Donnerstag, 26. Dezember 2013

Erst zahlen, dann lesen?

Nahezu alle Berichte über die herausragenden Themen der vergangenen Tage gehören für mich zum Komplex des Europäischen Journalismus-Observatorium (EJO). Das sich bemüht, einen Beitrag zur Qualitätssicherung im Journalismus zu leisten. Ein hochaktuelles Thema also. Und sich kürzlich mit Lösungsmöglichkeiten der Zeitungen befasste, wie sie online Geld verdienen können. Also mit Bezahlmodellen.

Anspruchsvoller Journalismus tut sich schwer, hieß es da, am Markt einen angemessenen Preis durchzusetzen. Das hat, so der Verhaltensökonom Dan Ariely, gewiss auch damit zu tun, dass wir uns allesamt irrational verhalten, wenn wir vermeintlich etwas umsonst bekommen und uns keine Gedanken machen über die versteckten Kosten von Gratisangeboten.


Es geht also um Überlegungen, wie Zeitungsverlage und -redaktionen für digital übermittelte Nachrichten und Berichte ihre Konsumenten in der einen oder anderen Form zur Kasse bitten können. Das Observatorium behandelte das Thema dabei auf einem sehr akademischen Niveau unter Bezugnahme auf große Regionalzeitungen in den USA. Mit sehr unterschiedlichen Erfahrungen auf die ich hier nicht näher eingehen will, schon weil die Dimensionen – allein schon im lokalen Bereich – nicht vergleichbar sind.

Richtig ist jedenfalls, dass auch in Deutschland Verlage und Redaktionen Bezahlmodelle für ihre online-Angebote prüfen und einzuführen versuchen. Dabei will man grundsätzlich festgestellt haben, dass etwa zehn Prozent der Nutzer in Deutschland bisher bereits für digital übermittelte Nachrichten in der einen oder anderen Form bezahlen.
Ohne weiter auf die mir bisher bekanntgewordenen, recht unterschiedlichen Modelle der Bezahlung einzugehen – es sind derer eine ganze Anzahl – mag es ein Fehler gewesen sein, dass man überhaupt anfangs digitale Kommunikation kostenlos ins Internet stellte. Mir ist aus dem Printbereich erinnerlich, dass es vor Jahren (2002) in Nordhausen ein ausgezeichnetes Kulturmagazin – den „Nordhäuser Adler“ - gab. Solange er kostenlos angeboten wurde, fand er Absatz und gute Kritiken. Als dafür bezahlt werden sollte, fanden sich zu wenige, die dem weiteren Erscheinen eine Grundlage geboten hätten. Den Konsumenten interessieren nicht die Kosten, sondern nur die Form des Angebots.


Einmal an kostenlose Berichterstattung gewöhnt, ist der Konsument nicht leicht zu der Einsicht zu bringen, dass er nun plötzlich für das zahlen soll, was er bisher umsonst erhielt. Umso mehr, als die redaktionelle und journalistische Qualität der digitalen Angebote vielfach, und gerade im lokalen Bereich, zu wünschen lässt. In der die Schnelligkeit im Angebot zum Teil weit hinter der Qualität hinterher hinkt. Soweit es sich überhaupt um wirkliche journalistische Angebote handelt. (Davon aber später.) Allein schon die Titel mancher Sachbeiträge („Journalisten erfüllen Erwartungen nicht“, „Mit dem Lokaljournalismus steht es schlecht“) ist keine Einladung, dafür auch noch zu zahlen. Und ebenso wenig für Berichte, in denen es nur so von Spekulationen und Mutmaßungen strotzt. Wie gerade in diesen Tagen zum Thema Chodorkowski oder Pussy riot. Und dafür sollte ich auch noch zahlen? Konnte man bis vor einiger Zeit noch beliebig durch das digitale Angebot surfen und dabei die Qualität der journalistischen Angebote vergleichen, verringert sich dieses kostenlose Angebot und damit die Vergleichsmöglichkeit merklich. Ohne dass sich die Qualität dieser Angebote zumindest im gleichen Verhältnis verbessert hat. Nun muss gerade auch ein digitales Portal nur so gut sein, wie deren Nutzer Ansprüche stellen. Und da scheinen sich die Maßstäbe verschoben zu haben. Man weicht also im Rahmen der Möglichkeiten solange auf kostenlose Angebote aus, solange das möglich ist, ohne nach deren journalistischer Qualität zu fragen.. Und soweit es mich betrifft, kaufe ich einzelne Berichte (z.B. der SZ), um damit auch die Rechte zu erwerben. Im übrigen dürfte das ein Themenkomplex sein, der mich und sicher auch viele andere Nutzer noch öfter und in sehr unterschiedlicher Weise beschäftigen wird.

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