Freitag, 19. September 2014

So weit ist es gekommen

Wie dem Blog des Chefredakteurs der WirtschaftsWoche, Roland Tichy, zu entnehmen ist, regt der Historiker Arnulf Baring angeblich eine „Nationale Stiftung“an, um den Qualitätsjournalismus zu retten. Beispielsweise spüre die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ schon jetzt "die Kümmernisse einer Redaktion, die sich immer mehr einschränken muss", berichtet Roland Tichy in seinem Blog.
Richtig ist, dass der Verlag der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ vor zwei Tagen einen Stellenabbau von 200 Mitarbeitern bis 2007 angekündigt hat. 40 von 400 Stellen sollen in den Redaktionen von FAZ, Sonntagszeitung FAS und FAZ.net wegfallen, allerdings ohne betriebsbedingte Kündigungen. Die FAZ wird bereits von einer Stiftung getragen, der FAZIT-Stiftung.
Die Vorstellung ist dramatisch genug. Bereits seit einiger Zeit gibt es im Hintergrund einiger DAX-Konzerne dem Vernehmen nach Überlegungen, wie man beispielsweise einer FAZ unter die Arme greifen könnte, wäre ihre publizistische Stellung gefährdet. “Die Wirtschaft”, heißt es aus einer anderen Quelle, “mache sich Sorgen”. Sorgen beispielsweise, dass die Qualität des Wirtschaftsteils in den Keller geht. “Erste massive Angebote zur Hilfe werden schon diskutiert”, deutet auch Tichy in seinem Text an.
Richtig ist aber auch, dass sich die Medienwelt seit über einem Jahrzehnt im Umbruch befindet. Lange Zeit gültige Gewissheiten werden durch das Internet grundlegend infrage gestellt. Zum einen betrifft das die Geschäfts- und Vertriebsmodelle, zum anderen ist die Abgrenzung zwischen Sendern und Empfängern aufgeweicht: Jeder kann heute ein potenziell großes Zielpublikum ansprechen, ohne dass dabei ein Verlag oder eine Redaktion bemüht werden muss. Und ohne überhaupt einen Berufsjournalisten zu beschäftigen. Schon hier in Nordhausen und dem Südharz gibt es ein eklatantes Beispiel dafür. Was den „Chefredakteur“ dieses Nachrichtenportals (gemeint ist die nnz) nicht hindert, sich als „Journalismusexperten“ zu bezeichnen. Das ist keine Kritik, sondern lediglich eine Feststellung, die in dieses Gesamtbild der Entwicklung passt.

Dabei sind freie, unabhängige Medien und kritisch nachfragende JournalistInnen für das Funktionieren einer demokratischen Gesellschaft unerlässlich. Sie informieren, erklären, ordnen ein, bieten verschiedene Meinungen, aktivieren, kurz: Sie helfen, demokratische Öffentlichkeit herzustellen. Zudem haben sie eine wichtige Kontrollfunktion gegenüber den Mächtigen, weshalb die Massenmedien als "vierte Gewalt“ gelten (entnommen bpb). Mit Bürger- oder Gelegenheitesreportern ist das aber nicht zu machen. Heribert Prantl aus der Redaktion der „Süddeutschen“ ist zwar der Meinung, dass Journalismus zwar seinen Aggregatzustand verändert, sich aber nicht auflösen wird. Er muss die digitale Welt nicht fürchten, sondern im Gegenteil: guter Journalismus geht immer in die Tiefe. Das war 2009. Guter Journalismus aber muss auch bezahlt werden. Und wenn ein Internetportal nicht einmal einen einzigen wirklichen Journalisten beschäftigt, gibt es nicht einmal mehr eine Perspektive für einen solchen. Und gleichzeitig gefährdet es Zeitungen, die noch seriösen, in die Tiefe gehenden Journalismus pflegen. Was auf lokaler Ebene abzusehen ist, bahnt sich offenbar auf überregionaler Ebene an, wie am Beispiel der FAZ erkennbar wird. Bleibt zu hoffen, dass eine „Nationale Stiftung“, wie sie scheinbar Arnulf Baring anstrebt, zu dem Erfolg führt, der damit angestrebt wird.

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