Sonntag, 5. April 2015

Ein Kreuz findet nach 70 Jahren den Weg zurück

Etwas ungewöhnlich mag ja mein Anschluss an die „Jetztzeit klingen, nachdem ich vor genau einer Woche eine notwendig gewordene mehrwöchige Auszeit beendete und damit die Überlegung verband, ob ich diese Zeit überbrücken oder aufarbeiten soll (oder kann). Vorgänge und Ereignisse hatte es ja gerade in dieser Zeit genügend gegeben (ich komme gelegentlich darauf zurück). Und nun, nach einer Woche, bleibt mir die Einsicht, dass ich weder das eine, noch das andere zuwege brachte. Einige eher formale Pressemitteilungen sind stattdessen das magere Ergebnis dieser Woche, die auf aktuelle Vorgänge hinweisen und aufmerksam machen.

Vielleicht aber auch für mich ein Fingerzeig, mich ebenso mit aktuellen Ereignissen zu beschäftigen. Von denen es ja auch in diesen Tagen allein in Nordhausen eine ganze Anzahl gibt. Vor allen mit geschichtlichen und historischen Erinnerungen, Gedanken und Ausstellungen. Die „Nordhäuser Allgemeine“ berichtete ja bereits mehr und auch weniger ausführlich.

Bei denen mir vor allem zwei Berichte auffielen, die sich mit einem Kreuz befassten, das einstens den Altar der Nordhäuser Nicolaikirche schmückten, bis diese im Bombeninferno im April 1945 in Schutt und Asche sank. Dieses Kreuz als letztes Erinnerungsstück an dieses Gotteshaus kehrte nun nach 70 Jahren nach Nordhausen zurück. Worüber man sich natürlich freuen darf.

Nun heißt es in diesem Bericht, der Sohn des einstigen Pfarrers der Nicolaikirche, Klaus-Jürgen Wartenberg, habe das Kreuz „aus der Auflösung des Nachlasses meiner Eltern“ aus Bad Sachsa zurückgebracht. Und ich lese zuvor, dass die Familie Wartenberg dieses Kreuz 1945 aus den Trümmern der Nicolaikirche geborgen hatte.

Und das wirft für mich Fragen auf, die durch die beiden NA-Berichte nicht beantwortet werden. Und die mich beschäftigen. Wenn nämlich der Pfarrer der Nicolaikirche – oder dessen Frau - dieses Kreuz 1945 aus den Trümmern der Nicolaikirche barg, musste er es dann nicht der Kirchengemeinde mitteilen? Und deren Verwaltung übergeben, statt es zu vereinnahmen? Wusste der Kirchenvorstand oder die Kirchengemeinde von diesem Fund und wie kommt es dann zu der Vereinnahmung durch Pfarrer Wartenberg, bis es nun, nach 70 Jahren, sein Sohn „aus dem Nachlass der Eltern“ zurückgab? Ich lese, dass die Kirchengemeinde St. Blasii Rechtsnachfolgerin der früheren Nicolaikirche und damit Eigentümer des Kreuzes ist. Aber doch nicht erst seit 2015?

Aus den NA-Berichten ergibt sich schließlich, dass die Familie Wartenberg damals „mit dem Kreuz“ nach Liebenrode zog. Spätere Stationen waren Magdeburg, Meißen und 1994 schließlich Bad Sachsa. Dort erfuhr Klaus-Jürgen Wartenberg vom Bau der Kulturbibliothek am Ort der früheren Nicolaikirche, von den Plänen, die Himmelgartenbibliothek hier zu integrieren. Warum nicht auch das Kreuz, dachte er und nahm Kontakt zur Bibliothekschefin Hildegard Seidel auf. "Die Bibliothek ist ein säkularer Raum, aber die Stadt Nordhausen ist der natürliche Platz für das Kreuz", zeigte sich Seidel begeistert von dem Ansinnen, das Kreuz zurückzugeben.
Es ist ein Erinnerungsstück, das aus der alten Zeit in die heutige Zeit hinüberragt“, sagt die Bibliothekschefin. „Die Geschichte des Kreuzes ist wie eine eigene Auferstehungsgeschichte“, meint Barbara Rinke, Mitglied des Kirchengemeinderates von St. Blasii. Sie machte sich mit Hildegard Seidel vor drei Wochen auf den Weg nach Bad Sachsa, das Kreuz zu holen.

Für mich ergibt sich die Vorstellung, dass manche „Fundstücke“ aus den Trümmern der damaligen Zeit abenteuerlichere Wege hinter sich brachten. Und auch nicht so „unspektakulär“ den Weg zurück fanden. Und vielleicht noch finden. Auch für das Original des Meyenburg-Epitaph bleibt ja diese Hoffnung, das seit den Bombardements im April 1945 als verschollen gilt.

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