Wie verschiedentlich und stilistisch recht unterschiedlich in den
Zeitungen berichtet, fand am Dienstag auf der Terrasse der Gaststätte
Sonneneck im Nordhäuser Gehege der Höhepunkt des FDP-Wahlkampfes
zum Thüringer Landtag statt, der durch die Teilnahme des
Bundesvorsitzenden Christian Lindner eine besondere Note erhielt. Das
mag auch der Grund gewesen sein, dass unter Berücksichtigung der
jüngsten Wahlprognosen für die FDP die Teilnahme an der
Veranstaltung doch recht beachtlich war.
Ich hatte in meinem Eintrag den Wortlaut der Ansprache Christian
Lindners in Aussicht gestellt und füge sie hier mit dem Bemerken
an, dass sich der Mitschnitt seiner Ausführungen doch sehr viel
anders anhört als diese vor Ort auf mich wirkten. Dafür gibt es
natürlich Erklärungen, die ich hier nicht weiter erörtern will,
weil ja diese Wiedergabe nicht öffentlichkeitswirsam sein soll,
sondern eben nur für meinen Blog bestimmt ist. Ich habe deshalb auch
keine stilistischen Änderungen vorgenommen, ich weiß ja, was mit
diesen Ausführungen gemeint ist und was damit bezweckt wurde.
Meine Damen, meine Herren,
einen guten Abend. Ich freue mich, dass der eigentliche Höhepunkt
gleich noch kommt, zumindest für mich und nach mir, denn die Reisen,
die ich jetzt gegenwärtig nach Thüringen unternehmen darf im
Wahlkampf, haben für mich den großen Vorteil und das Privileg, dass
ich nicht im Rheinland wie sonst immer nur Würstchen nach Thüringer
Art essen kann, sondern hier auch das Original gleich probieren kann,
allein dafür, liebe Frau Kollegin (gemeint ist Hitzing), hat sich
die Reise schon gelohnt (Applaus).Ich freue mich, Sie alle hier zu
sehen, im Wahlkampf hat man ja die Gelegenheit, Argumente
auszutauschen, zu hören, was die Parteien für das Land empfehlen
und wir haben dann auch die Möglichkeit zwischen den
unterschiedlichen Wegen für ihr Land am kommenden Sonntag zu wählen.
Das ist für uns Politiker die wichtigste Saison, und ich muss sagen,
mir macht das auch Freude. Jetzt ist die FDP in einer, Sie haben das,
wie soll ich sagen, sie sieht sich in einer Verfolgtlage und
trotzdem macht es umso mehr Freude, jetzt in dieser Lage Haltung zu
zeigen und auch politische Fragen zu beraten. Deshalb freue ich mich
auch, dass Sie hier sind. Aber, meine Damen und Herren, das ist der
erste Punkt, den ich machen will: mich besorgt, wenn ich dann wie in
der Landtagswahl in Sachsen sehe, dass nicht einmal die Hälfte der
Bürgerinnen und Bürger unseres Landes an diesen Entscheidungen über
die Richtung beispielsweise Sachsens oder - hoffentlich nicht –
Thüringens teilnimmt. Man muss sich das vorstellen: auf der Welt
gibt es Millionen Menschen, die nur einmal im Leben an einer freien,
gleichen und geheimen Wahl teilnehmen wollten. Wie etwa in China,
oder gegenwärtig in Thailand, das auf dem Weg ist, eine
Militärdiktatur zu werden, der arabische Frühling im Norden
Afrikas. Überall haben Menschen den einen Wunsch, einmal bei einer
demokratischen Wahl in Freiheit entscheiden können, über die
Richtung des Landes. Und bei uns bleibt eine gute Hälfte an den
Wahlsonntagen zuhause, aus Desinteresse oder Bequemlichkeit. Jede
nicht abgegebene Stimme in Deutschland am kommenden Sonntag in
Thüringen, meine Damen, meine Herren, eine jede nicht abgegebene
Stimme ist in Wahrheit ein Schlag ins Gesicht der Millionen Menschen,
die sich nichts sehnlicher wünschen als Demokratie. Deshalb gibt es
nach meiner Auffassung nicht nur so etwas wie ein Wahlrecht, sondern
durchaus auch eine bürgerliche Wahlpflicht, meine Damen und Herren
(Beifall). Es ist deshalb notwendig, sich einzuschalten bei den
Wahlen, denn ich beobachte, dass wir derzeit in Deutschland
geräuschlose Achsenverschiebungen in der Politik erleben. Und ich
will drei exemplarisch ansprechen. Die ersten Verschiebungen betrifft
die internationale Politik. Man kann jetzt wieder lesen, dass die
NATO aufrüsten wird. Dass es Stützpunkte im Osten Europas geben
wird. Wladimir Putin hat das Völkerrecht gebrochen. Es ist auch
nicht akzeptabel, dass er von einem nahen Ausland spricht und dass er
über die Grenzen souveräner Staaten hinweg für russischstämmige
Bevölkerung intervenieren will, das widerspricht dem Völkerrecht.
Die NATO aber reagiert darauf beispielsweise durch den Besuch ihres
Generalsekretärs in Kiew, Der dort die Rhetorik des Säbelrasselns
bedient. Meine Damen und Herren, in der Vergangenheit hat Deutschland
eine Ostpolitik formuliert, die einerseits auf die Verständigung
gesetzt hat, und andererseits auf die Entschlossenheit, die Werte
freier Demokratie und Menschenrechte zu verteidigen. Ich sehe, dass
wir in den vergangenen Monaten oft in der Devensive waren und auf den
Regeln des Völkerrechts nicht bestanden haben. Und zugleich aber die
Brücken des Dialogs abgebrochen haben. Bei der NATO-Russland-Card
beispielsweise, die nicht einberufen worden ist. Weil man aus dem G8
einen G7-Gipfel gemacht hat, indem man Russland ausgeladen hat. Da
haben sich dann sieben Nationen unterhalten darüber, wie böse der
Russe ist. Statt mit Putin zu sprechen, über das, was er
beabsichtigt. Und das, was er da tut. Das, meine Damen und Herren ist
die erste Veränderung unserer außenpolitischen Linie, die mich sehr
besorgt, dass wir jetzt wieder über eine Ost-West-Konfrontation
nachdenken, statt den Dialog über das Völkerrecht und über das
Selbstbestimmungsrecht der Ukraine mit Russland zu führen. Wenn man
irgendwann aufhört, miteinander zu sprechen, meine Damen und Herren,
dann ist es nur ein Schritt weiter, und dann beginnt man wieder
aufeinander zu schießen. Wer keinen neuen Ost-West-Konflikt will,
der darf auch nicht in die alte Rhetorik des Ost-West-Konflikts
zurückfallen, wie Ursula von der Leyen das viel zu oft in ihren
Interviews tut, meine Damen und Herren. Das wollen wir nicht noch
einmal auf diesem Kontinent. Und wenn ich schon einmal bei von der
Leyen mit ihren martialischen Top-gun-Posen bin: wir können nicht
noch einmal zuschauen, einem Völkermord wie in Ruanda damals. Oder
tatenlos zuschauen, wie Menschen zu hunderten oder tausenden sterben,
wie seinerzeit im ehemaligen Jugoslawien und zuzuschauen in
Screbenica. Das war ein Versagen der Weltgemeinschaft, gerade auf dem
Balkan, unserer unmittelbaren Nachbarschaft, wie Menschen
abgeschlachtet worden sind. Deshalb dürfen wir jetzt auch nicht nur
Zuschauer sein, bei den Vorgängen in Nordirak, denn der IS, dieser
Islamische Staat, ist am Ende auch eine Bedrohung für uns. Wir
können nicht erlauben, dass der religiöse extreme Islamismus
fröhliche Urstände feiert, eine ganze Region destabilisiert,
Menschen umbringt wegen ihrer Religionszugehörigkeit, und den Terror
am Ende auch zu uns bringt. Die deutsche Bundesregierung reagiert auf
diese Herausforderung an die zivilisierte Welt damit, dass sie
tödliche Waffen in diese Region exportieren will, meine Damen und
Herren. Ich halte das für falsch, in dieser Weise von der bewährten
Strategie Deutschlands abzuweichen. Wir haben nämlich niemals
Waffen in akute Krisengebiete geliefert, haben sie nicht in die Hand
einer einzelnen Kriegspartei gegeben. Weil wir doch nicht wissen, in
welche Hände diese Waffen morgen geraten. Und gegen wen sie sich
dann richten. Die Türkei sagt gerade heute, man befürchte, die
türkische Regierung, man befürchte, dass die Waffen dann in die
Hände der PKK gelangen könnten. Einer Organisation, die in
Deutschland in jedem Jahr noch in den Verfassungsschutzberichten
steht. Und sich gegen den türkischen Staat, einen unserer
NATO-Partner wendet. Wer kann denn sicher sein, dass die Waffen, die
wir heute liefern, nicht morgen in andere Hände geraten und sich
gegen wen auch immer und am Ende auch gegen uns selbst wenden, meine
Damen und Herren. Deshalb wäre richtig gewesen, dass Deutschland
beispielsweise im Verbund der Vereinten Nationen darauf drängt, dass
wir dort auch beispielsweise mit Luftschlägen die Kurden
unterstützen gegen den islamischen Staat. Ich sage hier ganz
freimütig, die damalige Entscheidung der Bundesregierung, sich bei
der Libyenfrage im Weltsicherheitsrat der Stimme zu enthalten, habe
ich als falsch erachtet. Jetzt müsste man hier bereit sein, im
Interesse unserer zivilisatorischen Werte auch gemeinsam im Westen
einzutreten und Menschen zu schützen. Aber Waffen zu liefern ist ein
Abenteuer, es löst die Krise dort nicht, sondern führt uns in
Wahrheit, meine Damen und Herren, in einen Treibsand hinein und
verschärft den Konflikt, löst ihn nicht, sondern verschärft den
Konflikt, weil es keine auf Dauer angelegte tragfähige Lösung ist.
Die große Koalition sagt immer, sie wolle mehr Verantwortung auf der
Weltbühne übernehmen, in Wahrheit stürzt sie uns in neue
Abenteuer, meine Damen und Herren, nachdem wir gerade noch nicht aus
Afghanistan zurückgekehrt sind. Deshalb ist diese Veränderung des
außenpolitischen Kurses unseres Landes, zumal ohne breite Debatte
eben nicht zukunftsträchtig und nicht verantwortungsbewusst, sondern
einfach nur kurzsichtig und von den Profilierungswünschen von Ursula
von der Leyen betrieben. Und das darf nicht der Maßstab deutscher
Außenpolitik sein(Beifall)
In der Innenpolitik, meine Damen und Herren, gibt es ja eigentlich
nur ein Thema, das für unsere Zukunft von enormer Bedeutung ist. Das
wichtigste Thema mit dem sich Deutschland befasst, wichtigstes Thema
für unser aller Zukunft, wenn man in die Zeitungen schaut, was ist
das, die Maut. Die große Koalition streitet und diskutiert über
nichts anderes als die Dobrindt-Maut. Wir stehen vor der
grundlegenden Digitalisierung aller Lebensbereiche, das sieht man
gerade bei dem Konflikt zwischen dem Taxigewerbe und dem Uber, diesen
neuen Fahrtenvermittlern, Das zeigt, was da auf uns zukommt, müsste
man den Mittelstand rüsten, die Regeln anpassen, aber nicht so
wichtig, die Maut ist wichtiger. Wir stehen vor einem demografischen
Wandel, in diesem Jahr steigt Hartz-IV schneller als die Rente, das
ist ein
Vorbote auf den demografischen Wandel, er wird sich
verschärfen, könnte man sich drum kümmern, aber es gibt etwas, das
wichtiger ist, die Trophäe von Horst Seehofer. Wir sind in der
Globalität angekommen, im internationalen Wettbewerb, unser
Wohlstand entscheidet sich an der Qualität unserer Bildung – ich
komme gleich nochmal darauf zurück – man könnte jetzt ein
Mondfahrtprojekt auf den Weg bringen, dass Deutschland das beste
Bildungssystem der Welt bekommt, unideologisch, leistungsorientiert,
individuell auf die Bedürfnisse eine Kindes und junger Menschen
angepasst. Könnte man diskutieren. Aber etwas anderes ist wichtiger,
nämlich dass die CSU ihren Willen bekommt. Verehrte Anwesende, ich
halte das vielleicht sogar für eine Strategie der großen Koalition
der Bundeskanzlerin, dass diese großen Richtungsfragen, die
Gestaltungsfragen unseres Landes aus der Öffentlichkeit
herausgehalten werden. Und stattdessen werden wir unterhalten mit
diesem hin und her zwischen CDU/CSU und SPD, wie das denn nun ist mit
dieser Maut. In der Sache geht es gar nicht um soviel Geld, es ist
ein ganz bürokratisches Vorhaben, die Aufwendungen für die
Verwaltung der Maut liegen ja bei über 30 Prozent, das gibt es sonst
überhaupt nicht in Deutschland. Eine Steuer oder Abgabe, die ein
Drittel des Aufkommens braucht, um überhaupt erhoben zu werden, das
ist die bürokratischste Idee seit dem Dosenpfand- löst auch kein
Problem bei der Verkehrsinfrastruktur. Es geht einzig und allein
darum, dass eine der Parteien der großen Koalition, nämlich die
CSU, ihren Willen durchsetzen kann. Damit Horst Seehofer
unterstreichen kann, ich habe, was auch immer, durchgesetzt. Ich bin
ein mächtiger Mann dieser Republik. Meine Damen und Herren, wenn wir
diese Banalisierung der Politik angesichts der großen
Herausforderungen unserer Gesellschaft hinnehmen, widerspruchslos,
dann dürfen wir uns auch nicht darüber wundern, dass die
gegenwärtige Stärke leichtfertig verspielt wird, weil wir uns nicht
einschalten und weil an den großen Fragen nicht gearbeitet wird. Ich
wünsche mir, dass die Bundesregierung sich mit Zukunftsfragen
beschäftigt und nicht in solchen Nebenkriegsschauplätzen verliert,
meine Damen und Herren. Das ist die Erwartung, die wir haben
(Beifall). Das muss sich doch auch im Bundeshaushalt zeigen, der
heute beraten worden ist. Und ich lass jetzt mal unerwähnt, dass die
schwarze Null viel zu wenig ehrgeizig ist, denn in diesen Zeiten der
Rekordeinnahmen müsste eigentlich längst die große Koalition
begonnen haben mit der Tilgung von Altschulden. Sie schauen mich so
fragend an, das war mal geplant, die schwarz gelbe Koalition –
Patrick Kurth ist mein Zeuge – hatte das mal für dieses Jahr
geplant, die Tilgung von Altschulden. Dann musste sich Frau Merkel
einen neuen Koalitionspartner kaufen, für 23 Milliarden Euro und ist
abgesagt worden. Aber ich will auf diesen Punkt gar nicht hinaus, ich
will auf einen anderen Aspekt hinaus: In meinen Augen haben wir
gegenwärtig in Deutschland die größte Umverteilung zwischen den
Vermögen und vor allem zwischen Staat und zwischen den Bürgern seit
Jahrzehnten zu beobachten. Und das hängt mit den niedrigen Zinsen
zusammen. Die sind ja künstlich niedrig wegen der Eurokrise. Und für
Wolfgang Schäuble und für alle Finanzminister ist das ein Fest: ein
Prozentpunkt höherer Zins langfristig würde im Bundeshaushalt 13
Milliarden Euro höhere Ausgaben für den Kapitaldienst bedeuten, für
die alten Schulden: 13 Milliarden Euro nur ein Prozentpunkt mehr.
Herr Schäuble ist also nicht viel besser als Hans Eichel damals war,
der hat nur mehr Glück wegen der günstigen Zinsen. Wie wirken sich
aber die Zinsen für Sie, für uns Alle aus? Sie führen natürlich
dazu, dass das Ersparte verdunstet, entwertet wird. Und verstehen
Sie, das ist die Umverteilung über die ich gerade sprechen wollte:
der niedrige Zins macht der Politik das Regieren und das Wirtschaften
leicht und er entwertet zugleich die privaten Ersparnisse.Jetzt wäre
es eigentlich die moralische Verpflichtung der Politik, dann
wenigstens die öffentliche Schuldenlast auf ihren Schultern zu
reduzieren, wenn schon die privaten Vermögen weniger werden. Dann
wäre es nur gerecht, wenn die Politik den Vorteil ihres niedrigen
Zinses an die Bürgerinnen und Bürger weitergeben würde, indem
beispielsweise damit aufgehört wird, dass jede Gehaltserhöhung
durch die kalte Progression enteignet wird. Wann, wenn nicht jetzt,
soll die Politik überhaupt noch einmal in die Lage versetzt werden,
zu einer fairen Bilanz zwischen Staat und Privat zu kommen?
Stattdessen gibt es immer mehr Kreativität bei den Finanzministern,
egal welcher Farbe, mir und uns allen in die Tasche zu greifen, statt
endlich zu einer fairen Lastenverteilung zwischen denen, die abgeben
und denen die empfangen in unserem Land zu kommen. An dieser
Herausforderung scheitert auch die große Koalition, weil die gar
nicht mehr im Blick haben, dass die Bürger auch private Pläne
haben, für die sie finanziellen Spielraum benötigen, meine Damen
und Herren (Beifall). Und nebenbei gesagt, wofür das Geld dann
eingesetzt wird, wir bekommen ja jetzt den Mindestlohn und parallel
zum Mindestlohn werden 1600 Zollbeamte zusätzlich eingestellt, die
die Einhaltung des Mindestlohns in den mittelständischen Betrieben
überwachen. 1600 zusätzliche Beamte, die beim Zoll jetzt
ausschwärmen um den Mittelstand zu betrachten, ob dort auch
flächendeckend der Mindestlohn gezahlt wird. Und das in Zeiten, wo
sie ja auch in Thüringen beobachten, wie stark die
Einbruchkriminalität steigt. Grenzüberschreitende Banden, die
gezielt Brüche machen. Also wenn man schon 1600 zusätzliche Beamte
einstellt, dann wäre es in meinen Augen bürgerliche Politik
gewesen, die beim Bundeskriminalamt einzustellen, damit man endlich
mal systematisch die Einbruchkriminalität bekämpft, statt die
mittelständische Wirtschaft pauschal unter den Verdacht zu stellen,
Lohndumping zu betreiben. Das ist keine bürgerliche Politik, die die
CDU da in der großen Koalition da mitformuliert (Beifall).
Der letzte Punkt, den ich ansprechen will ist eine Veränderung in
den Grundfakten betreffend das ja auch von Ihnen so hervorgehobene
Bildungssystem. Wir als Liberale wollen, dass der Platz im Leben sich
aus Fleiß und Talent ergibt. In unseren Bildungssystem ist es
überall in Deutschland immer noch so, dass die familiäre Herkunft
später im Platz im Leben entscheidet. Das ist nicht unser
Verständnis von Leistungsträgern oder auch von Eliten in einer
Gesellschaft. Die muss sich herausbilden über Fleiß, Talent und
Lebensentscheidungen, das darf keine Sache der natürlichen Lotterie
sein, in welcher Familie und welchen Stadtteil man geboren ist. Wir
müssen und wollen also mehr tun für Bildungsgerechtigkeit, meine
Damen und Herren, das eint im Pinzip alle Parteien. Meine Sorge nur
ist, dass, wenn die Anderen über Bildungsgerechtigkeit sprechen, sie
viel zu oft Leistungsrelativierung meinen, Ich halte es auch nicht
für ein sinnvolles Ziel, Abitur für Alle zu versprechen.
Möglicherweise ist unsere Gesellschaft sogar schon dabei,
überakademisiert zu werden , obwohl wir auch ein paar fleißige, gut
ausgebildete Facharbeiter benötigen, die ebenso vorbeugende
Perspektiven in ihrem Leben verdient haben. Leistungsrelativierung
erleben sie gerade hier in Thüringen, weil hier ja in
weiterführenden Schulen das Sitzenbleiben partiell abgeschafft
worden ist. Ich kann Ihnen von Nordrhein-Westfalen berichten, wir
sind dort sogar schon Schritte weiter: bei uns werden die Grenzen
zwischen den Schulformen auch noch reduziert Gymnasium wird
relativiert. Es gibt die Vorschläge, die Noten abzuschaffen. Das
gibt es an vielen Stellen schon als Modellprojekt bei uns, und in
anderen Regierungen mit einer stark von links geprägten
Bildungspolitik. Da steht die Vorstellung dahinter, man müsse den
Kindern und Jugendlichen die traumatisierende Erfahrung einer
schlechten Note ersparen. Weil das das seelische Gleichgewicht
auseinander bringt, wenn man mal eine 5 schreibt. Meine Damen und
Herren, die die Noten abschaffen wollen, damit diese drohende
Traumatisierung unterbleibt, die übersehen eines: mit den Noten wird
nicht nur die 5 abgeschafft, sondern auch die 2. Und damit nicht nur
das traumatisierende Erlebnis der schlechten Zensur, sondern auch das
Erfolgserlebnis, wenn sich Fleiß und Einsatz ausgezahlt haben, in
der Verbesserung der Leistung und einer besseren Note. Wenn wir das
zulassen, meine Damen und Herren, die leistungsfreie Schule, wo alles
gleich gemacht wird, nivelliert wird und es keinen Unterschied mehr
macht ob man sich einsetzt oder nicht, dann tun wir Kindern und
Jugendlichen damit keinen Gefallen, aber vor allen legen wir die Axt
an das, was den Wohlstand unserer Gesellschaft ausmacht, nämlich die
Axt an wohlverstandene Leistungsgesellschaft: dass eben nicht nur
jeder nur seine Pflicht tut, sondern dass es auch Gott sei Dank ein
paar Menschen gibt, die auch etwas mehr tun wollen als ihre Pflicht.
Und das brauchen wir, das dürfen wir uns auch nicht nehmen lassen,
weil das die bürgerliche Gesellschaft auszeichnet.(Beifall).
Sie haben natürlich gemerkt, ich habe über einige Themen
gesprochen, in Wahrheit aber über das Profil einer FDP, wie ich sie
mir vorstelle. Und das ist ganz klassisch liberal. Die CDU hat in der
großen Koalition die bürgerlichen Werte von Freiheit,
Eigenverantwortung, Fleiß und Solidität geopfert. Und jetzt gibt’s
in unserer Republik, meine Damen und Herren, wenn man sich
beispielsweise den jüngst gewählten Landtag von Sachsen besieht:
jetzt gibt’s in der Politik nur zwei Pole: Sozialdemokratismus,
schwarz, rot, grün, blutrot. Und Protest. Und nichts dazwischen.
Sozialdemokratismus und Protest. Und wenn das so weitergeht, meine
Damen, meine Herren, gibt’s irgendwann in Deutschland niemals mehr
einen Regierungswechsel. Weil nämlich dann die Sozialdemokraten in
den Parteien unter sich bleiben. Und der Protest dazu führt, die
Protestpartei, Sie wissen, wen ich meine, wenn es keine bürgerlichen
Regierungen mehr gibt, sondern nur schwar-rot, oder schwarz-grün
oder rot-rot-grün, dann bewegt sich gar nichts mehr. Und ich frage
Sie: sind Sie bereit, das hinzunehmen, dass das so ist,
Sozialdemokratismus und Protest andererseits? Ich nicht. Ich will,
dass es eine bürgerliche Partei gibt, die für diese traditionellen
Werte steht, die überhaupt nicht überholt sind, sondern die die
Stärke unseres liberalen Landes ausmachen, und die aber andererseits
den Willen und die Kraft hat, zu gestalten und nicht nur
Protestnoten abzugeben. Und das unterscheidet uns eben von allen
anderen. Wir gehören nicht zum sozialdemokratischen Mainstream,
sondern wir sind eine marktwirtschaftliche, bürgerliche Partei, die
auf die Kraft des Einzelnen vertraut, aber wir sind eben auch nicht
eine Protestpartei, die sich nur darin gefällt, gegen den Zeitgeist
aufzustehen, sondern wir wollen gestalten und irgendwann auch wieder
die Geschicke dieses unseres Landes mitsteuern.Und deshalb, meine
Damen und Herren sage ich, trotz der schwierigen Lage unserer Partei:
wir können die Politik nicht den Anderen überlassen, es braucht
eben auch ein starkes liberales Korrektiv. Und das ist nicht mal weg,
sondern im Gegenteil, das muss noch sehr viel stärker her, als es
bislang in Deutschland der Fall ist. Ich danke Ihnen sehr für Ihre
Aufmerksamkeit und guten Appetit.
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