Die Medien in Deutschland überboten sich in den vergangenen Tagen
geradezu mit Berichten und Kommentaren zu dem ehemals angeblich
reichsten Mann Russlands, Michail Chodorkowski. Der nach der
Begnadigung durch den russischen Präsidenten Wladimir Putin aus
Straflager haft entlassen wurde und auf kürzestem Weg nach
Deutschland ausreiste. Diese Überschwänglichkeit der Medien kommt
bei vielen Medienkonsumenten gar nicht gut an, wie sich aus den
Kommentaren im Anhang der einschlägigen Zeitungsberichte leicht
entnehmen lässt. Es fehlt der einen, wie der anderen Seite an
ruhiger und sachlicher Einschätzung der Vorgänge um diesen Mann,
der immerhin ein Jahrzehnt als Gefangener der russischen Justiz
zubringen musste.
Und wenn ich bei der einen, der Medienseite verweile, scheint
eigentlich nach den Berichten nur Tatsache, dass er sich in
Deutschland befindet und gestern eine Pressekonferenz abhielt. Aus
der sich ergab, dass er sich freut, in Deutschland zu sein, keine
politischen Pläne oder Absichten hat und selbst noch nicht recht
weiß, wie er sein künftiges Leben gestalten wird. Alles andere, was
darüber hinaus geschrieben wurde, ist Unterstellung, Mutmaßung und
Spekulation.
Das beginnt damit, dass er geradezu stereotyp als Putin- oder
Kreml-Kritiker bezeichnet wird. Er mag das vor seiner Verurteilung,
also in der Vergangenheit, gewesen sein, jetzt ist er es jedenfalls
nach eigenen Bekundungen nicht (mehr). Tatsache ist, dass er nach dem
Begnadigungsdekret aus humanitären Gründen begnadigt wurde, alles
andere, was darüber hinaus gemutmaßt und „geflunkert“ wird,
entbehrt der Grundlage. Nicht anders verhält es sich mit
Spekulationen darüber, wer welchen Anteil von deutscher Seite an der
Begnadigung Chodorkowskis hat. Und auch zum Vermögen, das Michail
Chodorkowski verblieben ist, ergeht man sich in Spekulationen, denen
allesamt die Grundlage fehlt. Selbst über den Ausgangspunkt der
ganzen Chose, nämlich dem Grund oder Hintergrund seiner Verurteilung
stellt man auch heute wieder Mutmaßungen an, die weitgehend
spekulativ sind. Der
Prozess gegen den einst reichsten Mann Russlands wurde sogar
international als politisch motiviert kritisiert, obgleich der
Europäische Gerichtshof für Menschenrechte dieser Auffassung
widersprach (n-tv am 20.12.).
Ich
nehme also interessiert zur Kenntnis, dass Michail Chodorkowski
aufgrund der Begnadigung durch Russlands Präsidenten Wladimis Putin
aus humanitären Gründen aus der Strafhaft entlassen wurde und
derzeit im Berliner „Adlon“ wohnt. Mich interessiert das
Schicksal und die Zukunft dieses Mannes wie die jedes Menschen mit
Profil. Und ich kann mich darüber freuen, dass er sich das nach zehn
Jahren Haft bewahrt zu haben scheint. Mich interessieren demgegenüber
keine Spekulationen. Und das hat für mich noch einen Grund, auf den
ich in einem weiteren Eintrag kommen will.
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