N24
stellte neulich in einem Beitrag fest: „Marietta Slomkas Interview
mit Sigmar Gabriel bleibt unvergessen.“ Es sollte deshalb nicht
wundern, wenn auch ich es noch nicht vergessen habe. Obwohl ich es
nur aus den Medienberichten kenne. Und da ist es mir eine gewisse
Genugtuung, im „Kölner Stadtanzeiger“ ein Interview gefunden zu
haben, in dem sich der Medientheoretiker Steffen Burkhardt über den
Interviewstil der ZDF-Moderatorin „während des Eklats mit dem
SPD-Chef...“äußert. Dem es nach seiner Meinung an
Professionalität gemangelt habe. Burkhardt: „Frau
Slomka hat den Zusammenhang zwischen SPD-Mitgliederbefragung,
Koalitionsvertrag und Abgeordnetenvotum im Bundestag nicht plausibel
erklären können. Herr Gabriel hat erläutert, dass es kein
verfassungsmäßiges Problem darstellt, wenn er die Basis befragt.
Marietta Slomka ist da nicht richtig drauf eingegangen. Sie hat ihre
Fragen wiederholt und wurde wütender.“ (Ende des Auszugs). Und
hier muss ja auch ich einräumen, dass ich in meinem Eintrag am
03.12. („Journalisten erfüllen Erwartungen nicht“) „nicht
plausibel“ wiedergegeben habe, dass sich ja die Frage der
Verfassungsmäßigkeit einzig auf die Mitgliederbefragung richtete,
und nicht auf den Inhalt des Koalitionsvertrages. Ein solches
Missverständnis entsteht also, wenn man sich zu unkritisch gegenüber
Medienberichten verhält.
Damit soll es dann wohl sein Bewenden haben. Und ich sehe mich wieder mit meiner Auffassung zu diesem Interview bestätigt. Dass Burkhardt der Meinung ist, dass der Zuschauer ein viel größeres journalistisches Verständnis hat als man annimmt, besagt immerhin, dass man den Zuschauer ernst nehmen sollte. Und von ihm eben Professionalität erwartet. Wenn das auch oft genug in den anonymen Kommentaren der Zuschauer oder Leser nicht wirklich zum Ausdruck kommt.
Mir
fällt in diesem Zusammenhang ein, was zum Beispiel Sonja Seymour,
Leiterin des ARD-Politmagazins „Monitor“ unlängst zur Frage
äußerte, ob professioneller Journalismus noch gebraucht würde:
„Seien wir doch ehrlich. Journalisten stehen nicht mehr obenauf der
Hit-Liste geschätzter und vorbildhafter Zeitgenossen. Außerhalb des
Medien-Biotops, nämlich in der Wirklichkeit, ist der Blick auf
unseren Berufsstand eher unfreundlich und es wird nicht feinfühlig
unterschieden zwischen den Genres. Wir alle sind „die Medien“.
Betrüblich aber wahr: Die Mitmenschen unterstellen, wir seien
allesamt nur noch getrieben von guten Quoten, Auflagen, Klickzahlen.
Dass wir Fehler schönreden, gern hart austeilen, aber ein gläsernes
Kinn haben, wenn es um Kritik an uns selbst geht. Dass wir
Weltmeister im Ätzen und Besserwissen sind. Ob Print, Radio,
Fernsehen oder Online: Viele Nutzer bekriteln – nicht grundlos –
den Mangel an Tiefgang, an Persönlichkeiten, an Meinungsfreude. Sie
erleben interlektuelles Versagen beim Deuten großer Zusammenhänge
und geringe Lust am Einmischen. Und merken an, dass Feuerwehrleute,
Lehrer, Briefträger oder Ärzte höhere Vertrauenwerte vorweisen
können als „die“ Journalisten. Nebenbei: Jeder telegene
Kleiderständer, jedes Model darf sich inzwischen Moderatorin nennen,
jeder Handyschwenker Reporter. Das kann nicht gut sein für die
Branche.“
Dem
kann, nein, dem muss man einfach zustimmen. Wenn ich dann aber erlebe
– um den letzten Satz dieser Selbsteinschätzung aufzugreifen -
dass in einer Internet-Zeitung neben dem Herausgeber fast
ausschließlich Handyschwenker als Reporter fungieren – aus welchen
Gründen auch immer – kann das wirklich weder inhaltlich, noch
insgesamt für die Zukunft der gesamten Journalisten-Branche gut
sein. Und hier vermisse ich allerdings den Anspruch des
Internet-Nutzers, der sich damit zufrieden gibt. Während ich mich
frage, warum ich mich nicht damit abfinden kann, dass die Zeit des
professionellen Journalisten damit zunehmend der Vergangenheit
zugehört? Stattdessen nehme ich neuerdings zu meinen MVZ-Terminen
das Buch „Das
verkannte Ressort“ zur Hand, in dem sich der Journalistik-Professor
Horst Pöttker (TU Dortmund) und die freie Journalistin Anke
Vehmeier mit Lokaljournalismus befassen. Auch um den würde es nicht
gut stehen. Weil auch da die Ressourcen für „glaubwürdigen, um
Unabhängigkeit bemühten sorgfältig recherchierten und gut
verständlichen Lokaljournalismus“ merkbar knapper werden. Wohin
also führt diese Entwicklung?
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