedersachsen bekommen die Gemeinden den Bergzins. Das heißt, die
Abgaben, die die Betriebe zu zahlen haben, bekommt in Niedersachsen
die Gemeinde und die Region, um damit auch für die Bürger etwas zu
tun. In Thüringen bekommt ihn das Land, steckt's ein und sorgt
dafür, dass die Gemeinden nicht genügend Geld haben. Ich glaube, da
geht was richtig schief. Deshalb: wenn wir über so sensible Themen
reden, müssen wir darüber reden, dass der Begriff von mehr
direkter Demokratie bedeutet, dass auch bei umstrittenen Themen die
Bevölkerung vorher einbezogen sein muss und mit abstimmen können
muss. Und eine ganze Region muss beteiligt sein auch hinterher bei
Erträgen, die erwirtschaftet werden. Das ist nicht die
Privatangelegenheit von irgendeiner Landesregierung. Ich sage das
hier in Nordhausen, ich sage das aber auch genauso in
Tambach-Dietharz, wenns um das Pumpspeicherwerk Schmalwasser geht, da
ist es heftig umstritten und die Frage auch bei einem
Pumpspeicherwerk muss gestattet sein. Wie kommt es, dass wir
Schmalwasser sperren, große Talsperren in Thüringen, wie kommt es,
dass wir das größte Talsperrensystem Deutschlands haben, und den
höchsten Trinkwasserpreis in ganz Deutschland. Wir haben den größten
Trinkwasser-Überschuss, und trotzdem zahlen die Bürger am meisten.
Das will mir einfach nicht in den Verstand gehen, deswegen ist es
eben so erstaunlich, dass eine Talsperre wie Schmalwasser , die erst
in den neunziger Jahren gebaut, die ist funkelnagelneu, die ist von
Ihnen als Bürger mitfinanziert worden – und die ist stillgelegt
worden. Und deshalb gibt’s Überlegungen, ob man dort ein
Pumpspeicherwerk in der Mittellage baut, ob man also nicht den großen
Eingriff in die Natur macht, sondern einen sehr minimalen Eingriff.
Und dann mit diesem Pumpspeicherwerk nicht Geld verliert, sondern
Geld verdient. Aber das Geldverdienen muss für die Region sein. Und
damit sind wir bei einem zentralen Punkt, dass im Moment Thüringen
an allen Stellen schneidet, auseinander schneidet: der Energiewende.
Wir haben alle zur Kenntnis genommen nach Fukushima, was Atomkraft
bedeutet. Heute sagen wir, der Ausstieg aus der Atomenergie ist der
Einstieg in die Energiewende. Aber doch nicht, wenn man die gleichen
Konzerne so weitermachen lässt wie das, was bisher gewesen ist. Wenn
man also an Stelle der Atomkraftwerke riesige Wind-Offshore-Anlagen
baut, und dann große Stromautobahnen durch Deutschland zieht. Dann
landen die alle in Thüringen. Und von keiner einzigen dieser
Stromautobahnen kriegt die Region einen Cent. Außer, dass wir die
Natur verlieren, außer, dass wir die Natur zerstören. Und es gibt
Alternativen dazu, die Alternativen heißen: regional, regenerativ
und dezentral. Also Energieproduktion in die eigenen Hände nehmen,
Gemeinden in die Lage versetzen, ihre Energie selber zu produzieren.
Und nicht den Oberregierungsrat oder den gut Verdienenden in
Westdeutschland die ganzen Einnahmen gestatten für die ganzen
Windkraftanlagen, Solaranlagen und ähnliches. Wir möchten, dass mit
der Energieproduktion die Region selber Geld verdient, wir möchten,
dass Gemeinden selbst in die Lage versetzt werden. Hätten die
Gemeinden das Gemeinde-Wirtschaftsrecht von Hessen: in Hessen dürfen
die Gemeinden Energie produzieren. Die sollen sogar Energie
produzieren, damit sie Geld verdienen. Als Teil der Einnahmen. Auf
dem Hohen Roßkopf(?) stehen Windkraftanlagen, die sind alle von der
Gemeinde aufgebaut und das Geld bleibt in der Gemeinde. Und in Bayern
haben sie Solarkraftwerke, die die Gemeinden finanziert haben, und
das Geld verdienen. Das meine ich mit den Profit aus der
Energieproduktion endlich für die Bürger einsetzen. In der Region
das Geld belassen. Das bedeutet überhaupt keine andere große
Politik, das bedeutet nur, den Mut zu sagen, die Bürger sollen
selber mitbeteiligt werden. Das verstehe ich unter
Wirtschaftsveränderung, Kommunalveränderung und eine andere
Energiepolitik. Und am Ende unter mehr Demokratie.
Ja, und wenn ich neben dem Nordhäuser Theater stehe wiederhole
ich das, was ich vor Stunden neben dem Altenburger Theater heute
Vormittag schon gesagt habe: wir sind stolz darauf, ein Land zu sein
mit soviel Kultur. Und Frau Lieberknecht hat erklärt, sie sei stolz
darauf, dass in ihrer Amtsperiode kein einziges Theater, kein
einziges Orchester geschlossen wurde. Und ich sage, formal stimmt
das. Tatsächlich aber sind de ganzen Kultureinrichtungen zum Sterben
verurteilt, weil sie ausgehungert werden. Das Beispiel des
Landestheaters Eisenach, mit dem Nordhausen früher kooperiert hat.
Und es war eine gute Kooperation zwischen Nordhausen, Eisenach und
Rudolstadt. Das Landestheater in Eisenach hat jetzt einen Abbau vom
Orchester gehabt, die sind auf ein komplettes Streichorchester
reduziert worden. Die können keine Symphonie mehr aufführen. Die
können vielleicht das Forellenquintett noch aufführen. Das heißt,
da steht zwar noch Theater dran, aber innen drin ist ein sterbender
Schwan am Laufen. Die Kultur, die lässt man absterben, weil die
Gemeinden nicht das Geld haben, die kulturellen Aufgaben gemeinsam zu
finanzieren. Deshalb brauchen wir endlich für die Theater und die
Orchester und unsere Kultur einen kulturellen Lastenausgleich. Damit
alle Landkreise und alle Gebietskörperschaften sich an den
Kulturaufgaben finanziell beteiligen. Und deshalb braucht die Region
auch in Nordhausen Unterstützung und Signale, dass es eben nicht ein
Hobby von Nordhausen ist, ob man ein Theater hat oder nicht. Und ob
das Loh-Orchester da ist oder nicht. Nein, das sind kulturelle
Pflichtaufgaben, wir müssen sie nur anders finanzieren. Und deshalb
ein klares Bekenntnis zu unseren Kultureinrichtungen, aber auch ein
klares Bekenntnis, das Beispiel Altenburg habe ich gerade genannt.
Zum Theater Altenburg gehört das Theater Gera. Im Theater Gera sind
die Hälfte aller Theatergäste aus dem Landkreis Greiz. Der
Landkreis Greiz zahlt keinen Cent dazu, dass das Fünf-Spartenhaus in
Gera und Altenburg finanziert wird. Der Landkreis Altenburg und die
Stadt Altenburg und die StadtGera zahlen gemeinsam, der Landkreis
Greiz zahlt nichts dazu. Er nutzt die Theater als kulturellen
Standort für alle seine Menschen, aber sie zahlen nicht. Und das
meine ich mit der falschen Finanzierung. Und an dem Beispiel eben ein
klares Bekenntnis für die Kultureinrichtung und für die kulturelle
Finanzierung. Und in dem Zusammenhang ein klares Bekenntnis auch zur
Bildung, dem Stammland der Reformpädagogen. In dem Land, in dem die
Jenaer Planschulen erfunden und entwickelt worden sind, in dem Land,
in dem der Kindergarten als Kindergarten und als Begriff um die ganze
Welt gegangen ist. In China heißt auf chinesisch diese Einrichtung
Kindergarten. Das ist das chinesische Wort für Kindergarten. Das
kommt aus Thüringen, das kommt von Herrn Frobel. Und in dem Land, in
dem die Zuckertüte entwickelt wurde, in diesem Land lassen wir zur
Zeit massenweise Unterricht ausfallen: 4 Prozent regionalausfall(?) 4
Prozent Fremdunterricht, also falscher Unterricht, nur damit die
Kinder nicht aus der Schule rauslaufen: sind 8 Prozent ohne
vernünftigen Unterricht. Und dahinter steht eine harte Zahl: 2500
Lehrer wollte diese Koalition einstellen. CDU und SPD hat das
verabredet und vereinbart – sie
können es nachlesen – 2500
Lehrer. Tatsächlich eingestellt haben sie nur 1200. Das heißt, 1300
Lehrer sind nicht eingestellt worden. Wenn Sie also wissen wollen
warum Unterricht ausfällt, da hat das einen Namen und eine Adresse.
Und das ist nicht Herr Matschie, das ist nicht der zuständige
Kulturminister der SPD, das ist Herr Voss von der CDU. Der spart auf
dem Rücken unserer Kinder den Haushalt gesund um hinterher im
Wahlkampf zu sagen, wir haben Haushaltsüberschüsse erwirtschaftet.
Auf dem Rücken unserer Kinder. Und die Infamie, die Infamie ist,
dass die CDU jetzt sagt, wenn sie uns als CDU wählen, bekommen sie
in den ersten hundert Tagen 1000 neue Lehrer. Das ist die Partei, die
1300 Lehrer nicht eingestellt hat. Was ist das für eine Infamie,
vorher die Lehrer nicht einzustellen, um dann zu sagen, wählen sie
uns und dann bekommen sie das. Und das selbe gilt für die
Schulraumsanierung. In Eisenach haben wir ein Gymnasium, das hat seit
50 Jahren keinen Topf Farbe gesehen. Wie müssen sich da Kinder,
Lehrer und Eltern fühlen, in einer Schule, die null saniert ist. Als
Birgit Keller noch mit mir zusammen im Landtag war, haben wir immer
zusammen dafür gestritten, dass nicht erst der Landtag modernisiert
wird, sondern erst alle Schulen. Also erst die Schulen, erst die
Zukunft unserer Kinder: nein, es wurde zuerst der Landtag modern
gemacht: Glaspalast für die Demokratie. Das hat nur mit
transparenter Politik nichts zu tun, es ist aber ein schöner
Glaspalast, also, wir haben gute Arbeitsbedingungen. Unser Ansatz war
nur, erst die Arbeitsbedingungen der Schüler und Lehrer müssen
endlich in Ordnung gebracht werden. Und deswegen finde ich es auch
infam, wenn sich Herr Carius, das ist der Bauminister, jetzt als
Bildungsminister sich öffentlich aufspielt, mit Herrn Voss zusammen,
weil – es ist ja Wahl am Sonntag – und gibt eine Pressekonferenz
und sagt, wenn die Bürger uns wählen, dann gibt’s 125 Millionen
Euro für Schulsanierung. Noch vor einem Jahr ist der Doppelhaushalt
aufgestellt worden und es war der Herr Voss, der von 22 Millionen die
Schulraumsanierung aus dem Haushalt auf 15 Millionen reduziert hat.
Der gleiche Herr Voss hat die Gelder reduziert, um jetzt im Wahlkampf
zu sagen, ich hab' da noch Geld gefunden. Da vergisst er nur, den
Wählern zu sagen, dass erst der nächste Landtag das beschließen
kann. Und da ist die Frage, ob sie noch wollen, dass die das
beschließen oder ob wir endlich einen politischen Wechsel in
Thüringen bekommen, damit sie verlässliche Politik bekommen. Ich
finde Politik, die in Wahlkämpfen den Menschen das Blaue vom Himmel
verspricht, finde ich Sandmännchenpolitik. Das heißt, den Menschen
Sand in die Augen streuen und einfach zu sagen „Liebe Bürger,
vergesst bitte, dass wir fünf Jahre die Verantwortung hatten. Und
vergessen Sie, dass die CDU 24 Jahre Verantwortung hatte. Vergessen
Sie das bitte. Wenn Sie davon hören, dass sieben Prozent unserer
Schülerinnen und Schüler ohne einen staatlichen Schulabschluss das
staatliche Schulsystem verlassen: sieben Prozent und über die
Verlierer redet niemand, über die Gewinner wird geredet...Und Bayern
stellt sie ein. Aber über die, die durchs Rost fallen, für die wir
als Politiker doch für das staatliche Schulsystem zuständig sind,
redet niemand. Deshalb reden wir über längeres gemeinsames Lernen.
Deswegen reden wir über eine Schule, die ein Angebot macht mit einer
besseren pädagogischen Betreuung. Deshalb reden wir über eine
Kindereinrichtung Kita, die im letzten Jahr kostenfrei ist, denn es
macht keinen Sinn, das Geld den Eltern zu geben, wenn sie ihre Kinder
nicht in die Kita geben. Da kann jedes Elternteil selbst entscheiden.
Aber ihnen staatliches Geld dafür geben – der Landesrechnungshof
hat das jetzt geprüft, das Geld für die Eltern, die ihre Kinder
nicht in die Kita geben. Der Landesrechnungshof kam zu dem Ergebnis,
das ist eine falsche Geldausgabe. Das ist so, als wenn sie jeden
Autofahrer Geld dafür geben, dass er nicht mit dem Nahverkehr fährt.
Sie finanzieren also jeden sein Privatauto, Hauptsache er fährt
nicht mit dem öffentlichen Verkehr. Und da sagen wir, das ist
falsch, denn Öffentlichen Verkehr brauchen wir für Alle. Die Kitas
brauchen wir für Alle. Das heißt, die strukturbildenden Maßnahmen,
die eine Gesellschaft zusammenhalten. müssen für jeden zugänglich
sein. Und deswegen ist es so erbärmlich, dass man 20 Millionen Euro
gibt, damit die Eltern ihre Kinder nicht in die Kitas geben. Statt 20
Millionen in die Kitas zu geben, damit das letzte Jahr vor der Schule
für Alle kostenfrei ist. Das wäre der richtige Weg. Und diese
Änderung wollen wir einleiten.
Ja, meine Damen und Herren, ich will es klar bekennen, wir sagen
ganz klar, mit wen wir die Politik verändern wollen. Wir stehen
dazu, wir sagen, mit den zwei Parteien, mit denen wir für mehr
Demokratie seit fünfzehn Jahren zusammenarbeiten. Und mehr direkte
Demokratie heißt, mehr Entscheidungen in Ihre Hand zu geben. Ich
werbe nicht für Ihre Stimme, damit Sie nach fünf Jahren mal gucken,
ob ich die Stilnote A oder B kriege. Ich werbe für eine Stimme,
damit Sie selber sich einmischen können. Mehr direkte Demokratie
heißt, dass Sie entscheiden sollen, wenn's um Ihre Geld geht. Wenn
Sie in Bayern leben würden, dürften Sie das. In Bayern dürfen die
Bürger abstimmen, wenn's ihr Geld kostet. Warum traut die Thüringer
CDU das Ihren nicht zu? Und deshalb haben wir gesagt, bei mehr
Demokratie. Und das sind SPD, Grüne und wir zusammen. Und wir drei
Parteien haben gesagt, die Bürger müssen entscheiden dürfen, wenn
es um das Geld der Bürger geht. Und da will ich Ihnen zwei
praktische Beispiele sagen: Straßenausbaubeiträge. In Thüringen
dürfen die Gemeinden nicht entscheiden, ob sie die Beiträge erheben
oder nicht, sondern sie werden zwangsweise beigetrieben. Es gibt ein
neues Gesetz, und das hat Frau Lieberknecht unterschrieben. Da steht
drin, dass Sie dreißig Jahre rückwirkend in finanzielle Haftung
genommen werden können für Straßen, die irgendwann gebaut worden
sind. In einer Gemeinde werden Unterlagen nur zehn Jahre aufgehoben.
Wie sie eigentlich im Protest durch ihre Gemeinde bewiesen werden
sollen, dass da gebaut worden ist, bleibt mir völlig unklar. Das
wird beim Verfassungsgericht überhaupt keinen Bestand haben. Da hat
Frau Lieberknecht gelacht, als ich ihr das vorgehalten habe. Ich
frage, was machen sie für Gesetze dass sie die Bürger zwingen,
klagen zu gehen, das ist doch erbärmlich. Ich finde das erbärmlich.
Weil ich der Meinung bin, über Straßenausbaubeiträge muss die
Gemeinde entscheiden. Und die Gemeinde kann entscheiden. Und die
Gemeinde kann entscheiden, wenn sie entscheiden darf. Also muss das
Gesetz geändert werden. Da ist noch kein Geld ausgegeben. Das
bedeutet nur, Ihnen mehr Verantwortung zu geben. Den Mut zu haben,
Ihnen das zuzutrauen, dass Sie es besser beurteilen können. Und dann
die Frage, wie Beiträge erhoben werden, kann man Volksabstimmung
machen. So, wie ich mir über Schmalwasser eine Bürgerbeteiligung
vorstelle. Und auch ein umstrittenes Beispiel wie Gipsabbau. Muss in
der Region entschieden werden. Aber im Ende müssen Sie einen
Mehrwert davon haben. Nicht nur eine zerstörte Landschaft oder eine
große Schneise mit Stromtrassen. Sondern die Menschen einladen,
Demokratie wieder von unten zu leben. Deswegen sagen wir ganz klar.
Mehr direkte Demokratie ist ein Markenzeichen für Demokratie. Und
ich finde es bedrückend, dass in Sachsen 48, 5 Prozent der
Wählerinnen und Wähler nur zur Wahl gegangen sind. Ich finde es als
eine Ohrfeige für die parlamentarische Demokratie, weil die Hälfte
der Bevölkerung gesagt hat, ist uns doch egal, Tillich will ich,
macht weiter, keiner fragt mehr danach. Wer feiert das als Sieg? Ich
sehe es als bedrückende Niederlage für alle, die da im Landtag
sitzen. Weil es eine Absage an die Demokratie ist. Und deshalb aus
unsrer Perspektive eine klare Ansage: diejenigen die zu Weltoffenheit
stehen, diejenigen, die ein anderes Menschenbild haben, diejenigen,
die sich quer stellen wenn Nazis auf die Straße gehen, und auch
Häuser gekauft werden. Das sind die Parteien, denen ich zutraue,
dass wir eine andere Landespolitik machen. Und deshalb gibt es auch
eine klare Koalitionsaussage von uns: wir wollen SPD und Grüne
einladen, gemeinsam die Regierungspolitik in diesem Land zu
verändern. Wir haben genügend Gemeinsamkeit mit den Bürgern
erarbeitet. Die verbesserte pädagogische Betreuung in den Kitas hat
eine Bürgerinitiative durchgesetzt, und die drei Parteien, die ich
gerade genannt habe, haben mitgearbeitet dass es ein Erfolg wurde.
Und dann haben wir im Landtag – Birgit Keller erinnert sich –
dann haben wir im Landtag gesagt, wenn die Politik die Kosten erhöht,
dürfen nicht die Eltern die Last bezahlen, dann muss die Politik die
Kosten bezahlen. Und wir haben beschlossen, dass das Geld vom Land
zur Verfügung gestellt wird. Und dann hat die CDU durchgesetzt, das
geht alles in den kommunalen Finanzausgleich, das ist das berühmte
schwarze Loch, da verschwindet alles. Und dann kommt der Illusionist,
der Copperfield des Tages, Herr Voss, und zieht wieder irgendein
Kaninchen raus. Und dann hat er wieder etwas gefunden, für Oberhof,
für Gera, und jeder kriegt etwas, weil Wahltage sind. Aber die Kitas
kriegens nicht. Aber die Kitas brauchen das Geld. Und deshalb haben
wir damals vorgeschlagen, und dabei bleibe ich, die Kitas gehören
aus dem kommunalen Finanzausgleich raus, die gehören in den
Bildungsbereich zu Herrn Matschie rein, da, wo auch die Schulen drin
sind, und dann wird Kita für Kita abgerechnet. Und jede Kita kriegt
das Geld erstattet, was an pädagogischer Verbesserung eingetreten
ist, und nicht die notleidende Gemeinde die nicht weiß, wie sie es
bezahlen soll. Und muss dann bei den Eltern die Gebühren erheben.
Deshalb sagen wir auch, die Finanzierung muss man ändern.
Und dann will ich Ihnen den Befund des heutigen Tages mitteilen:
241 Städte und Gemeinden haben am heutigen Tag keinen Haushalt.
Weder einen beschlossenen, noch einen aufgestellten, noch einen
genehmigten. Das ist jede vierte Gemeinde in Thüringen. Das
bedeutet, dass in jeder vierten Gemeinde die vom Volk gewählten
Stadträte und Gemeinderäte nichts zu sagen haben. Nichts zu sagen
haben, egal, welcher Partei sie angehören. Deshalb rede ich nicht
nur von unserer Partei, ich rede von der Entdemokratisierung aller
Kommunalvertreter, wenn es nichts mehr gibt, was sie entscheiden
können. Und deshalb sollte sich diese Landesregierung eher schämen,
denn der Befund bedeutet, dass wir eine entdemokratisierte Zone Stück
für Stück bekommen, wenn die Menschen in den Gemeinderäten nichts
mehr zu entscheiden haben. Und dahinter steckt ein ganz anderes
praktisches Problem: eine Stadt, die kein Geld hat, dass sie selber
entscheiden kann, kann den Eigenanteil zur Sanierung der Schule oder
zur Sanierung des Busbahnhofes gar nicht bezahlen. Und wer keinen
Eigenanteil hat, der kriegt auch kein Fördergeld dazu. Und das
heißt, die armen Gemeinden und Städte werden noch mehr verarmt. Und
die reichen lachen sich kaputt. Dasselber was wir im
gesellschaftlichen Leben haben: den Reichen wird gegeben und den
Armen wird genommen. Genau so funktioniert im Moment die
Landespolitik in Thüringen. Ich hab da immer meine zwei
Lieblingsgemeinden: die eine ist Krauthausen, das ist die Gemeinde,
die hat ein Riesen-Industriegebiet, das heißt Eisenacher
Gewerbegebiet. Diese Gemeinde Krauthausen hat ein riesiges
Gewerbegebiet, das den Namen Eisenach trägt, aber hat mit der Stadt
Eisenach überhaupt nichts zu tun. Das heißt, die ganze kommunale
Steuer, die man braucht, um Gemeinwesen zu bezahlen, fließt nach
Krauthausen. Als Stadtrat von Krauthausen verstehe ich das gut, dass
man das Geld nimmt. Aber als Politiker mit Landessicht muss ich mal
sagen, die Stadt Eisenach muss das Krankenhaus stellen, muss
nebendran dafür sorgen,dass Polizei da ist, muss dafür sorgen, dass
Stadtwerke da sind, muss dafür sorgen dass alle rechtstaatlich
notwendigen Sachen und alle sozialen Infrastrukturmaßnahmen da
sind. Und kriegt vom Gewerbegebiet keinen Cent. Und dann feiert das
die CDU als kommunale Selbstverwaltung. Und falls Sie sich erinnern,
es gab in den letzten Tagen ein Inserat, von einem Unternehmer. Der
eine ist der Federn Oswald (?), und der andere ist Handwerker
Lindich. Die haben inseriert an die Bürger in Thüringen – die
haben, glaube ich, 30 000 Euro dafür bezahlt - „Wählen Sie bloß
nicht den Ramelow“. Ich meine, es gehört zur Demokratie, dass ich
das auch aushalte, dass man 30 000 Euro aus seinen Privatschatullen,
nimmt, um vor Ramelow zu warnen. Aber was ich erbärmlich finde ist:
der eine war Vorzeigekandidat von der NPD und ist immer als
Selbständiger in der DDR bis zum Schluss gefördert und gehätschelt
und getätschelt worden. Wenn der vor mir warnt, finde ich das
einfach absurd. Aber dass der andere Stadtrat in Eisenach war bis zu
dieser Kommunalwahl und im Stadtrat von Eisenach immer zur Kenntnis
nehmen musste, dass die Stadt pleite ist, aber sein Gewerbebetrieb
ist in Krauthausen. Dann verstehe ich, dass die in Krauthausen jetzt
so sauer auf mich sind. Weil die nicht wollen, dass ich über diese
Verhältnisse rede. Weil die nicht wollen, dass überhaupt über
diese Verhältnisse geredet wird. Damit sie einfach so weitermachen
können wie bisher. Nur: so weiter können wir nicht machen. Wir
müssen die Städte stärken, damit die Aufgaben erfüllt werden und
wir müssen den ländlichen Raum so ausstatten, dass die Aufgaben
erledigt werden, die im ländlichen Raum notwendig sind:
Gemeindeschwester, Landambulatorium, auch ein Pflegestützpunkt.
Warum wir fünf konkurrierende Pflegedienste in einem Dorf haben, es
reicht doch ein Pflegestützpunkt.. Die Dinge zusammenfassen: das
eine tun, das andere nicht lassen. Da können die noch so sehr vor
der kommunistischen Weltrevolution mit Ramelow warnen: ich rede über
Landespolitik, über praktische Landespolitik und sage: die muss
geändert werden. Hier und jetzt und heute. Und deswegen scheue ich
mich auch nicht, die große Verwaltungsreform anzusprechen. Wir haben
in Thüringen eine Verwaltung, die könnte eine Million Einwohner
mehr verwalten. Sagen Sie mir bitte, wo die eine Million Einwohner
herkommen. Entweder müssen wir die eine Million Einwohner kriegen,
oder wir müssen die Verwaltung so umbauen, dass sie passgenau für
die Aufgaben ist, dass der Bürger an jeder Stelle erledigt kriegt,
was er erledigt haben will. Ist es denn nicht vorstellbar, in jeden
Gemeindeamt ein Bürgerserviceamt einzurichten. Ist es denn nicht
möglich, die Aufgaben elektronisch so nah an den Bürger
ranzubringen, dass sie nur noch an eine Stelle gehen, und da kriegen
sie alles erledigt. Dann wandert die Akte und nicht der Bürger. Und
deshalb brauchen wir eine große Verwaltungsreform und das ist
überhaupt kein Problem. Kein einziger Mensch, der derzeit beim Land
arbeitet verliert seinen Arbeitsplatz. Jeder fünfte geht in den
nächsten vier Jahren in Rente da scheint es nötig, schon jetzt zu
sagen wo wir in Zukunft neue Strukturen aufbauen und welche wir
wegfallen lassen. Und deswegen sage ich ganz klar: wir wollen das
Landesverwaltungsamt abschaffen, wir wollen die mittlere
Verwaltungsebene komplett beenden, damit es ein Mehr an Verwaltung
ortsnah gibt, je wir näher wir an sie herankommen, desto besser.
Und für die Wirtschaftsleute sage ich, ist es denn so blöde, wenn
ich einfach drauf hinweise, jeder Großkonzern hat alles erledigt
gekriegt. Und das ist auch gut so: Misubishi, Daimler-Chrysler, hat
von der Landesentwicklungsgesellschaft alles erledigt bekommen. Bis
zum Personal sogar, bis zum Autobahnanschluss. Die haben nur eine
einzige Anlaufstelle gehabt, die mussten zu keiner anderen Behörde,
die LEG hat alles erledigt. Das ist toll. Warum können wir das nicht
für jeden Handwerksbetrieb einführen. Können wir das nicht für
jeden Mittelständler einführen. Können wir nicht das Prinzip des
One-stop-Centers: eine Stelle zur Erledigung aller Aufgaben. Dann
ändern wir die Verwaltung und nicht, wir passen die Menschen an die
Verwaltung an, sondern wir passen die Verwaltung an die Menschen an.
Das ist Landespolitik, wie ich sie mir vorstelle. Und dafür stehe
ich, dafür stehen wir, so ist unser Wahlprogramm aufgebaut und
deshalb ein klares Bekenntnis: Wir wollen mit Ihnen landespolitisch
Akzente setzen-Wir sagen: Rot-rot grüne Landespolitik bedeutet
Reformen mit Augenmaß für die Bürger anzugehen. Aber anzugehen:
das Geld für die Kitas bei den Kitas ankommen lassen. Das Geld für
die Schulen bei den Schulen ankommen lassen. Die Lehrer in den
Schulen zum Unterricht zu geben, die Theater endlich ausreichend
finanzieren, damit ein Kulturentwicklungsplan für längere Zeit
existiert. Und nicht Kultur nach Kassenlage gemacht. Das sind doch
Proteste, die wir jetzt organisieren können, und deshalb meine Damen
und Herren, ichkann es Ihnen nicht ersparen: Frau Taubert sagt immer,
ich wäre der rundliche Stubenkater. Ja, sie ist ja zuständig für
Tierschutz und ich bin dann in Erfurt immer ins Tierheim gegangen und
hab' mir erklären lassen, wie die mit Fundkatzen umgehen, dass die
entwurmt werden müssen, dass sie kastriert werden müssen, dass die
dann schnell wieder ausgesetzt werden müssen. Und es ist doch völlig
klar, so ein Tierheim muss doch ordentlich finanziert werden. Die
sind chronisch unterfinanziert. Frau Taubert könnte sich um Katzen
kümmern. Und ich hab' ein Herz für Katzen. Und wenn ich dann sehe,
dass sie sagt, ich sei ein rundlicher Stubenkater, dann will ich
Ihnen das an einem Beispiel erklären: wir haben gesagt, wir wollen
mit den Bürgern eine reformorientierte Landespolitik entwickeln, das
heißt, wir sagen mit SPD und Grünen wollen wir zusammen regieren.
Damit haben wir eine klare Koalitionsaussage gemacht. Wenn Sie
allerdings Frau Taubert wählen, oder Frau Siegesmund, dann kann es
Ihnen passieren, dass sie anschließend Herrn Moring kriegen. Da
kann ich Ihnen nicht garantieren, weil beide ja nicht sagen, was sie
nachher machen werden. Das nenne ich dann die Katze im Sack. Und
vielleicht hat Frau Taubert diese Katze gemeint. Und dann erzähl'
ich Ihnen den Satz von Herrn Dr. Vogt, das ist der Manager der CDU,
der macht das ganze Wahlkampfmanagement. Herr Dr. Vogt sagt, die
Wähler müssen entscheiden, zwischen Christine Lieberknecht und Bodo
Ramelow. Und ich wiederhol' das. Der Satz stimmt einfach: Sie müssen
entscheiden zwischen einem Weiter so wie bisher, zwischen schwarzer
Traurigkeit, zwischen einer Landesregierung, die noch nie so viele
Staatsanwälte beschäftigt hat mit den Ministern und
Staatssekretären. Oder eine bunte Vielfalt, Weltoffenheit und einer
Garantie, dass wir Lehrer einstellen, dass wir Kultur
absichern und
das meine Damen und Herren, das ist mein letzter, letzter Wunsch:
Gehen Sie wählen, gehen Sie bitte wählen. Und ich werbe
ausdrücklich auch für die Menschen, die CDU wählen: gehen Sie auch
Ihre CDU wählen. Auch wenn ich Ihnen nicht garantieren kann ob dabei
Frau Lieberknecht raus kommt. Das weiß man im Moment bei ihr nicht
so genau. Aber tun Sie mir den Gefallen, gehen Sie wählen, weil
jeder, der nicht wählen geht, stärkt die Kräfte, die wir im
Landtag nicht brauchen. Und die wir nicht wollen. Das sind die, die
in Eisenach gerade ein Haus eröffnet haben und damit deutlich
machen, die Nazis strecken den Kopf wieder hoch und tun so, als
hätten sie nichts damit zu tun, als hätten sie mit Bomben auf einen
Döner nichts zu tun. Der Herr Wüschtik (?) versucht dauernd
einzureden, dass er gar keine Straftat gehabt hat, weil, ersteht ja
nicht einmal im Strafregister. Aber ich versichere Ihnen er hatte
zwei Jahre und neun Monate für den Bombenanschlag auf die Dönerbude
und wegen den Übergriff auf das Kind ist gegen ihn nicht einmal das
Verfahren eröffnet worden, aber Herr Walk, der damalige
Polizeipräsident versichert, dass alle Akten original und echt sind.
Also wenn Sie wissen wollen, was Nazis in Thüringen erzählen,
überlegen sie genau, Die jedenfalls dürfen nicht in den Landtag
kommen, deshalb werbe ich für die parlamentarische Demokratie und
ich werbe für eine starke Wahlbeteiligung. Gehen Sie hin, wählen
Sie, entscheiden Sie. Sie haben zweimal die Gelegenheit, ein rotes
Kreuz zu machen: mit der ersten Stimme kräftig rot wählen, mit der
zweiten Stimme kräftig rot wählen. Herr Gysi kommt noch, der
erklärt Ihnen, dass mit dieser Stimme Sie einen Fünf-fach Effekt
erzielen, das ist also unschlagbar, wie er das erklärt. Er hat auch
heute morgen schon die Bundestagsdebatte eröffnet mit dem Hinweis,
dass die Thüringer Bodo Ramelow verdient haben. Ich danke Gregor
Gysi ausdrücklich, dass er das der Merkel schon erzählt hat. Die
fährt nämlich mit dem Hubschrauber durchs Land und warnt ja überall
auf Steuerkosten vor mir. Und das ehrt mich ungemein, dass Frau
Merkel jetzt schon vor mir warnt. Ich glaube, dieses Land hat es
verdient, eine bunter Vielfalt, eine Weltoffenheit. Wählen Sie rot,
gehen Sie wählen vielen Dank.
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