Ich bin, wie ich meine, ein
aufmerksamer Zeitungsleser – zumindest soweit es deren
Internet-Ausgaben betrifft – aber bei aller Mühe vermag ich
trotzdem nicht zu sagen, was genau der Ausstieg Griechenlands aus der
EU für Griechenland und Europa bedeuten würde. Ich wundere mich
auch, dass die EU angeblich überrascht und verärgert ist, weil
Griechenland seine bisherige aufgezwungene Sparpolitik aufgibt,
obwohl doch der nunmehrige Ministerpräsident Alexis Tsipras schon
im Wahlkampf ankündigte, dass er das tun würde!? Die Medien
jedenfalls bringen mir keine Aufschlüsse.
Nicht viel anders geht es mir
mit dem Ukraine-Komplex: ich kann mir nach den Medien- oder
Zeitungsberichten kein klares Bild machen über Kampfhandlungen der
Ukrainischen Armee oder der Separatisten, ich weiß nichts über Art
und Umfang der Unterstützung der Separatisten durch Russland und ich
habe keine Ahnung, wie sich die Sanktionen der Europäischen
Gemeinschaft auf Russland auswirken. Aber ebenso wenig ihre Folgen
auf die deutsche Wirtschaft. Und schließlich habe ich auch keine
Antwort auf die Frage, ob nun der Islam zu Frankreich oder zu
Deutschland gehört. Über alles wurde und wird viel geschrieben,
aber nirgendwo klare Vorstellungen dafür oder dagegen vermittelt.
Apropos Islam: Henryk M. Bröder schrieb gestern in der „Welt“
über „Der normale Wahnsinn des Islam“. Und ich weiß noch
nicht einmal genügend über den normalen, den gelebten Islam. Ich
stehe zwar zu, dass die Presse keine wirklichen Antworten hat, aber
nur zu schreiben ohne wirkliche Aussagen machen zu können, ist
meines Erachtens reiner Populismus.
Und wenn ich mich von diesen
Themen abwende und mich über Vorgänge im Lande informieren will,
lande ich unweigerlich früher oder später bei „Pegida“. Aber
auch darüber wird nur viel be- und geschrieben, aber wenig wirklich
ausgesagt. Kein Wunder deshalb, dass laut
einer Umfrage, die „Focus“ bei dem Institut INSA in Auftrag
gegeben hat, jeder zweite Deutsche findet , dass Medien über die
Pegida-Demonstrationen nicht objektiv berichten. Besonders
Nichtwähler (71 Prozent) und AfD-Anhänger (79 Prozent) sind laut
Focus dieser Auffassung (Auszug): „Auch
bei Wählern der Parteien Die Linke (52 Prozent) und der FDP (51
Prozent) fällt das Urteil über die Medien-Berichterstattung
mehrheitlich negativ aus.“(Ende des Auszugs). Die
Meinungsforscher von INSA befragten für „Focus“ über 2.019
Bürger im Zeitraum vom 16. bis 19. Januar 2015. Dazu zwei Beispiele:
Das
Team um den Politikwissenschaftler Hans Vorländer hatte für eine
Studie den Angaben zufolge bei drei Demonstrationen im Dezember und
Januar rund 400 Teilnehmer befragt. Auf der Grundlage der Angaben
entwarfen die Wissenschaftler das Bild des typischen Demonstranten:
Dieser verfügt demnach über ein für sächsische Verhältnisse
leicht überdurchschnittliches Nettoeinkommen, ist 48 Jahre alt und
männlich. Er gehört keiner Konfession an, ist keiner Partei
verbunden und stammt aus Dresden oder Sachsen. Es gehen laut der
Untersuchung auch keineswegs vor allem Rentner und Arbeitslose auf die Straße: 70 Prozent der befragten Teilnehmer sind demnach
berufstätig.(T-Online vom 14.01.15) Und laut Politikprofessor Werner
Patzelt von der TU Dresden ist dort Grund der Demonstrationen das
konservative Umfeld (Auszug): „Die Stadt ist eine der
letzten CDU-regierten
Metropolen. Auch das Umland gilt als konservativ. In eher linken
Städten wie Köln, Hamburg oder Berlin habe Pegida kaum eine Chance.
Als weiteren Grund sieht Patzelt die ostdeutsche Angst vor
Entmündigung. Viele fühlten sich demnach abgehängt und nicht
repräsentiert. Das wecke Erinnerungen an die DDR.
"Schon damals hat das politische System nicht auf die Menschen
gehört und sich nur zum Nationalfeiertag beklatschen lassen",
sagt der Politologe. Deshalb sei der Pegida-Slogan "Wir sind das
Volk" auch als Weckruf zu verstehen: "Das soll heißen: Uns
gibt es auch noch, hört auf uns, ignoriert uns nicht", glaubt
Patzelt.“(Spiegel vom 18.01.) Trotzdem heißt es in der Presse
stereotyp, die Demonstranten seien eindeutig rechtslastig,
islamfeindlich und vielfach Hooligans. Patzelt: „Zudem ist das
schnelle Wachstum von Pegida auch mit einer Trotzreaktion zu
erklären. Viele Teilnehmer fühlen sich zu Unrecht in die rechte
Ecke gestellt. Der Nazi-Vorwurf habe dazu beigetragen, dass sich
viele Menschen dann erst recht Pegida angeschlossen haben, sagt der
Politologe.
Und
nun liest man in der Presse unter dem Titel: „Was aus Pegida
werden könnte“ (Deutsche Welle am 29.01.), die Führung der
Pegida-Bewegung würde sich schrittweise auflösen. (Auszug):
„Pegida-Sprecherin Kathrin Oertel und fünf weitere Mitglieder der
Führung der islamfeindlichen Bewegung Pegida legten am Dienstagabend
bei einer Sitzung alle Funktionen und Ämter nieder. Die
nächste Demonstration ist abgesagt“ (Ende des Auszugs). Und
sofort wird spekuliert. „Eine große Zukunft für Pegida sehen
Politikwissenschaftler und Soziologen nicht, was aus Pegida werden
könnte.“ Nirgendwo Fakten, nirgends klare Aussagen, nur
Vermutungen und Spekulationen. Meinen letzten Eintrag dazu schloss
ich mit der Aussage: „Über
den weiteren Verlauf könnte man spekulieren. Oder halt abwarten.“
Die Presse kann dazu einen Unterhaltungsbeitrag leisten, zuverlässige
Informationen bietet sie nicht. Leider.
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