Gestern meinte ich, dass in
den Medien das Thema Pegida so dominiert, dass ich mich ihm als
Surfer durch die täglichen politischen Themen in den
Internet-Ausgaben der Presse am besten dadurch entziehe, dass ich
abschalte und als „Morgenspaziergänger“ in die Natur ausweiche.
Heute war ich demgegenüber sogar im Internet auf der Suche nach
Berichten zu Pegida: als Reaktionen auf die gestrige Talkshow von
Günther Jauch. In der sich erstmals ein Gründermitglied dieser
Bewegung vorstellte.
Und meine zum Ergebnis dieses
Surferei, dass die Redakteure und Kommentatoren, die sich bisher dazu
äußerten, dem Trend der Zeit folgten: möglichst schnell im
Internet ihre Meinung kund zu tun. Entsprechend unterschiedlich und
mitunter flüchtig fallen meines Erachtens diese Meinungen aus.
Man registrierte also mit
einiger Genugtuung, dass es Günther Jauch gelungen war, mit Kathrin
Oertel endlich eine Mitbegründerin von Pegida in seine Talkshow
bekommen zu haben um zu erfahren, was es eigentlich mit dieser
Bewegung „auf sich“ hat. Mit ihr stellte sich eine recht
attraktive Frau vor „deren rhetorische Möglichkeiten beschränkt
sind“ (Frankfurter Rundschau vom 18.01.). Könnte es sein, dass
dieser Umstand überhaupt der Grund ist (oder war), der Presse zu
einer qualifizierten Diskussion mit routinierten Rhetorikern
auszuweichen? Immerhin: „ Die Diskussion . . .hat sich gelohnt. Man
konnte beobachten, wie ein Dialog in Gang kommt. Es wurde
miteinander, nicht mehr nur übereinander geredet“, schreibt der
„Tagesspiegel“.
Dass dies ermöglicht wurde,
lag meines Erachtens vor allem an Günther Jauch, der keine Schärfe
oder Härte in den Diskussionen aufkommen ließ. Es lag aber auch an
den anderen Teilnehmern der Gesprächsrunde, wiewohl es Ansätze dazu
gab, etwa zwischen CDU-Mann Jens Spahn und AfD-Vorständler Alexander
Gauland. Man saß doch aber, wenn ich das richtig verstanden habe, in
der Runde, um überhaupt erst zu erfahren, was sich inhaltlich –
etwa als Programm – hinter dem Begriff „Pegida“ verbirgt!?
Kathrin Oertel bemühte sich, die Fragen Günther Jauchs im Rahmen
ihrer „begrenzten rhetorischen Möglichkeiten“ zu beantworten.
Darüber hinaus war es nicht Alexander Gauland, von dem man annahm, er sei zur
Unterstützung Oertels gekommen. Sondern der Leiter der sächsischen
Landeszentrale für politische Bildung, Frank Richter, „der
in
der Manier eines Lehrer erklärte, es handele sich bei Pegida
vorwiegend um Menschen, die ganz andere Sorgen hätten als die
Islamisierung und die Ausländer. Das tat er in einem ausgesprochenen
Pädagogenduktus, wobei er immer davor warnte, dass Politiker mit den
Bürgern reden „wie die Oberlehrer“. Richter war an jenem Abend
wirklich ein performativer Widerspruch von ganz eigener Qualität.“
( Auszug des FAZ-Kommentars zur Sache). Wobei ganz allgemein die
Schärfe und aggressive Tendenz dieses FAZ-Kommentars auffällt. Der
im übrigen in Jauchs Talkshow weniger einen politischen Diskurs als
einfach einen Stuhlkreis für wahrscheinlich hält, „In dem jeder
und jede angehört wird, ohne dass böse Worte oder gar Werturteile
fallen. Dass bei dieser Talkshow auch der Populismus nicht zu kurz
kam, zeigte sich meines Erachtens sowohl bei Kathrin Oertel, als sie
den Hinweis auf die geringe Zahl an Islamisten in Sachsen im
Verhältnis zu den Demonstrationen damit konterte, dass man in
Deutschland ja auch für den Regenwald demonstriere, ohne dass es
hier einen Regenwald gibt. Als auch bei Jens Spahn, der der
Pegida-Mitbegründerin empfahl, sie solle doch lieber sonnatgs in die
Kirche, statt am Montag zur Demonstration gehen. Es war also
insgesamt gesehen eher ein Gesprächsgeplänkel als eine harte
Diskussion. Oder gar Auseinandersetzung. Dass Oertel für ihre Positionen ansonsten noch den meisten Beifall der Zuhörer im Gaswerk erhielt, soll aber doch bemerkt sein.
Das
ist auch aus zahlreichen anderen Kommentaren herauszulesen. Und wenn
man alle nicht erfüllten Hoffnungen oder Erwartungen der
Kommentatoren zusammenzählt, hätte diese Talkshow allein schon ein
Mehrfaches an Zeit erfordert, ganz abgesehen von der Art dieser
Erwartungen. Die auch Wolfgang Thierse nicht erfüllte, obwohl er
sich verärgert zeigte über den Pegida-Slogan „Wir sind das Volk“,
das einer ganz anderen Zeit und politischen Forderung entlehnt sei.
Nachdem aber auch die „Lügenpresse“ einer anderen politischen
Aera zugeordnet ist, könnte es allmählich eng werden mit noch nicht
bereits „besetzten“ Slogans.
Nun
trat ja mit dem Aufruf zu einem Mord eines Gründers der
Pegida-Bewegung in Dresden ein Ereignis ein, das die Talkshow
insofern beeinträchtigte, als die heutige Montagsdemonstration –
und auch alle anderen – in Dresden verboten wurden. Ein Eingriff in
die demokratischen Rechte der Menschen von äußerst schwerwiegender
Art, wie Thierse feststellte. In der Begründung zu dem Verbot heißt
es, der Schutz der Menschen müsse Vorrang haben.
Das mag absolut
richtig sein, nur drängt sich mir die Überlegung auf, welche
Situation sich allein schon unter (gesellschafts-)politischen
Gesichtspunkten ergäbe, wenn Lutz Bachmann einem solchen Attentat
zum Opfer fiele? Wäre er dann ein Märtyrer? und erhielte er dann
ein Staatsbegräbnis? Eine grotesk abmutende Vorstellung Der vorsorgliche Schutz der Person, der ein
solches Attentat offenbar gelten sollte, hat also sehr weitreichende
Bedeutung.
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