Freitag, 16. Januar 2015

„Hoffen wider alle Hoffnungslosigkeit“

15. Internationales Bischofstreffen in Israel und den Palästinensischen Gebieten beendet

Der Vorsitzende der Deutschen Kommission Justitia et Pax, Bischof Dr. Stephan Ackermann (Trier), und der Vorsitzende der Arbeitsgruppe „Naher und Mittlerer Osten“ der Kommission Weltkirche der Deutschen Bischofskonferenz, Weihbischof Thomas Maria Renz (Rottenburg-Stuttgart), haben ein nüchternes Fazit über die Lage der Christen im Heiligen Land gezogen. Zum Abschluss des „15. Internationalen Bischofstreffens zur Solidarität mit den Christen im Heiligen Land“ betonten Bischof Ackermann und Weihbischof Renz, dass die Hoffnung auf einen dauerhaften Frieden im Nahen Osten geringer denn je sei. „Gerade deshalb brauchen die Christen im Heiligen Land – ob in Israel oder den Palästinensischen Gebieten – unsere uneingeschränkte Solidarität. Dazu zählen das Gebet und auch die materielle Hilfe, die in bestimmten Regionen dringender denn je ist“, erklärte Bischof Ackermann.

Schwerpunkt des diesjährigen Treffens, an dem seit vergangenen Samstag 16 Mitglieder nationaler Bischofskonferenzen aus zwölf Ländern teilnahmen, war der Besuch von christlichen Einrichtungen in Gaza und Hebron. Nach erheblichen Einreiseschwierigkeiten der Delegation am Sonntag von Israel nach Gaza, die von den israelischen Behörden zu verantworten waren, konnten sich Bischof Ackermann und Weihbischof Renz einen umfassenden Überblick zur Situation der Bevölkerung nach dem letzten Krieg zwischen Israel und der den Gazastreifen beherrschenden Hamas verschaffen. „Ich bin erschüttert vom Ausmaß der Zerstörungen, gerade im zivilen Bereich. Die internationale Staatengemeinschaft muss hier verstärkt Unterstützung leisten. Dazu wird es unabdingbar sein, dass Israel jede Form des Embargos zur Einführung von dringend notwendigen Versorgungsgütern und Baumaterialien aufhebt“, so Bischof Stephan Ackermann. „Für mich war es beeindruckend, mit Familien in zerstörten Häusern zusammenzutreffen, die in den Trümmern versuchen, zu überleben. Das Elend lässt mich als Besucher verstört zurück.“

Weihbischof Thomas Maria Renz würdigte die aktive Aufbauhilfe der katholischen Kirche für die Bevölkerung im Gazastreifen. Die katholische Gemeinde in Gaza macht gerade 200 Katholiken aus, insgesamt gibt es im Gazastreifen knapp 2.500 Christen. „Was Christen für die gesamte Bevölkerung leisten – insbesondere für die muslimischen Mitbewohner – ist ein eindrucksvolles Zeichen gelebter Nächstenliebe. Die Bereitstellung von Grundlagen für den Wiederaufbau von Häusern oder Wohneinheiten, damit Menschen nicht mehr in Zelten oder Trümmern hausen müssen, wird von den katholischen Hilfsorganisationen in vorbildlicher Weise ermöglicht. Ich habe eine tiefe Dankbarkeit bei den Menschen – ganz gleich ob Christen oder Muslime – gespürt“, so Weihbischof Renz. Besonders beeindruckt zeigten sich die Bischöfe von der Leistung der drei katholischen Schulen im Gazastreifen: „Hier wird Bildung für junge Menschen trotz erheblicher Kriegstraumata ermöglicht. Gerade den katholischen Schulen kommt eine große Bedeutung zu, zum Frieden zu erziehen, um Hass zu überwinden“, sagte Weihbischof Renz.

Das diesjährige Treffen der Bischöfe stand unter dem Leitwort „Die leidenden und verwundbaren Völker des Heiligen Landes“. Neben Besuchen christlicher Einrichtungen in Hebron und Bethlehem wurden die Bischöfe über die Situation im Cremisan-Tal nahe bei Jerusalem informiert, das von der israelischen Sperrmauer durchschnitten werden soll. Insbesondere der Bau der Mauer dort würde zum Verlust von Land und Lebensunterhalt vieler christlicher Familien führen. Um die ganze Breite des Nahostkonflikts zu erfassen, besuchten die Bischöfe nach ihrem Aufenthalt in Gaza den israelischen Grenzort Sderot, der häufig das Ziel von Raketenangriffen der Hamas ist. „Als Christen sind wir aufgerufen, beide Seiten zu sehen und zu hören. Es gibt keinen Zweifel am Existenzrecht des Staates Israel und ebenso wenig an der Notwendigkeit einen palästinensischen Staat zu schaffen. Wer von Sderot zur Grenze Richtung Gaza schaut, versteht auch die israelische Seite, die Sicherheit haben will. Gewalt kann aber nie ein Mittel zur Rechtfertigung nationaler Interessen sein. Es braucht eine Formung der Herzen, um Frieden zu schaffen. Deshalb haben wir von Sderot aus mit Blick auf Gaza mit allen Bischöfen für den Frieden gebetet“, erklärte Bischof Ackermann.

Die beiden deutschen Bischöfe betonten übereinstimmend, dass die Konflikte im Nahen Osten und besonders im Heiligen Land neben der politischen Dimension zu häufig von religiösen Motiven beherrscht werden. „Wir brauchen dringend ein Ende der Gewalt im Nahen Osten. Wir verurteilen jede Form der Gewaltanwendung, insbesondere dann, wenn diese im Namen Gottes geschieht. Diese Pervertierung von Religion darf nicht hingenommen werden“, sagte Weihbischof Renz. Gerade deshalb sei es notwendig, dass die Christen in Deutschland den Nahen Osten und das Heilige Land nicht vergessen. Bischof Ackermann: „Die Menschen dort, gerade die Christen, sind dankbar für jede Form der Solidarität. Sie haben uns mit auf den Weg gegeben: ,Vergesst die Christen im Heiligen Land nicht. Betet für uns. Wir wollen den Frieden, aber er ist weit entfernt.‘ Deshalb müssen wir als Christen in Deutschland und mit den Christen im Heiligen Land beherzigen, was Paulus im Neuen Testament sagt: Hoffen wider alle Hoffnungslosigkeit.“

An dem Treffen im Heiligen Land nahmen neben Bischof Dr. Stephan Ackermann und Weihbischof Thomas Maria Renz auch Erzbischof Stephen Brislin (Kapstadt, Südafrika), Bischof Raymond Browne (Kerry, Irland), Bischof Pierre Bürcher (Reykjavik, Island), Bischof Oscar Cantu (La Cruces, USA), Bischof Michel Dubost (Evry, Frankreich), Erzbischof Ricardo Fontana (Arezzo-Cortona-Sansepolcro, Italien), Bischof Lionel Gendron (Saint-Jean, Kanada), Bischof Dr. Felix Gmür (Basel, Schweiz), Erzbischof em. Patrick Kelly (Liverpool, Großbritannien), Weihbischof William Kenny (Birmingham, Großbritannien), Bischof Kieran O’Reilly (Killaloe, Irland), Bischof Declan Lang (Clifton, Großbritannien) und Erzbischof Joan Vives (Urgell, Spanien) teil.

Hinweise:Zum Abschluss ihrer Konferenz haben die Bischöfe eine gemeinsame Erklärung veröffentlicht, die unter www.dbk.de abrufbereit ist.
(Eine Mitteilung der Deutschen Bischofskonferenz am 15.01.2015)

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