Der Kreis Nordhausen braucht in diesem Jahr 430 Wohnungen für Flüchtlinge
Der Kreis Nordhausen
auf dem „Wohn-Prüfstand“: Im Kreis Nordhausen werden rund 430 Wohnungen
für die Flüchtlinge, die in diesem Jahr kommen, zusätzlich gebraucht.
Das geht aus einer aktuellen Wohnungsmarkt-Analyse des Pestel-Instituts
hervor. Es sei daher notwendig, in erster Linie das Sanieren von
leerstehenden Wohnungen enorm zu forcieren. Aber auch beim Neubau von
Wohnungen müsse mehr getan werden. Im Schnitt wurden in den vergangenen
Jahren im Kreis Nordhausen lediglich rund 100 Wohnungen pro Jahr
fertiggestellt.
Deshalb
warnt das Pestel-Institut jetzt vor einem „Weiter so“: „Wenn es bei
einem starken Flüchtlingszuzug bleibt, muss sich der Kreis Nordhausen
auch in den kommenden Jahren darauf einstellen, dass noch mehr Wohnungen
gebraucht werden“, sagt Pestel-Institutsleiter Matthias Günther.
Zwei
„Mangelerscheinungen“ diagnostizieren die Wissenschaftler bei der
Wohnungsmarkt-Analyse für den Kreis Nordhausen: „Es fehlen bezahlbare
Wohnungen. Vor allem aber Sozialwohnungen. Also vier Wände für die
Menschen, die sich teure Wohnungen in der Regel nicht leisten können:
Rentner, Alleinerziehende, junge Menschen in der Ausbildung,
einkommensschwache Haushalte und eben auch Flüchtlinge“, macht Matthias
Günther deutlich.
Hinter
der Untersuchung steht die Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt.
Die IG BAU hat gemeinsam mit dem Bundesverband Deutscher
Baustoff-Fachhandel (BDB), der Deutschen Gesellschaft für Mauerwerks-
und Wohnungsbau (DGfM) und dem Bund Deutscher Baumeister, Architekten
und Ingenieure (BDB) die Wohnungsmarkt-Analyse in Auftrag gegeben.
Gemeinsam
sprechen sich die Vertreter der Baubranche für eine Offensive bei der
Sanierung leerstehender Wohnungen und für eine Ankurbelung vom
Wohnungsneubau aus. Ebenso für einen Neustart des sozialen Wohnungsbaus.
Erreicht werden kann dies, so das Pestel-Institut, durch
zinslose Darlehen und Investitionszulagen für genossenschaftliche und
kommunale Wohnungsunternehmen.
Um
private Investoren zu gewinnen, schlagen die Wissenschaftler
steuerliche Anreize vor. So sollte regional und zeitlich begrenzt in
Verbindung mit Mietobergrenzen eine lineare Abschreibung für Abnutzung
(AfA) von 4 Prozent eingeführt werden. Ebenso eine degressive
Abschreibung mit anfänglich zehn Prozent, um den sozialen Wohnungsbau zu
stärken. Diese gab es bereits bei der letzten großen Zuwanderungswelle
in den 90er-Jahren. „Wenn private Investoren bezahlbare Wohnungen bauen
sollen, dann wird das ohne steuerliche Anreize nicht funktionieren“, so
Günther.
Die
vom Bund jetzt bereitgestellten 500 Millionen Euro, die die Länder bis
2020 jährlich für den sozialen Wohnungsbau bekommen sollen, sieht das
Pestel-Institut kritisch. „Das wird hinten und vorne nicht reichen.
Bundesweit werden dadurch bestenfalls zwischen 10.000 und 12.000
Wohnungen neu entstehen. Das ist eine Kapazität, die eine Großstadt nur
so wegschluckt. Der Kreis Nordhausen wird davon nicht wirklich spürbar profitieren“, sagt Matthias Günther.
An
die Adresse der heimischen Bundestagsabgeordneten gerichtet, fügt der
Wissenschaftler hinzu: „Es muss dringend etwas passieren. Andernfalls
droht eine Wohnungskrise, die das Potenzial hat, an vielen Orten zu
erheblichen sozialen Spannungen zu führen.“ Politisch müsse der Neubau
und das Sanieren von Wohnungen als Konjunkturmotor neu entdeckt werden.
„Denn, was als Anreiz vom Staat investiert wird, fließt beim Wohnungsbau
zu einem Großteil über Steuereinnahmen und Sozialabgaben in öffentliche
Kassen zurück“, macht Institutschef Günther klar.
Das
Pestel-Institut in Hannover geht bei seiner Wohn-Prognose von rund
1.080 Flüchtlingen aus, die im Laufe dieses Jahres in den Kreis
Nordhausen kommen werden. Grundlage hierfür ist die für Deutschland
erwartete Zahl von einer Million Flüchtlingen in 2015. Die Verteilung
der Asylbewerber auf die Bundesländer berechneten die Wissenschaftler
nach dem sogenannten „Königsteiner Schlüssel“, innerhalb der Länder nach
der Einwohnerzahl. „Um die für Asylbewerber zusätzlich benötigten
Wohnungen zu ermitteln, gilt die Formel: 100 Flüchtlinge, die in den
Kreis Nordhausen kommen, benötigen im Schnitt 40 Wohnungen“, erläutert
Matthias Günther.
Mitteilung des Instituts Pestel, Hannover, am 26. Oktober 2015
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