Nelson Mandela befreite Südafrika
06.
Dezember 2013
Frankfurt
a.M. (epd). Schon zu Lebzeiten verneigten sich viele mächtige Frauen
und Männer vor ihm. Nelson Mandela war größer als groß, geradezu
überlebensgroß. Der einst berühmteste Gefangene der Welt einte
sein zerrissenes Land, Südafrika, und schenkte der Welt Hoffnung. Er
starb am Donnerstagabend im Alter von 95 Jahren.
Als
er am 18. Juli 1918 in einem kleinen Dorf am östlichen Kap auf die
Welt kam, gaben ihm seine Eltern den Namen Rolihlala, in der
Xhosa-Sprache bedeutet das: Unruhestifter. Und das war Mandela, der
in einer Missionsschule den Vornamen Nelson verpasst bekam, bevor er
zum Übervater der Nation wurde.
Sein
Vater starb früh. Mandela war erst neun, als er dem König der
Thembu übergeben wurde, dessen Berater der Vater gewesen war.
Mandela studierte Jura und entdeckte an der Universität den
Afrikanischen Nationalkongress (ANC), der für die Rechte der
schwarzen Mehrheit eintrat. Mit seinem Freund Oliver Tambo gründete
er 1944 die ANC-Jugendliga, acht Jahre später eröffneten die beiden
die erste schwarze Rechtsanwaltskanzlei Südafrikas.
1960
wird der ANC verboten, Mandela geht in den Untergrund, spricht sich
für den bewaffneten Kampf aus. Nach zwei Jahren wird er verhaftet
und wegen Verschwörung und Sabotage zu lebenslanger Haft verurteilt.
Den Gerichtssaal nutzt er als vorläufig letzte öffentliche Bühne:
"Ich hoffe auf eine demokratische und freie Gesellschaft, in der
alle Menschen in Gleichheit und Harmonie zusammenleben können",
erklärt er. "Es ist ein Ideal, für das ich lebe, aber wenn es
sein muss, bin ich auch bereit, dafür zu sterben."
Mandela
wird weggesperrt - und die weißen Herrscher im Unrechtsstaat
Südafrika hoffen, dass der Unruhestifter vergessen wird. Doch mit
seiner Haft beginnt der Mythos Mandela erst. Vom Ausland aus startet
der ANC eine Kampagne für seine Freilassung. "Free Mandela"
wird zum Kampfruf der Anti-Apartheid-Bewegung auf der ganzen Welt. 27
Jahre lang sitzt Mandela hinter Gittern, davon viele Jahre auf der
Gefängnisinsel Robben Island, arbeitet im Steinbruch.
Als
die Morgenzeitungen in den Schwarzensiedlungen, den Townships, am 11.
Februar 1990 "Heute kommt Mandela frei" schreiben, können
das seine Anhänger kaum glauben. "Ich habe bei meinen Eltern
vor dem Fernseher gesessen und wir haben gewartet", sagt Oliver
Malaba, damals ein 20-jähriger Student, der trotz Tränengas und
Polizeigewalt immer wieder für Mandelas Freilassung demonstriert
hatte. "Nichts passierte, und wir waren uns sicher, dass die
Apartheidriege uns wieder betrogen hatte."
Als
Mandela, damals 71, tatsächlich vor laufender Kamera aus dem
Gefängnistor schreitet, bricht Malaba in Tränen aus. "Dann bin
ich wie alle anderen aus der kleinen Hütte meiner Eltern gerannt,
habe geschrien, getanzt und die ganze Nacht durchgefeiert." Eine
Party wie diese hatte das schwarze Südafrika noch nicht erlebt. "Es
war als sei Mandela aus der Hölle zurückgekehrt, um unser Land zu
befreien", sagt Malaba. Zwei Tage später spricht Mandela vor
Zehntausenden in Soweto: "Ich grüße Euch im Namen des
heroischen Kampfes für Gerechtigkeit und Freiheit für alle in
unserem Land."
Trotz
der bitteren Jahre im Gefängnis unter dem weißen Minderheitsregime
umreißt Mandela sein Programm: Es geht ihm um Freiheit für alle,
nicht nur für die schwarze Mehrheit. Die Verhandlungen mit dem
letzten Apartheidspräsidenten Frederik Willem De Klerk sind davon
geprägt. Ebenso seine Amtszeit als erster schwarzer Präsident
Südafrikas. 1994 gewinnt er mit dem ANC die erste freie Wahl, wenige
Monate nachdem er und De Klerk gemeinsam den Friedensnobelpreis
entgegennahmen.
Seine
Strahlkraft und seinen Einfluss nutzt Mandela, um für Vertrauen in
das neue Südafrika zu werben. Nach fünf Jahren, auf dem Höhepunkt
seiner Macht, hört Mandela auf: Nicht nur in Afrika ist das bis
heute eine Seltenheit. Er gründet eine Stiftung, kämpft gegen die
Aids-Krise und gründet - mit 89 - einen "Weltrat der Ältesten"
aus prominenten Un-Ruheständlern wie er einer ist.
Als
sein einziger Sohn 2005 an der Immunschwäche stirbt, bricht Mandela
das Schweige-Tabu: "Lasst uns über Aids sprechen und es wie
eine normale Krankheit behandeln." Es ist einer seiner letzten
öffentlichen Auftritte. Seinen Lebensabend verbringt er im Kreise
der Familie. In den letzten Monaten zeigte er sich weiter als Kämpfer
gegen ein Lungenleiden, dem er schließlich erlag.
Mandela
hinterlässt ein gewandeltes Land. Als er 1994 gewählt wurde, legten
Apartheid-Anhänger noch Autobomben. Anhänger von ANC und der
radikalen Inkatha-Partei lieferten sich blutige Gefechte. Ein
Bürgerkrieg schien unausweichlich. Dass es dazu nicht kam, das
schreiben schwarze wie weiße Südafrikaner bis heute Mandela zu. Und
obwohl die tiefe Kluft zwischen Arm und Reich das Land bis heute
teilt, ist der Frieden stabil. Mandela hat mit seiner Größe
Südafrika ein Fundament geschaffen, das sein Leben weit überdauern
wird.
(Mitteilung der EKD am 06.12.13)
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