Freitag, 12. September 2014

Ramelow beeindruckte in Nordhausen

In meinen Eintrag zur Wahlveranstaltung der Linken am Mittwoch auf dem Nordhäuser Theaterplatz wunderte ich mich, dass der Auftritt des Spitzenkandidaten der LINKEN, Bodo Ramelow, in den Zeitungsberichten kaum Erwähnung findet und seine Ansprache überhaupt unerwähnt blieb. Bei Auswertung des Mitschnittes dieser Ansprache meine ich, eine Erklärung dafür gefunden zu haben. Ohne weiter darauf einzugehen komme ich einmal mehr zu der Einsicht, dass man schon selbst eine Veranstaltung besuchen muss, wenn man an einem umfassenden Eindruck von Verlauf und Inhalt interessiert ist. Hier also die Ansprache Bodo Ramelows, um den gewonnenen Eindruck festzuhalten.


Meine sehr verehrten Damen und Herren,


ich begrüße Sie herzlich, es ist mir eine große Freude, wieder in Nordhausen sein zu können, ich bin ja vor einigen Tagen schon mal in der Region unterwegs gewesen, habe einige Betriebe besucht, es war hochspannend. Auch bei Punkten, die umstritten sind, bin ich jetzt extra unterwegs gewesen, um mich sachkundig zu machen und ein Gefühl dafür zu haben, ich spreche es einfach mal an, die Frage Gipsabbau ist hier einfach umstritten und es gibt dahinter Ängste der Bevölkerung, dass man die Landschaft zerstört und die Region davon nichts hat. Da will ich mal mit einem solchen Bekenntnis anfangen: in Niedersachsen bekommen die Gemeinden den Bergzins. Das heißt, die Abgaben, die die Betriebe zu zahlen haben, bekommt in Niedersachsen die Gemeinde und die Region, um damit auch für die Bürger etwas zu tun. In Thüringen bekommt ihn das Land, steckt's ein und sorgt dafür, dass die Gemeinden nicht genügend Geld haben. Ich glaube, da geht was richtig schief. Deshalb: wenn wir über so sensible Themen reden, müssen wir darüber reden, dass der Begriff von mehr direkter Demokratie bedeutet, dass auch bei umstrittenen Themen die Bevölkerung vorher einbezogen sein muss und mit abstimmen können muss. Und eine ganze Region muss beteiligt sein auch hinterher bei Erträgen, die erwirtschaftet werden. Das ist nicht die Privatangelegenheit von irgendeiner Landesregierung. Ich sage das hier in Nordhausen, ich sage das aber auch genauso in Tambach-Dietharz, wenns um das Pumpspeicherwerk Schmalwasser geht, da ist es heftig umstritten und die Frage auch bei einem Pumpspeicherwerk muss gestattet sein. Wie kommt es, dass wir Schmalwasser sperren, große Talsperren in Thüringen, wie kommt es, dass wir das größte Talsperrensystem Deutschlands haben, und den höchsten Trinkwasserpreis in ganz Deutschland. Wir haben den größten Trinkwasser-Überschuss, und trotzdem zahlen die Bürger am meisten. Das will mir einfach nicht in den Verstand gehen, deswegen ist es eben so erstaunlich, dass eine Talsperre wie Schmalwasser , die erst in den neunziger Jahren gebaut, die ist funkelnagelneu, die ist von Ihnen als Bürger mitfinanziert worden – und die ist stillgelegt worden. Und deshalb gibt’s Überlegungen, ob man dort ein Pumpspeicherwerk in der Mittellage baut, ob man also nicht den großen Eingriff in die Natur macht, sondern einen sehr minimalen Eingriff. Und dann mit diesem Pumpspeicherwerk nicht Geld verliert, sondern Geld verdient. Aber das Geldverdienen muss für die Region sein. Und damit sind wir bei einem zentralen Punkt, dass im Moment Thüringen an allen Stellen schneidet, auseinander schneidet: der Energiewende. Wir haben alle zur Kenntnis genommen nach Fukushima, was Atomkraft bedeutet. Heute sagen wir, der Ausstieg aus der Atomenergie ist der Einstieg in die Energiewende. Aber doch nicht, wenn man die gleichen Konzerne so weitermachen lässt wie das, was bisher gewesen ist. Wenn man also an Stelle der Atomkraftwerke riesige Wind-Offshore-Anlagen baut, und dann große Stromautobahnen durch Deutschland zieht. Dann landen die alle in Thüringen. Und von keiner einzigen dieser Stromautobahnen kriegt die Region einen Cent. Außer, dass wir die Natur verlieren, außer, dass wir die Natur zerstören. Und es gibt Alternativen dazu, die Alternativen heißen: regional, regenerativ und dezentral. Also Energieproduktion in die eigenen Hände nehmen, Gemeinden in die Lage versetzen, ihre Energie selber zu produzieren. Und nicht den Oberregierungsrat oder den gut Verdienenden in Westdeutschland die ganzen Einnahmen gestatten für die ganzen Windkraftanlagen, Solaranlagen und ähnliches. Wir möchten, dass mit der Energieproduktion die Region selber Geld verdient, wir möchten, dass Gemeinden selbst in die Lage versetzt werden. Hätten die Gemeinden das Gemeinde-Wirtschaftsrecht von Hessen: in Hessen dürfen die Gemeinden Energie produzieren. Die sollen sogar Energie produzieren, damit sie Geld verdienen. Als Teil der Einnahmen. Auf dem Hohen Roßkopf(?) stehen Windkraftanlagen, die sind alle von der Gemeinde aufgebaut und das Geld bleibt in der Gemeinde. Und in Bayern haben sie Solarkraftwerke, die die Gemeinden finanziert haben, und das Geld verdienen. Das meine ich mit den Profit aus der Energieproduktion endlich für die Bürger einsetzen. In der Region das Geld belassen. Das bedeutet überhaupt keine andere große Politik, das bedeutet nur, den Mut zu sagen, die Bürger sollen selber mitbeteiligt werden. Das verstehe ich unter Wirtschaftsveränderung, Kommunalveränderung und eine andere Energiepolitik. Und am Ende unter mehr Demokratie.
Ja, und wenn ich neben dem Nordhäuser Theater stehe wiederhole ich das, was ich vor Stunden neben dem Altenburger Theater heute Vormittag schon gesagt habe: wir sind stolz darauf, ein Land zu sein mit soviel Kultur. Und Frau Lieberknecht hat erklärt, sie sei stolz darauf, dass in ihrer Amtsperiode kein einziges Theater, kein einziges Orchester geschlossen wurde. Und ich sage, formal stimmt das. Tatsächlich aber sind de ganzen Kultureinrichtungen zum Sterben verurteilt, weil sie ausgehungert werden. Das Beispiel des Landestheaters Eisenach, mit dem Nordhausen früher kooperiert hat. Und es war eine gute Kooperation zwischen Nordhausen, Eisenach und Rudolstadt. Das Landestheater in Eisenach hat jetzt einen Abbau vom Orchester gehabt, die sind auf ein komplettes Streichorchester reduziert worden. Die können keine Symphonie mehr aufführen. Die können vielleicht das Forellenquintett noch aufführen. Das heißt, da steht zwar noch Theater dran, aber innen drin ist ein sterbender Schwan am Laufen. Die Kultur, die lässt man absterben, weil die Gemeinden nicht das Geld haben, die kulturellen Aufgaben gemeinsam zu finanzieren. Deshalb brauchen wir endlich für die Theater und die Orchester und unsere Kultur einen kulturellen Lastenausgleich. Damit alle Landkreise und alle Gebietskörperschaften sich an den Kulturaufgaben finanziell beteiligen. Und deshalb braucht die Region auch in Nordhausen Unterstützung und Signale, dass es eben nicht ein Hobby von Nordhausen ist, ob man ein Theater hat oder nicht. Und ob das Loh-Orchester da ist oder nicht. Nein, das sind kulturelle Pflichtaufgaben, wir müssen sie nur anders finanzieren. Und deshalb ein klares Bekenntnis zu unseren Kultureinrichtungen, aber auch ein klares Bekenntnis, das Beispiel Altenburg habe ich gerade genannt. Zum Theater Altenburg gehört das Theater Gera. Im Theater Gera sind die Hälfte aller Theatergäste aus dem Landkreis Greiz. Der Landkreis Greiz zahlt keinen Cent dazu, dass das Fünf-Spartenhaus in Gera und Altenburg finanziert wird. Der Landkreis Altenburg und die Stadt Altenburg und die StadtGera zahlen gemeinsam, der Landkreis Greiz zahlt nichts dazu. Er nutzt die Theater als kulturellen Standort für alle seine Menschen, aber sie zahlen nicht. Und das meine ich mit der falschen Finanzierung. Und an dem Beispiel eben ein klares Bekenntnis für die Kultureinrichtung und für die kulturelle Finanzierung. Und in dem Zusammenhang ein klares Bekenntnis auch zur Bildung, dem Stammland der Reformpädagogen. In dem Land, in dem die Jenaer Planschulen erfunden und entwickelt worden sind, in dem Land, in dem der Kindergarten als Kindergarten und als Begriff um die ganze Welt gegangen ist. In China heißt auf chinesisch diese Einrichtung Kindergarten. Das ist das chinesische Wort für Kindergarten. Das kommt aus Thüringen, das kommt von Herrn Frobel. Und in dem Land, in dem die Zuckertüte entwickelt wurde, in diesem Land lassen wir zur Zeit massenweise Unterricht ausfallen: 4 Prozent regionalausfall(?) 4 Prozent Fremdunterricht, also falscher Unterricht, nur damit die Kinder nicht aus der Schule rauslaufen: sind 8 Prozent ohne vernünftigen Unterricht. Und dahinter steht eine harte Zahl: 2500 Lehrer wollte diese Koalition einstellen. CDU und SPD hat das verabredet und vereinbart – sie
können es nachlesen – 2500 Lehrer. Tatsächlich eingestellt haben sie nur 1200. Das heißt, 1300 Lehrer sind nicht eingestellt worden. Wenn Sie also wissen wollen warum Unterricht ausfällt, da hat das einen Namen und eine Adresse. Und das ist nicht Herr Matschie, das ist nicht der zuständige Kulturminister der SPD, das ist Herr Voss von der CDU. Der spart auf dem Rücken unserer Kinder den Haushalt gesund um hinterher im Wahlkampf zu sagen, wir haben Haushaltsüberschüsse erwirtschaftet. Auf dem Rücken unserer Kinder. Und die Infamie, die Infamie ist, dass die CDU jetzt sagt, wenn sie uns als CDU wählen, bekommen sie in den ersten hundert Tagen 1000 neue Lehrer. Das ist die Partei, die 1300 Lehrer nicht eingestellt hat. Was ist das für eine Infamie, vorher die Lehrer nicht einzustellen, um dann zu sagen, wählen sie uns und dann bekommen sie das. Und das selbe gilt für die Schulraumsanierung. In Eisenach haben wir ein Gymnasium, das hat seit 50 Jahren keinen Topf Farbe gesehen. Wie müssen sich da Kinder, Lehrer und Eltern fühlen, in einer Schule, die null saniert ist. Als Birgit Keller noch mit mir zusammen im Landtag war, haben wir immer zusammen dafür gestritten, dass nicht erst der Landtag modernisiert wird, sondern erst alle Schulen. Also erst die Schulen, erst die Zukunft unserer Kinder: nein, es wurde zuerst der Landtag modern gemacht: Glaspalast für die Demokratie. Das hat nur mit transparenter Politik nichts zu tun, es ist aber ein schöner Glaspalast, also, wir haben gute Arbeitsbedingungen. Unser Ansatz war nur, erst die Arbeitsbedingungen der Schüler und Lehrer müssen endlich in Ordnung gebracht werden. Und deswegen finde ich es auch infam, wenn sich Herr Carius, das ist der Bauminister, jetzt als Bildungsminister sich öffentlich aufspielt, mit Herrn Voss zusammen, weil – es ist ja Wahl am Sonntag – und gibt eine Pressekonferenz und sagt, wenn die Bürger uns wählen, dann gibt’s 125 Millionen Euro für Schulsanierung. Noch vor einem Jahr ist der Doppelhaushalt aufgestellt worden und es war der Herr Voss, der von 22 Millionen die Schulraumsanierung aus dem Haushalt auf 15 Millionen reduziert hat. Der gleiche Herr Voss hat die Gelder reduziert, um jetzt im Wahlkampf zu sagen, ich hab' da noch Geld gefunden. Da vergisst er nur, den Wählern zu sagen, dass erst der nächste Landtag das beschließen kann. Und da ist die Frage, ob sie noch wollen, dass die das beschließen oder ob wir endlich einen politischen Wechsel in Thüringen bekommen, damit sie verlässliche Politik bekommen. Ich finde Politik, die in Wahlkämpfen den Menschen das Blaue vom Himmel verspricht, finde ich Sandmännchenpolitik. Das heißt, den Menschen Sand in die Augen streuen und einfach zu sagen „Liebe Bürger, vergesst bitte, dass wir fünf Jahre die Verantwortung hatten. Und vergessen Sie, dass die CDU 24 Jahre Verantwortung hatte. Vergessen Sie das bitte. Wenn Sie davon hören, dass sieben Prozent unserer Schülerinnen und Schüler ohne einen staatlichen Schulabschluss das staatliche Schulsystem verlassen: sieben Prozent und über die Verlierer redet niemand, über die Gewinner wird geredet...Und Bayern stellt sie ein. Aber über die, die durchs Rost fallen, für die wir als Politiker doch für das staatliche Schulsystem zuständig sind, redet niemand. Deshalb reden wir über längeres gemeinsames Lernen. Deswegen reden wir über eine Schule, die ein Angebot macht mit einer besseren pädagogischen Betreuung. Deshalb reden wir über eine Kindereinrichtung Kita, die im letzten Jahr kostenfrei ist, denn es macht keinen Sinn, das Geld den Eltern zu geben, wenn sie ihre Kinder nicht in die Kita geben. Da kann jedes Elternteil selbst entscheiden. Aber ihnen staatliches Geld dafür geben – der Landesrechnungshof hat das jetzt geprüft, das Geld für die Eltern, die ihre Kinder nicht in die Kita geben. Der Landesrechnungshof kam zu dem Ergebnis, das ist eine falsche Geldausgabe. Das ist so, als wenn sie jeden Autofahrer Geld dafür geben, dass er nicht mit dem Nahverkehr fährt. Sie finanzieren also jeden sein Privatauto, Hauptsache er fährt nicht mit dem öffentlichen Verkehr. Und da sagen wir, das ist falsch, denn Öffentlichen Verkehr brauchen wir für Alle. Die Kitas brauchen wir für Alle. Das heißt, die strukturbildenden Maßnahmen, die eine Gesellschaft zusammenhalten. müssen für jeden zugänglich sein. Und deswegen ist es so erbärmlich, dass man 20 Millionen Euro gibt, damit die Eltern ihre Kinder nicht in die Kitas geben. Statt 20 Millionen in die Kitas zu geben, damit das letzte Jahr vor der Schule für Alle kostenfrei ist. Das wäre der richtige Weg. Und diese Änderung wollen wir einleiten.


Ja, meine Damen und Herren, ich will es klar bekennen, wir sagen ganz klar, mit wen wir die Politik verändern wollen. Wir stehen dazu, wir sagen, mit den zwei Parteien, mit denen wir für mehr Demokratie seit fünfzehn Jahren zusammenarbeiten. Und mehr direkte Demokratie heißt, mehr Entscheidungen in Ihre Hand zu geben. Ich werbe nicht für Ihre Stimme, damit Sie nach fünf Jahren mal gucken, ob ich die Stilnote A oder B kriege. Ich werbe für eine Stimme, damit Sie selber sich einmischen können. Mehr direkte Demokratie heißt, dass Sie entscheiden sollen, wenn's um Ihre Geld geht. Wenn Sie in Bayern leben würden, dürften Sie das. In Bayern dürfen die Bürger abstimmen, wenn's ihr Geld kostet. Warum traut die Thüringer CDU das Ihren nicht zu? Und deshalb haben wir gesagt, bei mehr Demokratie. Und das sind SPD, Grüne und wir zusammen. Und wir drei Parteien haben gesagt, die Bürger müssen entscheiden dürfen, wenn es um das Geld der Bürger geht. Und da will ich Ihnen zwei praktische Beispiele sagen: Straßenausbaubeiträge. In Thüringen dürfen die Gemeinden nicht entscheiden, ob sie die Beiträge erheben oder nicht, sondern sie werden zwangsweise beigetrieben. Es gibt ein neues Gesetz, und das hat Frau Lieberknecht unterschrieben. Da steht drin, dass Sie dreißig Jahre rückwirkend in finanzielle Haftung genommen werden können für Straßen, die irgendwann gebaut worden sind. In einer Gemeinde werden Unterlagen nur zehn Jahre aufgehoben. Wie sie eigentlich im Protest durch ihre Gemeinde bewiesen werden sollen, dass da gebaut worden ist, bleibt mir völlig unklar. Das wird beim Verfassungsgericht überhaupt keinen Bestand haben. Da hat Frau Lieberknecht gelacht, als ich ihr das vorgehalten habe. Ich frage, was machen sie für Gesetze dass sie die Bürger zwingen, klagen zu gehen, das ist doch erbärmlich. Ich finde das erbärmlich. Weil ich der Meinung bin, über Straßenausbaubeiträge muss die Gemeinde entscheiden. Und die Gemeinde kann entscheiden. Und die Gemeinde kann entscheiden, wenn sie entscheiden darf. Also muss das Gesetz geändert werden. Da ist noch kein Geld ausgegeben. Das bedeutet nur, Ihnen mehr Verantwortung zu geben. Den Mut zu haben, Ihnen das zuzutrauen, dass Sie es besser beurteilen können. Und dann die Frage, wie Beiträge erhoben werden, kann man Volksabstimmung machen. So, wie ich mir über Schmalwasser eine Bürgerbeteiligung vorstelle. Und auch ein umstrittenes Beispiel wie Gipsabbau. Muss in der Region entschieden werden. Aber im Ende müssen Sie einen Mehrwert davon haben. Nicht nur eine zerstörte Landschaft oder eine große Schneise mit Stromtrassen. Sondern die Menschen einladen, Demokratie wieder von unten zu leben. Deswegen sagen wir ganz klar. Mehr direkte Demokratie ist ein Markenzeichen für Demokratie. Und ich finde es bedrückend, dass in Sachsen 48, 5 Prozent der Wählerinnen und Wähler nur zur Wahl gegangen sind. Ich finde es als eine Ohrfeige für die parlamentarische Demokratie, weil die Hälfte der Bevölkerung gesagt hat, ist uns doch egal, Tillich will ich, macht weiter, keiner fragt mehr danach. Wer feiert das als Sieg? Ich sehe es als bedrückende Niederlage für alle, die da im Landtag sitzen. Weil es eine Absage an die Demokratie ist. Und deshalb aus unsrer Perspektive eine klare Ansage: diejenigen die zu Weltoffenheit stehen, diejenigen, die ein anderes Menschenbild haben, diejenigen, die sich quer stellen wenn Nazis auf die Straße gehen, und auch Häuser gekauft werden. Das sind die Parteien, denen ich zutraue, dass wir eine andere Landespolitik machen. Und deshalb gibt es auch eine klare Koalitionsaussage von uns: wir wollen SPD und Grüne einladen, gemeinsam die Regierungspolitik in diesem Land zu verändern. Wir haben genügend Gemeinsamkeit mit den Bürgern erarbeitet. Die verbesserte pädagogische Betreuung in den Kitas hat eine Bürgerinitiative durchgesetzt, und die drei Parteien, die ich gerade genannt habe, haben mitgearbeitet dass es ein Erfolg wurde. Und dann haben wir im Landtag – Birgit Keller erinnert sich – dann haben wir im Landtag gesagt, wenn die Politik die Kosten erhöht, dürfen nicht die Eltern die Last bezahlen, dann muss die Politik die Kosten bezahlen. Und wir haben beschlossen, dass das Geld vom Land zur Verfügung gestellt wird. Und dann hat die CDU durchgesetzt, das geht alles in den kommunalen Finanzausgleich, das ist das berühmte schwarze Loch, da verschwindet alles. Und dann kommt der Illusionist, der Copperfield des Tages, Herr Voss, und zieht wieder irgendein Kaninchen raus. Und dann hat er wieder etwas gefunden, für Oberhof, für Gera, und jeder kriegt etwas, weil Wahltage sind. Aber die Kitas kriegens nicht. Aber die Kitas brauchen das Geld. Und deshalb haben wir damals vorgeschlagen, und dabei bleibe ich, die Kitas gehören aus dem kommunalen Finanzausgleich raus, die gehören in den Bildungsbereich zu Herrn Matschie rein, da, wo auch die Schulen drin sind, und dann wird Kita für Kita abgerechnet. Und jede Kita kriegt das Geld erstattet, was an pädagogischer Verbesserung eingetreten ist, und nicht die notleidende Gemeinde die nicht weiß, wie sie es bezahlen soll. Und muss dann bei den Eltern die Gebühren erheben. Deshalb sagen wir auch, die Finanzierung muss man ändern.



Und dann will ich Ihnen den Befund des heutigen Tages mitteilen: 241 Städte und Gemeinden haben am heutigen Tag keinen Haushalt. Weder einen beschlossenen, noch einen aufgestellten, noch einen genehmigten. Das ist jede vierte Gemeinde in Thüringen. Das bedeutet, dass in jeder vierten Gemeinde die vom Volk gewählten Stadträte und Gemeinderäte nichts zu sagen haben. Nichts zu sagen haben, egal, welcher Partei sie angehören. Deshalb rede ich nicht nur von unserer Partei, ich rede von der Entdemokratisierung aller Kommunalvertreter, wenn es nichts mehr gibt, was sie entscheiden können. Und deshalb sollte sich diese Landesregierung eher schämen, denn der Befund bedeutet, dass wir eine entdemokratisierte Zone Stück für Stück bekommen, wenn die Menschen in den Gemeinderäten nichts mehr zu entscheiden haben. Und dahinter steckt ein ganz anderes praktisches Problem: eine Stadt, die kein Geld hat, dass sie selber entscheiden kann, kann den Eigenanteil zur Sanierung der Schule oder zur Sanierung des Busbahnhofes gar nicht bezahlen. Und wer keinen Eigenanteil hat, der kriegt auch kein Fördergeld dazu. Und das heißt, die armen Gemeinden und Städte werden noch mehr verarmt. Und die reichen lachen sich kaputt. Dasselber was wir im gesellschaftlichen Leben haben: den Reichen wird gegeben und den Armen wird genommen. Genau so funktioniert im Moment die Landespolitik in Thüringen. Ich hab da immer meine zwei Lieblingsgemeinden: die eine ist Krauthausen, das ist die Gemeinde, die hat ein Riesen-Industriegebiet, das heißt Eisenacher Gewerbegebiet. Diese Gemeinde Krauthausen hat ein riesiges Gewerbegebiet, das den Namen Eisenach trägt, aber hat mit der Stadt Eisenach überhaupt nichts zu tun. Das heißt, die ganze kommunale Steuer, die man braucht, um Gemeinwesen zu bezahlen, fließt nach Krauthausen. Als Stadtrat von Krauthausen verstehe ich das gut, dass man das Geld nimmt. Aber als Politiker mit Landessicht muss ich mal sagen, die Stadt Eisenach muss das Krankenhaus stellen, muss nebendran dafür sorgen,dass Polizei da ist, muss dafür sorgen, dass Stadtwerke da sind, muss dafür sorgen dass alle rechtstaatlich notwendigen Sachen und alle sozialen Infrastrukturmaßnahmen da sind. Und kriegt vom Gewerbegebiet keinen Cent. Und dann feiert das die CDU als kommunale Selbstverwaltung. Und falls Sie sich erinnern, es gab in den letzten Tagen ein Inserat, von einem Unternehmer. Der eine ist der Federn Oswald (?), und der andere ist Handwerker Lindich. Die haben inseriert an die Bürger in Thüringen – die haben, glaube ich, 30 000 Euro dafür bezahlt - „Wählen Sie bloß nicht den Ramelow“. Ich meine, es gehört zur Demokratie, dass ich das auch aushalte, dass man 30 000 Euro aus seinen Privatschatullen, nimmt, um vor Ramelow zu warnen. Aber was ich erbärmlich finde ist: der eine war Vorzeigekandidat von der NPD und ist immer als Selbständiger in der DDR bis zum Schluss gefördert und gehätschelt und getätschelt worden. Wenn der vor mir warnt, finde ich das einfach absurd. Aber dass der andere Stadtrat in Eisenach war bis zu dieser Kommunalwahl und im Stadtrat von Eisenach immer zur Kenntnis nehmen musste, dass die Stadt pleite ist, aber sein Gewerbebetrieb ist in Krauthausen. Dann verstehe ich, dass die in Krauthausen jetzt so sauer auf mich sind. Weil die nicht wollen, dass ich über diese Verhältnisse rede. Weil die nicht wollen, dass überhaupt über diese Verhältnisse geredet wird. Damit sie einfach so weitermachen können wie bisher. Nur: so weiter können wir nicht machen. Wir müssen die Städte stärken, damit die Aufgaben erfüllt werden und wir müssen den ländlichen Raum so ausstatten, dass die Aufgaben erledigt werden, die im ländlichen Raum notwendig sind: Gemeindeschwester, Landambulatorium, auch ein Pflegestützpunkt. Warum wir fünf konkurrierende Pflegedienste in einem Dorf haben, es reicht doch ein Pflegestützpunkt.. Die Dinge zusammenfassen: das eine tun, das andere nicht lassen. Da können die noch so sehr vor der kommunistischen Weltrevolution mit Ramelow warnen: ich rede über Landespolitik, über praktische Landespolitik und sage: die muss geändert werden. Hier und jetzt und heute. Und deswegen scheue ich mich auch nicht, die große Verwaltungsreform anzusprechen. Wir haben in Thüringen eine Verwaltung, die könnte eine Million Einwohner mehr verwalten. Sagen Sie mir bitte, wo die eine Million Einwohner herkommen. Entweder müssen wir die eine Million Einwohner kriegen, oder wir müssen die Verwaltung so umbauen, dass sie passgenau für die Aufgaben ist, dass der Bürger an jeder Stelle erledigt kriegt, was er erledigt haben will. Ist es denn nicht vorstellbar, in jeden
Gemeindeamt ein Bürgerserviceamt einzurichten. Ist es denn nicht möglich, die Aufgaben elektronisch so nah an den Bürger ranzubringen, dass sie nur noch an eine Stelle gehen, und da kriegen sie alles erledigt. Dann wandert die Akte und nicht der Bürger. Und deshalb brauchen wir eine große Verwaltungsreform und das ist überhaupt kein Problem. Kein einziger Mensch, der derzeit beim Land arbeitet verliert seinen Arbeitsplatz. Jeder fünfte geht in den nächsten vier Jahren in Rente da scheint es nötig, schon jetzt zu sagen wo wir in Zukunft neue Strukturen aufbauen und welche wir wegfallen lassen. Und deswegen sage ich ganz klar: wir wollen das Landesverwaltungsamt abschaffen, wir wollen die mittlere Verwaltungsebene komplett beenden, damit es ein Mehr an Verwaltung ortsnah gibt, je wir näher wir an sie herankommen, desto besser. Und für die Wirtschaftsleute sage ich, ist es denn so blöde, wenn ich einfach drauf hinweise, jeder Großkonzern hat alles erledigt gekriegt. Und das ist auch gut so: Misubishi, Daimler-Chrysler, hat von der Landesentwicklungsgesellschaft alles erledigt bekommen. Bis zum Personal sogar, bis zum Autobahnanschluss. Die haben nur eine einzige Anlaufstelle gehabt, die mussten zu keiner anderen Behörde, die LEG hat alles erledigt. Das ist toll. Warum können wir das nicht für jeden Handwerksbetrieb einführen. Können wir das nicht für jeden Mittelständler einführen. Können wir nicht das Prinzip des One-stop-Centers: eine Stelle zur Erledigung aller Aufgaben. Dann ändern wir die Verwaltung und nicht, wir passen die Menschen an die Verwaltung an, sondern wir passen die Verwaltung an die Menschen an. Das ist Landespolitik, wie ich sie mir vorstelle. Und dafür stehe ich, dafür stehen wir, so ist unser Wahlprogramm aufgebaut und deshalb ein klares Bekenntnis: Wir wollen mit Ihnen landespolitisch Akzente setzen-Wir sagen: Rot-rot grüne Landespolitik bedeutet Reformen mit Augenmaß für die Bürger anzugehen. Aber anzugehen: das Geld für die Kitas bei den Kitas ankommen lassen. Das Geld für die Schulen bei den Schulen ankommen lassen. Die Lehrer in den Schulen zum Unterricht zu geben, die Theater endlich ausreichend finanzieren, damit ein Kulturentwicklungsplan für längere Zeit existiert. Und nicht Kultur nach Kassenlage gemacht. Das sind doch Proteste, die wir jetzt organisieren können, und deshalb meine Damen und Herren, ichkann es Ihnen nicht ersparen: Frau Taubert sagt immer, ich wäre der rundliche Stubenkater. Ja, sie ist ja zuständig für Tierschutz und ich bin dann in Erfurt immer ins Tierheim gegangen und hab' mir erklären lassen, wie die mit Fundkatzen umgehen, dass die entwurmt werden müssen, dass sie kastriert werden müssen, dass die dann schnell wieder ausgesetzt werden müssen. Und es ist doch völlig klar, so ein Tierheim muss doch ordentlich finanziert werden. Die sind chronisch unterfinanziert. Frau Taubert könnte sich um Katzen kümmern. Und ich hab' ein Herz für Katzen. Und wenn ich dann sehe, dass sie sagt, ich sei ein rundlicher Stubenkater, dann will ich Ihnen das an einem Beispiel erklären: wir haben gesagt, wir wollen mit den Bürgern eine reformorientierte Landespolitik entwickeln, das heißt, wir sagen mit SPD und Grünen wollen wir zusammen regieren. Damit haben wir eine klare Koalitionsaussage gemacht. Wenn Sie allerdings Frau Taubert wählen, oder Frau Siegesmund, dann kann es Ihnen passieren, dass sie anschließend Herrn Moring kriegen. Da kann ich Ihnen nicht garantieren, weil beide ja nicht sagen, was sie nachher machen werden. Das nenne ich dann die Katze im Sack. Und vielleicht hat Frau Taubert diese Katze gemeint. Und dann erzähl' ich Ihnen den Satz von Herrn Dr. Vogt, das ist der Manager der CDU, der macht das ganze Wahlkampfmanagement. Herr Dr. Vogt sagt, die Wähler müssen entscheiden, zwischen Christine Lieberknecht und Bodo Ramelow. Und ich wiederhol' das. Der Satz stimmt einfach: Sie müssen entscheiden zwischen einem Weiter so wie bisher, zwischen schwarzer Traurigkeit, zwischen einer Landesregierung, die noch nie so viele Staatsanwälte beschäftigt hat mit den Ministern und Staatssekretären. Oder eine bunte Vielfalt, Weltoffenheit und einer Garantie, dass wir Lehrer einstellen, dass wir Kultur
absichern und das meine Damen und Herren, das ist mein letzter, letzter Wunsch: Gehen Sie wählen, gehen Sie bitte wählen. Und ich werbe ausdrücklich auch für die Menschen, die CDU wählen: gehen Sie auch Ihre CDU wählen. Auch wenn ich Ihnen nicht garantieren kann ob dabei Frau Lieberknecht raus kommt. Das weiß man im Moment bei ihr nicht so genau. Aber tun Sie mir den Gefallen, gehen Sie wählen, weil jeder, der nicht wählen geht, stärkt die Kräfte, die wir im Landtag nicht brauchen. Und die wir nicht wollen. Das sind die, die in Eisenach gerade ein Haus eröffnet haben und damit deutlich machen, die Nazis strecken den Kopf wieder hoch und tun so, als hätten sie nichts damit zu tun, als hätten sie mit Bomben auf einen Döner nichts zu tun. Der Herr Wüschtik (?) versucht dauernd einzureden, dass er gar keine Straftat gehabt hat, weil, ersteht ja nicht einmal im Strafregister. Aber ich versichere Ihnen er hatte zwei Jahre und neun Monate für den Bombenanschlag auf die Dönerbude und wegen den Übergriff auf das Kind ist gegen ihn nicht einmal das Verfahren eröffnet worden, aber Herr Walk, der damalige Polizeipräsident versichert, dass alle Akten original und echt sind. Also wenn Sie wissen wollen, was Nazis in Thüringen erzählen, überlegen sie genau, Die jedenfalls dürfen nicht in den Landtag kommen, deshalb werbe ich für die parlamentarische Demokratie und ich werbe für eine starke Wahlbeteiligung. Gehen Sie hin, wählen Sie, entscheiden Sie. Sie haben zweimal die Gelegenheit, ein rotes Kreuz zu machen: mit der ersten Stimme kräftig rot wählen, mit der zweiten Stimme kräftig rot wählen. Herr Gysi kommt noch, der erklärt Ihnen, dass mit dieser Stimme Sie einen Fünf-fach Effekt erzielen, das ist also unschlagbar, wie er das erklärt. Er hat auch heute morgen schon die Bundestagsdebatte eröffnet mit dem Hinweis, dass die Thüringer Bodo Ramelow verdient haben. Ich danke Gregor Gysi ausdrücklich, dass er das der Merkel schon erzählt hat. Die fährt nämlich mit dem Hubschrauber durchs Land und warnt ja überall auf Steuerkosten vor mir. Und das ehrt mich ungemein, dass Frau Merkel jetzt schon vor mir warnt. Ich glaube, dieses Land hat es verdient, eine bunter Vielfalt, eine Weltoffenheit. Wählen Sie rot, gehen Sie wählen vielen Dank.  

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