„Dass
die Bürger ausgerechnet in Ostdeutschland mehrheitlich der Wahl
fernbleiben, wo die Freiheit zu wählen erst 1989 erkämpft wurde,
schmerzt besonders“, schrieb am Dienstag die „Stuttgarter
Zeitung“. Nun fand ja bekanntlich auch am Dienstag im Ratssaal des
Nordhäuser Bürgerhauses eine Podiumsdiskussion der
Konrad-Adenauer-Stiftung unter dem Motto „25 Jahre friedliche
Revolution –
der Weg in die Freiheit“ statt, während der ich
nicht den Eindruck hatte, dass dieses „Fernbleiben von der Wahl“
jemanden wirklich geschmerzt hat. So ist es halt. Es ging aber im
Grunde auch gar nicht um diese bemängelte Wahlbeteiligung der
Bürger, sondern um Erinnerungen an die Wendezeit, die vornehmlich
von der Autorin und Bürgerrechtlerin Freya Klier sehr ausführlich
geschildert wurden. Und es ging in der folgenden Diskussion mehr um
die Lebensumstände in der DDR, die zu dieser friedlichen Revolution
und der Wende führten. Dabei fand ich den Diskussionsbeitrag des
früheren Kreiskatecheten Herbert Gerhardt sehr aufschlussreich, der
diese Lebensumstände als doch nicht so ganz einseitig schlimm
schilderte, wie
sie allgemein dargestellt werden. Der Widerspruch kam
zwar prompt vor allem von Gisela Hartmann, aber auch der hielt sich
in friedlichen Grenzen.
Nun
überlege ich jetzt noch, ob diese Erinnerung an die Wende wirklich
das alleinige Thema dieser Podiumsdiskussion gewesen sein sollte
angesichts der Wahlergebnisse in Thüringen am Sonntag? Bei der es
ja nicht nur um die Wahlbeteiligung von gerade mal 52,7 Prozent ging,
sondern auch um das Abschneiden der LINKEN, die mit 28,1 Prozent
zweitstärkste Partei im Freistaat wurde. In der TLZ heißt es dazu
(Auszug vom 17.09.): „25 Jahre nach dem friedlichen Sturz des
SED-Regimes besteht nun rechnerisch die Möglichkeit, dass ein
Vertreter der Nach-Nachfolge-Partei "Die Linke"
Regierungschef in Thüringen wird.“ (Ende des Auszugs).
Und
dieses Ergebnis mit seiner Option zu Rot-Rot-Grün spielt in diesen
Tagen in zahlreichen Zeitungen eine herausragende Rolle, nicht aber
in dieser Podiumsdiskussion. Warum nicht?
In
einer der vielen Zeitungen, deren Meinungen mich interessierte, las
ich (Auszug): „Genau 20 Jahre ist es her, dass CDU-Generalsekretär
Peter Hintze mit seiner sogenannten Rote-Socken-Kampagne den Ekel
gegen Links schürte. Eine Generation später sind die SED-Nachfolger
immer noch auf der politischen Bühne. Ihre Wähler im Osten der
Republik sind zuverlässig.“(Ende des Auszugs). Und in der
„Stuttgarter Zeitung“ war am 16.09. zu lesen (Auszug): „Genau
25 Jahre nach der friedlichen Revolution in der DDR steht die SPD vor
der Frage, ob sie zum ersten Mal einen Politiker der Linkspartei zum
Ministerpräsidenten wählen soll. Die Schatten der SED-Vergangenheit
sind auf der thüringischen Linkspartei zwar noch sichtbar, aber
inhaltlich sind die rot-roten Schnittmengen heute so groß, dass eine
Koalition durchaus tragfähig sein könnte. Dazu wiederum schrieb
die „Rheinische Post“ (Auszug): „Das klingt ziemlich
verlockend. Dennoch sollte die SPD die Finger davon lassen. Der Preis
wäre zu hoch. Die Sozialdemokraten würden einen Linken zum
Ministerpräsidenten machen. Dafür gibt es einfach noch zu viele
Parteimitglieder in ihren Reihen und Sympathisanten der Partei, die
unter dem SED-Regime gelitten haben und die die Linkspartei zu Recht
als die SED-Nachfolgepartei sehen.“ (Ende des Auszugs). Was dazu
wiederum Wolfgang Thierse im „Tagesspiegel“ meinte, habe ich
gestern zitiert.
Bei
diesen Auszügen habe ich mich bewusst auf das Thema einer möglichen
Koalition Rot-Rot-Grün beschränkt, und eben nach dieser oben
erwähnten Podiumsdiskussion im Rahmen der „Nordhäuser Gespräche“.
Und ich überlege, warum zum Beispiel die „Nordhäuser Allgemeine“
über diese Podiumsdiskussion bisher nichts berichtete? Lag es am
Thema, am Podium, am Moderator? Demgegenüber finde ich auf der
Leserseite der heutigen Ausgabe die Überlegungen eines Hamburger
Ingenieurs, der sich im Vorfeld des „Parlaments der Einheit“ auf
der Wartburg Gedanken über die Vorstellung der Ostdeutschen macht,
mit denen sie die Mauer überwanden? Wenigstens einige dieser
Überlegungen als Fragen und Antworten hatte ich mir von dieser
Podiumsdiskussion erhofft, deren Teilnehmer doch
alle selber Augenzeugen und aktiv Beteiligte an den Geschehnissen im
Herbst 1989 waren, wie in der nnz zu lesen ist. Man muss wohl
wirklich am „Parlament der Einheit“ am 30. September auf der
Wartburg teilnehmen, wo Leserinnen und Leser des „Hamburger
Abendblatts“ und der "Thüringer Allgemeinen" eine Bilanz
der Einheit ziehen wollen. Falls man an einer solchen interessiert
ist. Die Zahl der Teilnehmer bei dem erwähnten „Nordhäuser
Gespräch“ lässt Zweifel aufkommen.
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