Es soll heute um 12 Uhr auf RTL noch
einmal gesendet werden: Das Interview der ZDF-Moderatorin Marietta
Slomka mit Sigmar Gabriel, dem Vorsitzenden der SPD und
Verhandlungsführer bei den Koalitionsverhandlungen nach der
Bundestagswahl im September. Über dessen Ergebnis die SPD-Mitglieder
derzeit zur Abstimmung aufgerufen sind.
Ich habe dieses Interview (noch) nicht
gesehen und müsste deshalb eigentlich abwarten, wie es auf mich
wirkt, wenn ich es mir heute Mittag ansehe. Wenn sich da nicht durch
die zahlreichen Berichte und Kommentare in den Medien grundlegende
Überlegungen zum Verhältnis von Journalisten und deren
Interviewpartnern – hier also einem Politiker – ergeben und sich
mir einmal mehr aufdrängen würden. Die eigentlich durch dieses
Interview „lediglich“ bestätigt werden.
Zunächst ergibt sich aus dem Echo, das
dieses Interview in den Medien auslöste, dass der Interviewte
schlechte Karten hat, wenn es danach zu Diskussionen kommt: er
bekommt dann in der Regel das ganze Gewicht der schreibenden Zunft zu
spüren – was ja nicht einmal unbedingt immer zu seinen Lasten geht
– und er hat es gfls. mit der Solidarität der Mehrheit eines
ganzen Berufsstandes zu tun, nämlich der der Journalisten. Und da
hat ein Einzelner natürlich keine Chance wenn er sich dem Vorwurf
ausgesetzt sieht, sich „ungebührlich“ - etwa aufmüpfig oder
widerborstig - dem Interviewer gegenüber verhalten zu haben. Als
markantes Beispiel gilt ja wohl noch immer das Interview des
Sportreporters Waldemar Hartmann in 2003 mit Rudi Völler – damals
Teamchef der Fußball-Nationalmannschaft. Weil es eben selten genug
vorkommt, dass sich der Interviewte aus der Rolle des Befragten
(Verhörten) in die eines Partners „auf Augenhöhe“ begibt. Wenn
nämlich der ausgeübte Fragedruck des Interviewers zu groß oder gar
penetrant wird. Oder wirkt. Und Maritta Slomka wird ja bescheinigt,
dass sie stets „hart zur Sache“ geht. In einem Bericht zu diesem
Interview im “heute journal”hieß es immerhin, dass es hohe
Wellen schlug. Weil es so ganz anders war, als das sonst übliche
Phrasen-Geplänkel zwischen Journalisten und Politikern. Also
wirklich mal ein „echtes“? Ich bin neugierig.
Nun äußerten sich zu diesem Disput
u.a. zwei Autoren in der „Süddeutschen Zeitung“ (Nakissa
Salavati und Michael König), bei dem eine andere Eigenheit
journalistischer Übung offensichtlich wird: je nach
Argumentationsbedarf interpretiert man die Aussagen eines
Interviewten – hier also Sigmar Gabriels - nach dem eigentlichen
und gewollten Sinn einer Aussage. Mitunter aber wird man sophistisch
und bemüht dann schon mal das „altehrwürdige Deutsche Wörterbuch
der Brüder Jacob und Wilhelm Grimm“. Um etwa den Begriff „Quatsch“
exakt zu definieren. Es bedeute eine "breiartige quatschende
masse, straszenkoth u. dgl.". Gabriel wirft diese Masse
angeblich der ZDF-Moderatorin Marietta Slomka entgegen, als die zu
bedenken gibt, vergleichsweise wenige SPD-Mitglieder entschieden über
eine Koalition für ganz Deutschland. Und weil Gabriel in einer
bestimmten anderen Passage Slomkas von „Blödsinn“ sprach, wissen
die Autoren, dass das ein „elitäres“ Wort sei, ein kumpelhaftes,
volksnahes. Und darum wäre es dem SPD-Chef gegangen: volksnah zu
sein. Obwohl im Duden nur von sinnlosen, törichten Reden oder
Handeln die Rede ist, nicht aber von volksnah oder kumpelhaft. Ob nun
sinngemäß oder wortklauberisch, einem Interviewten könnte man nur
raten, auf der Hut zu sein. Er wird im Falle eines Falles in der
journalistischen Nachbetrachtung kaum je eine reelle Chance haben. Im
Falle dieses Interviews ist es ja schon ungewöhnlich und beachtlich,
dass sich Politiker aus der SPD und anderer Parteien gegen die Art
der „Befragung“ verwahrten. Nützen wird es ihnen nichts. Und nun
bin ich neugierig, welchen Eindruck dieses Interview auf mich machen
wird.
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