Das
stellte keine geringere als die Akademie für Publizistik in einer
Verlautbarung am 21.11.13 fest. Ihr liegt das Ergebnis einer
forsa-Umfrage zugrunde, die Journalisten ein wenig schmeichelhaftes
Zeugnis ausstellt. Im Grunde wird damit nur erneut ein Bild
bestätigt, in dem das Ansehen der Journalisten etwa dem der
Politiker gleich gesetzt wird: in der Ansehensskala also ganz weit
unten. „Um das Vertrauen der Menschen in den Journalismus zu
stärken, gibt es nur einen Weg: Wir müssen die Qualität unserer
Arbeit verbessern“, sagt Annette Hillebrand, Leiterin der Akademie
für Publizistik in der Konsequenz der erwähnten Umfrage. Im übrigen
ist es ja wohl so, dass gerade die Medien, also Journalisten
wesentlich dazu beitrugen – und es noch immer tun – das Bild der
Politiker zu prägen. Und dabei scheinbar selbst in den Sog geraten,
den sie verursachen
Ob
das Interview im „heute
journal“
der Journalistin Marietta Slomka mit Sigmar Gabriel, dem Vorsitzenden
der Bundes-SPD, am vergangenen Donnerstag ein Beitrag zur
Verbesserung der Qualität journalistischer Arbeit war, möchte ich
bezweifeln, obwohl ich mich nur auf die Berichte in den Medien
stützen kann, denn ein eigenes, unmittelbares Bild konnte ich mir
nicht machen. Es sollte am Sonntag Mittag über RTL in „sonntags
live“ nochmal gesendet werden. Nachdem es aber nach der Hälfte der
Sendezeit noch immer nicht angeboten wurde, gab ich die Hoffnung auf,
zumal mich das, was bis dahin zu sehen und zu hören war, kaum
interessierte. Dass viele die Moderatorin Slomka hinterher als
„Zicke“ bezeichneten, wie berichtet wird, lässt zwar tief
blicken, wenn ich es auch nicht überbewerte. Wobei es darauf
natürlich nicht ankommt. Zumal weiter berichtet wird, dass bei
Twitter und Facebook im Anschluss an das Interview „der Teufel los
war“.Und nachdem ich mich weder an Twitter, noch bei Facebook
beteilige, entgeht mir offenbar auch ein großer Teil der Meinung des
Volkes. (Es wird sich von dem, was im lokalen Internet-Bereich an
Kommentaren zu manchen Berichten geäußert wird, wohl nicht
wesentlich unterscheiden.)
Nun
frage ich mich ja angesichts der ganzen Diskussion über dieses
Interview, um was es dabei eigentlich wirklich ging? Und was es
bewirken sollte? Denn es muss ja wohl auf eine Quintessenz gerichtet
gewesen sein? „Als Herr Gabriel die Veranstaltung (das Interview)
weiter PR-trächtig bejubeln wollte, kam ihm Frau Slomka mit
verfassungsrechtlichen Bedenken in die Quere“, hieß es in einem
Pressebericht. Und der engagierte oder kritische Zuseher oder -hörer
wusste eigentlich noch nicht einmal, um was genau es dabei ging.
Um
den Koalitionsvertrag natürlich, nur: wer kennt denn schon seinen
Inhalt, um „verfassungsrechtliche Bedenken“ nachvollziehen zu
können? Ein Interview im Fernsehen soll doch wohl kein Selbstzweck
sein, sondern Einsichten und Aufschlüsse für den Zuseher oder
Zuhörer bringen?
Und
da heißt es nun in einer sachbezogenen Verlautbarung der Universität
Hohenheim, der Koalitionsvertrag sei unverständlicher als
Doktorarbeiten. Kennt ihn demzufolge wenigstens Marietta Slomka so
gut, um aus eigenem Verständnis qualifiziert verfassungsrechtliche
Bedenken äußern zu können? Oder bediente sie sich nur der Meinung
anderer? Oder steckte hinter ihren geäußerten Bedenken gar eine
bestimmte Absicht?
Ich
weiß es natürlich nicht und halte mich an die Analyse des
Kommunikationswissenschaftlers Prof. Dr. Frank Brettschneider. Der zu
dem Ergebnis kommt, dass die Verfasser des Koalitionsvertrags der
SPD-Basis die Entscheidung pro oder contra Große Koalition nicht
einfach machen. Denn „der Vertrag ist von der Verständlichkeit her
noch anspruchsvoller als eine politikwissenschaftliche Doktorarbeit“,
urteilt der Wissenschaftler. Sprachhürden seien Bandwurmsätze mit
bis zu 86 Wörtern, Wortungetüme wie „Schnellreaktionsmechanismus“
oder Fachbegriffe wie „Thesaurierungsregelungen“. Dahinter könnte
durchaus Kalkül stecken, so die Einschätzung des Wissenschaftlers.
Sein Urteil bildete er aufgrund einer formalen Textanalyse, die sein
Lehrstuhl zusammen mit dem Institut H&H Communication Lab
durchführte. „Der Koalitionsvertrag ist zwar in erster Linie ein
Fachtext. Geschrieben von Expertinnen/Experten für bestimmte
Themengebiete . Angesichts des Mitgliederentscheids der SPD sollte
der Koalitionsvertrag aber nicht nur für Experten und Akademiker
verständlich sein“.
Mit
Hilfe einer Analyse-Software fahnden die Wissenschaftler um Prof. Dr.
Brettschneider unter anderem nach überlangen Sätzen, Fachbegriffen,
Fremdwörtern und zusammengesetzten Wörtern. Anhand dieser Merkmale
bilden sie den „Hohenheimer Verständlichkeitsindex“, der von 0
(völlig unverständlich) bis 20 (sehr verständlich) reicht.
Der Koalitionsvertrag erreicht einen Wert von 3,48. Zum Vergleich: Politikwissenschaftliche Doktorarbeiten erzielen durchschnittlich einen Wert von 4,7. Die Politik-Beiträge in der Bild-Zeitung liegen bei 16,8. Die Wahlprogramme zur Bundestagswahl 2013 erreichten einen Wert von 7,7. Das formal verständlichste Programm wurde von der CDU/CSU vorgelegt und kam auf einen Wert von 9,9.
„Die mangelnde Verständlichkeit des Koalitionsvertrags ist enttäuschend“, urteilt Prof. Dr. Brettschneider. „Denn alle Parteien haben sich Transparenz und Bürgernähe in den letzten Jahren verstärkt auf ihre Fahne geschrieben. Damit die Bürger eine begründete Bewertung des Koalitionsvertrags vornehmen können, sollten die Koalitionspartner ihre Absichten klar und verständlich darstellen.“
Der Koalitionsvertrag erreicht einen Wert von 3,48. Zum Vergleich: Politikwissenschaftliche Doktorarbeiten erzielen durchschnittlich einen Wert von 4,7. Die Politik-Beiträge in der Bild-Zeitung liegen bei 16,8. Die Wahlprogramme zur Bundestagswahl 2013 erreichten einen Wert von 7,7. Das formal verständlichste Programm wurde von der CDU/CSU vorgelegt und kam auf einen Wert von 9,9.
„Die mangelnde Verständlichkeit des Koalitionsvertrags ist enttäuschend“, urteilt Prof. Dr. Brettschneider. „Denn alle Parteien haben sich Transparenz und Bürgernähe in den letzten Jahren verstärkt auf ihre Fahne geschrieben. Damit die Bürger eine begründete Bewertung des Koalitionsvertrags vornehmen können, sollten die Koalitionspartner ihre Absichten klar und verständlich darstellen.“
Damit
soll es hier sein Bewenden haben. Ob also das Interview der
Journalistin Slomka mit dem Politiker Sigmar Gabriel dazu einen
Beitrag leistete, mögen die Zuhörer beurteilen. Der dafür
veranschlagte Zeitraum von 7 Minuten dürfte dazu kaum ausgereicht
haben. Dann aber überlege ich wieder einmal, ob es ein Kriterium
gibt, das mit einem solchen Palaver einhergeht? 7 Minuten können
sehr lang sein, oder auch unzureichend kurz.
Den
Befragten ausreden zu lassen, ist also letztlich eine Zeitfrage.
Auch bei Twitter soll Frau Slomka häufiger vorgeworfen worden sein,
sie hätte ihren Gesprächspartner ständig unterbrochen. Das Problem
ist aber, heißt es in einem Bericht, dass Politiker wie Journalisten
wissen, dass für das Gespräch maximal drei Minuten zur Verfügung
stehen. Wer die geschulten Profipolitiker ausreden lässt, erntet
einen nicht enden wollenen Monolog nebst epischer
Selbstbeweihräucherung. Weil das niemand hören und sehen möchte,
ist die Moderatorin in der Pflicht, den Redefluss vorzeitig zu
beenden. Dem kann man entgegen halten, dass eine geschulte
Interviewerin einen Politiker aber sehr wohl auch gezielt
unterbrechen kann, um einem Gespräch eine bestimmte beabsichtigte
Richtung zu geben. Oder sie zu verhindern. Um einen bestimmten Effekt
zu erzielen. Wurden also im Ergebnis irgendwelche Aufschlüsse vermittelt, oder Absichten verfolgt?
Oder wenigstens (siehe oben) Erwartungen erfüllt?
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