Freitag, 9. Januar 2015

Entsetzen über Anschlag auf die Pressefreiheit in Frankreich

Gerade weil ich erst jüngst meine Vorbehalte gegenüber den Medien und vornehmlich gegenüber der (Internet-)Presse zum Ausdruck brachte, und mich dabei auf kompetente Stimmen und Kommentare berufen kann, meine ich, hier auch meine Einstellung zu den schrecklichen Morden an Journalisten des französischen Satire-Magazins "Charlie Hebdo" zum Ausdruck bringen zu dürfen. Wobei mich dieses Geschehen sogar so beschäftigt, dass ich andere (lokale) Ereignisse zunächst hintan stelle.


Dieser Anschlag auf das Wochenmagazin „Charlie Hebdo“ ist meines Wissens zwar der bislang blutigste Angriff auf die Pressefreiheit. Aber so ganz unerwartet kam er sicher nicht, werden Satiriker doch seit langem angefeindet, wenn sie unter dem Aspekt der Kunst an religiöse und gesellschaftliche Tabus rühren. Das begann ja doch schon auf makabre Weise mit der Geschichte der Anschläge auf Islamkritiker 1989 mit der Fatwa gegen Salman Rushdie, den britisch-indischen Autor der „Satanischen Verse“. Und setzte sich fort mit der Ausstrahlung des Dokumentarfilms „Submission – Unterwerfung“ über die Unterdrückung islamischer Frauen, den der niederländische Regisseur Theo van Gogh 2004 gedreht hatte. Mit der Konsequenz, dass van Gogh 2004 von einem islamischen Fundamentalisten ermordet wurde.Seitdem lautet die Frage immer wieder, was Satire als Kunstform darf. Wobei ich schon da meine Probleme habe, heißt es doch in der aktuellen Fassung des Pressekodex: „Veröffentlichungen in Wort und Bild, die das sittliche oder religiöse Empfinden einer Personengruppe nach Form und Inhalt wesentlich verletzen können, sind mit der Verantwortung der Presse nicht zu vereinbaren“ (Ziff. 10 der Grundsätze).


Die Öffentlichkeit nahm das bisher eher beiläufig zur Kenntnis, und Besucher von Kabarettveranstaltungen mit Auftritten von Satirikern oder Comedian wie Urban Priol oder Dieter Nuhr amüsieren sich über deren Vorträge, wann immer jemand oder etwas „durch den Kakao“ gezogen wird. Ohne mögliche tiefere Inhalte zu erkennen oder darüber nachzudenken. Und auch nicht darüber, wie der Spott oder Sarkasmus auf die Betroffenen wirkt. Deshalb auch in den Morden der Journalisten in Frankreich vorwiegend das Verbrechen sehen und weniger die Problematik, die dahinter steht. Wenn nicht nur befragte Leute auf der Straße mit einer Art Trotz und „jetzt erst recht“ reagieren, sondern auch der Chefredakteur von „Titanic“, Tim Wolff meint „Wir müssen jetzt erst recht Witze machen“, dann ist das meines Erachtens keine Satire mehr, sondern bewusste Provokation. Beansprucht man dafür dann noch Polizeischutz, ist das eine Art der Presse- oder auch Meinungsfreiheit, die ich nicht mehr nachvollziehen könnte.
Richtig ist ja wohl, dass die Frage, wo die Grenze der Satirik zu sehen ist, gar nicht eindeutig zu bestimmen ist. Und wenn Dieter Nuhr meint, dass er auch aus dem Terror der islamistischen Terrormiliz IS noch etwas Komisches herausholen könne (Zitat): "Diese völlige Unzivilisation, die Rückkehr zur kompletten Barbarei, die sich paart mit Salafisten in Deutschland, die das prima finden und diese Gewalt unter Ausnutzung unserer Freiheit verteidigen – das ist ein Thema, weil es natürlich lustig ist, weil es absurd ist. Daraus entsteht auch Komik." (Zitat-Ende) dann kann ich dem schon gar nicht mehr folgen. Wie dem aber auch sei, dürfte selbst das größte Unverständnis für eine so geartete Komik und die größte Verletzung religiöser oder auch persönlicher Gefühle nie zu Gewalt oder gar Mord führen.



Demgegenüber kann ich dem Kommentator von „Deutschlandfunk“ zustimmen. Dort nämlich heißt es (Auszug): „Die weltweite Solidarisierung mit den ermordeten Journalisten des Satiremagazins "Charlie Hebdo" sollte nicht darüber hinwegtäuschen, dass es eine tiefe Entfremdung zwischen den Medien und großen Bevölkerungsteilen gibt, kommentiert Stephan Detjen. . . Der Anschlag auf Charlie Hebdo wird sich auch für Deutschland noch mehr, als das am Tag danach wahrnehmbar ist, als ein im Wortsinne einschneidendes Ereignis erweisen. Auch hier werden Brüche in der Gesellschaft sichtbar. . . Die politischen und sozialen Spaltungen, die in diesen Tagen deutlich werden, betreffen auch die Medien. Dass sich der Anschlag in Paris gegen eine Zeitung richtete, ist das Symptom einer Medienfeindlichkeit, die sich nicht allein gegen scharfzüngige Polemiker und respektlose Karikaturisten richtet. Die weltweite Solidarisierung mit den ermordeten Zeichnern und Redakteuren von "Charlie Hebdo" täuscht leicht darüber hinweg, dass es eine viel tiefer gehende Entfremdung von traditionellen, journalistisch arbeitenden Medien gibt, die breite Bevölkerungsteile bis in die Politik hinein betrifft.(Ende des Auszugs). Dass das seine Gründe hat, wird aktuell durch die Berichterstattung zu „Pegida“ erkennbar. Journalisten seien Vermittler der Wirklichkeit, heißt es im Deutschlandfunk. Dazu aber gehören weder Mutmaßungen noch unbewiesene Unterstellungen und Verdächtigungen. Dass sie dann leicht ins Zwielicht geraten, ist meines Erachtens verständlich. Der kommende Montag wird es erneut zeigen.

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