Sonntag, 28. September 2014

Wer bietet noch Orientierung?

Am 25. Oktober findet in Leipzig der „Medientag 2014“ der Fachgruppe Medien und des dju statt, zu dem ich eine Einladung erhielt. Dazu überlege noch, ob ich teilnehme. Es wird dort eine Podiumsdiskussion zum Thema „Die „alten“ Medien im digitalen Rauschen...“ geben. Und eigentlich hätte ich dazu nach meinen teils auch zwiespältigen Erfahrungen etwas beizutragen. Zumal es schon in der Diskussion um die aktuellen Entwicklungen für den Journalismus, den Datenschutz, die Technik, die Medienmacher und die Nutzer gehen wird. Nachdem ich aber nur noch „Nutzer“ bin und den verlorenen Anschluss an die aktuellen Entwicklungen sicher nicht mehr bekommen kann, scheint mir eine Teilnahme an diesem „Medientag 2014“bedenkenswert.

Das aber ist derzeit nur eine der Überlegungen, die mich beschäftigen. Und froh bin, eine solche Überlegung noch anstellen zu können. Denn eigentlich kann ich doch zufrieden sein, darüber noch nachdenken zu können, denn wenn ich durchs Fenster schaue und den regen Rollatorverkehr auf der Straße und drüben im kleinen Park des Altenheimes sehe, bin ich's doch zufrieden, dass ich das alles noch nicht selbst in Anspruch nehmen muss.

Man nennt das doch wohl selbstbestimmtes Leben. Und auf eine besondere Art dieser Selbstbestimmung bin ich in den vergangenen Tagen in den Zeitungen gestoßen: es geht dabei um die sexuelle Selbstbestimmung, unter dessen Bezugnahme vom Ethikrat die Aufhebung des Inzestverbotes zwischen erwachsenen Geschwistern angeregt wurde. Die Begründungen dafür sind vielfältig, die der Ablehnung aber auch. Nur könnte das im Falle der Zustimmung durch den Bundestag dem Öffnen einer Tür gleichkommen, dem dann – unter gleichen Begründungen – der einvernehmliche Beischlaf zwischen Eltern und erwachsenen Kindern und einiges mehr folgen könnte.

Mir ist es im Grunde lediglich Anlass, an die Entwicklung zu denken, die das Strafrecht und die gesellschaftliche Einstellung zur Liberalisierung der sexuellen Selbstbestimmung während meines bisherigen Lebens nahm: im 3. Reich etwa kamen Homosexuelle ins KZ, bis 1972 gab es im Strafgesetzbuch noch den § 175, seitdem aber ist Homosexualität eben eine Form des Zusammenlebens wie die zwischen Mann und Frau.

Immerhin wird ja in der „ZEIT“ im Zusammenhang mit dieser Diskussion gefragt, ob es derzeit keine wichtigeren Fragen gibt? Und wenn man sich in Deutschland und der Welt umsieht, kann man sich dieser Frage leicht anschließen: da ist die eingeschränkte Einsatzfähigkeit der Bundeswehr durch altes oder defektes Gerät, da ist die Problematik der Ukraine, die umstrittene Berichterstattung von ZDF und ARD dazu, und da ist vor allem der Bürgerkrieg in Syrien und dem Irak und die damit zusammenhängende Flüchtlingsproblematik. Nicht zuletzt aber auch die Ebola-Epidemie im westlichen Afrika Und alle diese Themen und Probleme werden in den Zeitungen angeboten, behandelt, aber statt um Antworten darauf bemüht zu sein, wird je nach Interessenlage dramatisiert, bagatellisiert, spekuliert und gemutmaßt.

Womit ich eigentlich zum Anfang dieses Eintrags zurückkomme. Die „alten“ Medien berichteten im Rahmen des Möglichen zuverlässig, seriös und verantwortungsvoll. Damit ist nicht gesagt, dass man sich heute nicht darum bemüht. Das digitale Rauschen und der Drang (oder Zwang) zu Aktualität, Schnelligkeit, aber auch Ökonomie geht alles zu Lasten der Recherche, des investigativen Journalismus und einfach der Sorgfalt. Und dadurch ist man als Nutzer zunehmend sich selbst überlassen.


N.B.: Vielleicht könnte mir die Glaubensgemeinschaft „Schlesische Bitocken“ des Andreas Rebers helfen? (Gestern Abend in 3SAT)

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen